2004

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Chloe war nun zwei Jahre alt. Nach ihrer Geburt hatte Aaron wieder angefangen sie zu schlagen. Doch es war leichter zu ertragen, hatte sie doch nun etwas, dass ihr die Kraft schenkte weiterzumachen. Ihr Kind hatte er nie angerührt, was sie mit tiefer Erleichterung erfüllte. Sie machte gerade den Abwasch in der Küche, während Chloe in ihrem Kinderstuhl vor einer Schüssel mit Erbsen saß und vergnügt gluckste. Aaron war in seinem Arbeitszimmer und hatte schon seit dem Morgen nichts mehr von sich hören lassen. Es klingelte an der Tür.

„Ich mach schon auf." Aaron lief aus seinem Büro und stürmte zur Tür.

Mila hielt kurz inne, machte aber mit dem Abwasch weiter. Bestimmt nur einer seiner Patienten, der einen neuen Termin vereinbaren wollte. Als sie aber nach einigen Minuten immer noch kein Lebenszeichen von ihm hörte, ging sie nachsehen. In der Diele blieb sie abrupt stehen. In der Tür stand eine ältere Version Aarons. Die beiden starrten sich einfach nur an und sagten kein Wort. Mila ging wieder zurück in die Küche, obwohl ihre Neugierde sie zum Bleiben zwingen wollte. Trotzdem wollte sie auf keinen Fall stören, denn dafür würde sie nur wieder Ärger kriegen. Lächelnd nahm sie Chloe die Erbsen weg, die sie überall in der Küche verteilt hatte, außer in ihrem Mund und machte sich daran, die Sauerei zu beseitigen. Nach einigen Minuten hörte sie ein heftiges Wortgefecht. Die genauen Worte konnte sie nicht verstehen, doch aufgrund der angespannten Tonlage schloss sie, dass Aaron sich mit seinem Vater stritt. Eine Weile später hörte sie einen dumpfen Aufprall. Sie zuckte zusammen und ließ beinahe einen Teller fallen, den sie zurück in den Schrank räumen wollte. Sie trat von einem Fuß auf den anderen, blieb dann auf der Stelle stehen und rührte sich nicht vom Fleck. Doch die Neugier siegte schließlich doch. Mila ging den langen Flur entlang und spähte um die Ecke. Den Geruch nahm sie als erstes wahr. Es roch metallisch. Blut. Dann sah sie es auch. Die rote Flüssigkeit hatte eine Blutlache auf dem Boden hinterlassen und als sie ihren Blick weiterwandern ließ, entdeckte sie einen Körper. Aarons Vater lag lang ausgestreckt auf dem Boden. Seine Augen leer und sein Körper verdächtig leblos. Aaron war über und über mit Blut beschmiert, was Mila zum Würgen brachte. Sie atmete laut auf und drehte sich weg. Der Anblick war einfach zu viel für sie. Er schien nicht allzu glücklich sie zu sehen.

„Das bleibt unser kleines Geheimnis. Sonst werde ich Chloe sehr wehtun." Drohend hob er seinen Zeigefinger.

Eine Sicherung brannte in ihrem Gehirn durch und sie rannte den Flur zurück in die Küche. Aaron zögerte nicht lange und rannte ihr hinterher. Mila holte zuallererst Chloe aus ihrem Stuhl und nahm sie auf ihre Arme. Sie fing an zu schreien, denn sie schien zu spüren, dass etwas nicht stimmte. Er entriss ihr Chloe und umklammerte mit seiner Hand ihren Hals.

„Nein. Lass sie los, bitte", sagte sie zu Aaron. „Bitte."

„Wirst du das hier für dich behalten?" Kalt blitzten seine Augen ihr entgegen.

„Ja, wenn du sie loslässt." Sie streckte ihre Hand aus, doch Aaron hielt sie außer Reichweite.

„Kannst du haben." Er schleuderte Chloe quer durch den Raum.

Sie landete mit dem Rücken auf einigen herumliegenden Spielzeugen. Mila schrie schmerzerfüllt auf. Sie umrundete den Küchentisch und stieß dabei einige Stühle um. Sie lief zu ihr und kniete sich neben sie. Blut sickerte aus Chloes Rücken und färbte ihr weißes T-Shirt rot. Sie riss ein Stück Stoff aus ihrem eigenen Shirt und drückte es auf die blutende Wunde. Mehr konnte sie im Moment nicht tun.

„Ich hoffe das war dir eine Lehre." Er kam auf die beiden zu.

Mila ballte ihre Hände zu Fäusten. Ab dem Moment an, als er Chloe verletzt hatte, war alle Angst vor ihm aus ihr gewichen. Dafür würde er büßen. Sie hob Chloe vom Boden auf, vorher aber hatte sie zwischen den ganzen Spielzeugen ihr Telefon entdeckt, dass sie unauffällig hinter ihrem Hosenbein versteckte. Sie richtete sich auf und rannte so schnell sie konnte ins Badezimmer. Dort verriegelte sie die Tür mithilfe des Schlüssels. Gerade rechtzeitig, den nur einige Sekunden später rüttelte Aaron heftig an der Türklinge. Mila atmete erst einmal tief durch. Dann setzte sie sich mit Chloe auf dem Arm auf den Boden. Mit einer Hand nestelte sie an ihrem Handy herum, bis sie endlich den Notruf wählte.

Der WahrheitsfinderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt