Es ist definitiv kein schönes Gefühl, wenn du in einen Raum kommst und vier Waffen auf dich gerichtet sind. Klar, nicht direkt wegen mir, aber es ist trotzdem beklemmend.
Mein Herz macht einen Aussetzer, stolpert vor sich hin, rast um sein Leben. Kurz gesagt - es spielt verrückt.
Er drückt seinen Arm wieder zu, kappt mir die Luft ab. Das Messer liegt dennoch an meinem Hals. Ich weiß nicht, wer von uns beiden mehr zittert. Neben meinem rauschenden Blut kommt nun das wütende Schnauben des Mannes in meinen Ohren dazu.
„Ihr Schweine!", brüllt er ins Treppenhaus, bevor die Tür zufallen kann.
War das Phils Plan? Scheint so. Lass den jetzt bloß nicht schief gehen. Viel Zeit haben wir jedenfalls nicht, wenn mein Gehirn keine Schäden bekommen soll. Dabei rede ich vom Sauerstoff, den Knacks habe ich schon längst weg.
„Lassen Sie das Mädchen los!", schreit eine allzu bekannte Person. Paul.
„Wenn ihr mich einfach gehen lasst, wird ihr nichts passieren!", schreit er zurück.
Es ist wie in einem falschen Film, in einem Albtraum, aus dem ich einfach aufwachen will.
Die ersten schwarzen Flecken schwirren durch mein Sichfeld. Überqueren Pauls Gesicht, Stephans Fuß, Moritz' Waffe, Robins Hand. Wieso müssen auch sie hier sein?
Ich blinzele. Schnappe nach Luft. Der Druck wurde etwas weniger. Was?
„Sorry, war ein Reflex. Kommt nicht wieder vor", flüstert er fast in einem ernsthaft entschuldigendem Ton.
Immerhin hat er mir dadurch den Schnitt am Hals abgedrückt, die Blutung muss gestoppt sein.
Langsam setzt er sich wieder in Bewegung, schleift mich mit. Die Polizisten stehen nur da und sind zum Gucken verdammt. Sie können nicht schießen, dafür bin ich im Weg. Und sein Messer, welches aus Schreck in meinem Hals landen könnte.
Die Türen der Notaufnahme öffnen sich - und das Blaulichtmeer erleuchtet, welches sich durch die Türen schon erahnen ließ.
Ich kann die Polizisten hier gar nicht zählen, ich erkenne auch keine bekannten Gesichter. Noch mehr Waffen, erneut ein festerer Druck. Das wird hier doch alles nichts mehr.
Geschrei der Polizisten, Gebrüll des Typen hinter mir. Ich will mir die Ohren zuhalten, selbst schreien, um diese Stimmen zu übertönen. Ich kann nicht mehr, ich will einfach nicht mehr. Meine Beine machen schlapp, ich hänge praktisch nur noch in seinem Arm, bekomme alles schleierhaft mit. Mein Körper streikt.Da hören die Stimmen auf. Bin ich bewusstlos? Nein, dann würde ich nicht diese Blaulichter blitzen sehen.
Das Zittern des Typen übertrifft meins. Die Klinge entfernt sich von meinem Hals, ein klappern auf dem Boden ist zu hören. Was passiert hier gerade? Mein Bewusstsein scheint sich wieder aufzuraffen, ich bekomme mehr mit. Ein Polizist tritt etwas nach vorn und hebt ein Messer vom Boden auf. Hä?
Und plötzlich scheinen mich alle stützenden Kräfte zu verlassen. Kraftlos sacke ich zusammen, lande auf dem nassen Boden. Es hat geregnet? Der Gedanke an Regen ist schön. So einfach. So beruhigend.
Polizisten sprinten los und werfen sich auf den Typen, der wegrennen wollte.
Aus der Klinik kommen die anderen Polizisten angerannt und knien sich zu mir.
„Fine, alles okay?" Moritz rüttelt an mir.
Ich könnte fast lachen. Die Frage war jetzt sicherlich nicht ernst gemeint, oder?
Aus mir kommt nichts heraus. Die Nässe frisst sich durch mein dünnes Top, durch meine dünne Hose. Es fühlt sich lebendig an. Ich lebe.
Ich sehe einen Polizisten an mir vorbeilaufen, rein in die Klinik.
Ich will mich bewegen, meine schweren Glieder aber nicht.
Und dann. Die Notaufnahme füllt sich mit Personen. Personal, Patienten. Woher?
Mein Kopf ist zu hinüber, um klar denken zu können.
Weiße Schuhe kommen angerannt, ein wehender Kittel unterstreicht die Schnelligkeit. Ich werde hochgehoben. Phils Geruch steigt mir in die Nase. Augenblicklich verweht auch die letzte Kraft, die letzte Anspannung. Ich bin sicher, bei Phil bin ich sicher.
Meine Augen schließen sich.
„Lass deine Augen bitte auf", flüstert Phil. Flüstert er?
Ich höre erschrockene Einatmer, mein Name wird geflüstert. Ich schalte immer mehr ab und sehne mich geradezu nach Bewusstlosigkeit. Ich möchte nichts mehr mitbekommen.Phil probiert dauerhaft, mich von der Bewusstlosigkeit fernzuhalten. Was irgendwie auch klappt. Ich habe das Gefühl, mein Körper kann nicht mal mehr bewusstlos werden, so betäubt ist alles, so wenig funktioniert bei mir noch. Obwohl er dann erst recht sein Bewusstsein verlieren müsste.
Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Das folgende Geschehen bekomme ich kaum noch mit. Ab und an versichere ich mich, dass Phil bei mir ist. Dann schalte ich wieder ab.
Müdigkeit übermannt mich.
„Phil, ich will schlafen", nuschele ich und schließe meine Augen.
„Nicht hier, du kannst gleich auf dein Zimmer." Er drückt meine Hand, macht dann aber da weiter, wo er gerade gestoppt hat. Was macht er gerade überhaupt?
Ich schlage meine Augen auf und blicke an die Decke des Schockraums.
„Ich will nicht allein im Zimmer sein", flüstere ich und schließe wieder meine Augen. Sie brennen, sehnen sich nach Schlaf.
„Nicht jetzt schlafen, Fine. Wach bleiben." Er rüttelt an meiner Schulter, aber das kann nichts mehr ändern. Der Schlaf siegt.Ein helles Licht flackert auf, erhellt den dunklen Raum. In der Tür steht ein Mann, schwarze Hose, schwarzer Pulli, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen.
Er steht da und guckt in meine Richtung.
„Wer sind Sie?", frage ich mit zitternder Stimme, mit rasendem Herzen.
Ich erhalte keine Antwort.
Umhüllt von einem Unwohlsein mache ich kleine Schritte zurück. Der Mann regt sich nicht.
Als würden imaginäre Hände nach mir greifen, meinen Hals umschlingen, wird mir plötzlich die Luft abgedrückt. Verzweifelt japse ich auf, möchte Luft haben, bekomme sie aber nicht. Dazu kommt ein Brennen, ein kaltes Gefühl an meinem Hals, als würde Blut an diesem fließen.
Unter der Kapuze kommt ein krankes Grinsen hervor. In seiner Hand blitzt etwas auf.
Bevor ich jedoch erkennen kann, was das ist, werde ich schon durch den fehlenden Sauerstoff in die unendliche Schwärze gezogen.-------------------
Einen schönen Morgen, Tag oder Abend noch :)
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7 Jahre Pech (Asds) |1/2|
Fanfiction|1/2| Ein bekannter Aberglaube besagt: „Ein zerbrochener Spiegel bringt sieben Jahre Pech." Josefine, von allen nur Fine genannt, findet das unsinnig. Doch was ist, wenn es genau nach solch einer Tollpatschigkeit eine Reihe von weniger schönen Ereig...