31 - Bonjour!

3.9K 113 16
                                    

Das Ergebnis unserer Abstimmung, ob wir in Frankreich bleiben oder nicht, ist eindeutig.
„Bonjour!" Alex fängt an zu lachen und spricht gegen den Lärm am Flughafen an: „Jetzt kannst du dein jahrelang erlerntes Französisch endlich ausleben."
„Na ja, je parle un peu français", antworte ich schulterzuckend. Von den anderen kommt ein belustigter Blick. „Jetzt du, Toni", fordere ich ihn auf. Er hatte, so wie ich, von der siebten bis zur zehnten Klasse Französischunterricht. Mit einem mäßigen Erfolg. Was bin ich froh, wenn ich Französisch nach der zehnten Klasse los bin.
„Je peut aller aux toilettes s'il vous plait?", kommt es von ihm. „Der einzige Satz, der hängengeblieben ist." „Na ja, schön und gut. Mehr oder weniger. Aber das ist wirklich eine gute Idee, ich müsste langsam mal", schiebe ich ein.

Ein Hotel ist nicht ganz so leicht zu finden, auf den Preis müssen wir jedoch glücklicherweise auch nicht gerade akribisch achten, reisen wir hier doch gerade mit drei Ärzten. Außerdem bezahlen wir für den Italienurlaub nie irgendwelche Hotelaufenthalte, da wir bei der Familie unterkommen.

Hotelzimmer gefunden, Gepäck abgestellt. Der ungeplante Urlaub in Frankreich kann beginnen! Auch wenn das alles einen bitteren Beigeschmack hat, immerhin sehe ich meine Großeltern wieder eine halbe Ewigkeit nicht.

„Mon voyage à Paris", sage ich, als wir am Eiffelturm angekommen sind. „Notre voyage à Paris", berichtigt mich Toni. Ich hebe entschuldigend die Hände. „Seit wann so ein Ass in Französisch?", neckt Papa ihn. „Tja, ich kanns halt."

In der Woche in Paris besuchen wir so ziemlich alle berühmten Sehenswürdigkeiten. Wir gehen die Champ-Elysées entlang, fahren mit dem Bateau-mouche, gehen auf den Eiffelturm und auf das Montparnasse, wovon man einen Ausblick auf ganz Paris hat.
Außerdem ist es das erste Mal, dass Paula mit im Urlaub ist - also auch das erste Mal, wo ich nicht die einzige weibliche Person bin - abgesehen von den Italienurlauben bei der Familie, aber das ist etwas anderes. Was wirklich guttut. Sie nimmt mich oft vor den Jungs in Schutz und schützt mich vor deren dämlichen Streichen, die sie ja ach so witzig finden. Dafür zahlen wir es denen ordentlich heim und gehen ausgiebig shoppen, was die Männer maulend hinnehmen. Eine andere Wahl haben sie ja auch nicht.

Leider ist die Woche sehr schnell vorbei, und kaum versehe ich mich, stehen wir vor einem Wäscheberg zu Hause. Paula hat sich bereiterklärt, Phils und meine Kleidung bei sich zu waschen. Also schon mal ein halbes Problem weniger.
Der Urlaub hat mich richtig glücklich gemacht. Also das heißt nicht, dass ich vorher nicht glücklich war, aber mir wird in solchen Momenten immer vor Augen geführt, welch ein Glück ich mit meiner Familie habe. Und ja, dazu zähle ich auch Alex, Phil und Paula. Außerdem habe ich das erste Mal so wirklich Paula und Phil in ihrer Beziehung mitbekommen. Und da habe ich gesehen, wie sehr sie sich lieben. Das ist unglaublich schön.

Am Abend, ich schlafe fast ein, weil ich so fertig von der Reise bin, klingelt plötzlich mein Handy. „Wer will denn jetzt noch was von dir?", fragt Phil interessiert, neben dem ich auf der Couch sitze. Auch Alex schielt auf mein Handy, der auf meiner anderen Seite sitzt. Ich zucke mit den Schultern. „Anni."
Während ich abhebe und das Handy an mein Ohr hebe, stehe ich auf und gehe hoch in mein Zimmer. „Ach, Fine, du lebst ja noch", stellt die fast schon erleichtert fest. „Ja? Wieso nicht?" „Weil du schon den ganzen Tag nicht auf deine Nachrichten antwortest." Sie klingt irgendwie aufgeregt. „Oh, na das tut mir aber leid", gebe ich mit ironischem Unterton zurück, den sie anscheinend komplett überhört, denn eigentlich würde sie jetzt darauf anspringen. „Wie dem auch sei, die Reise war bestimmt anstrengend." Ich nicke und im nächsten Moment wird mir erst bewusst, dass sie das gar nicht sehen kann.
Doch zum Reden komme ich erst gar nicht. „Du hast also auch noch gar nicht gesehen, dass Elena uns zu ihrer Geburtstagsparty eingeladen hat." Ich muss stutzen. Elena hat uns eingeladen? Also ja, wir verbringen ab und zu ein paar Pausen in der Schule miteinander und reden ganz nett, aber zum Geburtstag einladen? „Sie? Uns?" „Ja, sie uns. Und auch noch Alina, Marie und ein paar Jungs aus unserer Klasse. Eben die Gruppen, mit denen sie die Pausen abwechselnd verbringt." Ich ziehe eine Augenbraue hoch. Elena wird 17. Die hatte die zweite Klasse wiederholen müssen. Und ich weiß, dass bei ihr und den anderen aus unserer Klasse schon jetzt ordentlich Alkohol fließt. An sich habe ich damit kein Problem, jedem das seine, aber wohlfühlen werde ich mich auf dieser Party nicht.
„Und? Gehen wir hin?", fragt Anni da schon aufgeregt von der anderen Leitung. „Anni, kann es sein, dass da noch was ist?"„Ich weiß, Alkohol ist nicht unsere Sache, aber weißt du, wer noch kommt? Unter den Jungs ist auch Tim." Ich halte kurz die Luft an. Um ehrlich zu sein, bin ich ziemlich in sein Aussehen verschossen. Was Anni natürlich weiß. „Ich muss noch die Männer fragen. Alkohol und so, du weißt." Anni seufzt. „Mach das. Aber schreib mir dann sofort, die Party ist in drei Tagen." „Ja ja, jetzt fahr mal einen Gang runter, warum so aufgeregt?" „Weiß nicht", murmelt sie nur. Wer es glaubt. Das wird sie mir schon schnell genug sagen, habe ich doch auch schon einen Verdacht.

Aber jetzt heißt es erst mal, die Jungs davon zu überzeugen, dahin zu dürfen. Obwohl das eigentlich gar kein großes Problem werden dürfte.

---------

Kurze Anmerkung zum Französisch: Es ist bei mir schon eine Weile her, dass ich Französisch hatte. Also keine Garantie auf Fehlerfreiheit. Solltet ihr etwas auszusetzen haben, gern her damit! :)

Einen schönen Morgen, Tag oder Abend noch :)

7 Jahre Pech (Asds) |1/2|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt