8 - Schweigen spricht tausend Worte

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Phils Sicht

Mit den zwei Sanitäter, mit denen ich schon ein paar Male zusammengearbeitet habe, verlasse ich also nun wieder Paulas Wohnung. Ungeduldig lehne ich am NEF und gucke nachdenklich auf den Balkon von Paulas Wohnung. Ich hätte anders handeln müssen. Wieso bin ich auch nur so ein Idiot?

Ich hing wahrscheinlich lange Zeit meinen Gedanken hinterher, bis ich von der Seite angesprochen werde. „Phil? Woher kennst du die zwei, wenn ich fragen darf?" Karl steht neben mir und guckt mich interessiert an. Anscheinend hat er noch nie mit Paula gearbeitet. „Paula, also unsere Patientin, ist selber Ärztin und wir arbeiten in der selben Klinik und Wache. Josefine, das Mädchen oben, ist die Tochter eines guten Freundes und Kollegen. Franco, der Italiener, den müsstest du eigentlich auch kennen, oder?" Karl nickt. „Ja, ich wohne eben mit Franco und Josefine in einem Haus. Und noch mit einem anderen Kollegen und Josefines Bruder." Überrascht hebt er eine Augenbraue. „Auch wenn die Frage jetzt vielleicht komisch kommt, aber hast du keine Freundin? Ich meine, in eurem Haus würde sich das ja schlecht machen." Nein, er lenkt aufs falsche Thema. Darauf reagiere ich allergisch. Stumm schüttele ich den Kopf und wende meinen Blick ab. „Echt? Ich dachte immer, du wärst ein Kerl, der nie single ist. Die Frauen müssen bei dir doch Schlange stehen." „Nicht das Thema bitte, danke." Ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren, wende ich mich ab und in diesem Moment kommt glücklicherweise auch Paula raus. Jacky stützt sie etwas, während Fine netterweise Jacky beim Tragen der Materialien hilft. Diese werden ihr auch sofort von mir abgenommen und verladen. Paula hat mich noch keines Blickes gewürdigt.

Um mit Jacky noch in Ruhe reden zu können, lasse ich Paula kurz mit den zwei Sanis im RTW alleine. „Phil, was auch immer du bei Paula gemacht hast, um schlussendlich solche Reaktionen bei ihr auszulösen, biege es wieder hin. Sie konnte oben mit dem Weinen nicht mehr aufhören." Jacky klingt belehrend, nachdem sie mir Paulas Selbstdiagnose überbracht hat. Ich schlucke schwer und nicke. „Wie auch immer ich das hinkriegen soll", murmele ich. „Begleitest du sie?", fragt Jacky noch, nachdem wir uns von Fine verabschiedet haben. „Ja, ist mir lieber. Nicht, dass sie nochmal das Bewusstsein verliert." Jacky guckt mich mitleidig an. „Du schaffst das schon." Sie nimmt mich nochmal fest in den Arm und steigt dann ins NEF, ich atme tief durch und gehe zu Paula in den RTW.

Karl steigt hinters Steuer, während der andere Sani bei uns bleibt, sich jedoch still verhält. „So Paula, ich würde nochmal gern nach deiner Pupillenreaktion gucken." Ich nehme mir die Pupillenleuchte aus meiner Hosentasche, doch Paulas Kopf bleibt demonstrativ weggedreht. „Bitte. Du musst mich kurz angucken. Danach kannst du auch sofort wieder weggucken." Mit einem kurzen Ruckeln setzt sich der RTW in Bewegung. Langsam dreht sie ihren Kopf in meine Richtung, ihre Augen sind wütend zusammengekniffen. Seufzend leuchte ich ihr in die Augen. „Okay, alles gut." Sofort liegt ihr Kopf wieder auf der Seite.

„Können wir nicht nochmal reden?", frage ich zögerlich, nachdem wir kurz geschwiegen haben. „Nein, es gibt nichts mehr zwischen uns zu bereden", faucht sie wütend. Erschrocken über ihre aggressive Reaktion schreckt der Blick des Sanitäters hoch. „Ich weiß, ich habe -" Paula lässt mich gar nicht erst ausreden: „Phil, du kannst deine Versuche aufgeben. Ich möchte erst mal nicht mehr mit dir reden. Fertig. Akzeptiere das." „Aber" „Phil, kein aber! Lass mich verdammt nochmal in Ruhe. Ist es so schwer zu verstehen?" Ich will eigentlich noch zu etwas ansetzen, lasse es jedoch lieber. Ihre Worte scheinen schwer im RTW zu hängen und mich fies anzugrinsen. Jedenfalls fühlt sich das für mich so an.

Josefines Sicht

Am Abend sitze ich gerade an meinen Hausaufgaben und bin am Verzweifeln. Ich erschrecke mich zutiefst, als Phil sich ohne Vorwarnung hinter mir räuspert. Ich habe ihn gar nicht kommen hören. „Ist denn keiner da?" Ich schüttele den Kopf. „Papa ist gerade los zum Einkaufen, Toni bei einem Kumpel und Alex hat dich, wie du logischerweise weißt, gerade abgelöst." „Gut, ich werde jetzt kochen. Irgendwelche Wünsche?" „Nö. Nur, dass du vielleicht endlich mal über dein Problem redest. Wenn du alles in dich hineinfrisst, wird es nicht besser." Seufzend dreht er sich um und verlässt mein Zimmer, geht jedoch vorher nochmal in sein Zimmer, bevor er runtergeht. Dass dies der Schlüssel zu seinem Geheimnis ist, soll ich schon gleich merken.

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Auf Wunsch habe ich ein Kapitel aus dem RTW geschrieben. Das nächste Kapitel wird dann das letzte sein, wo es hauptsächlich um Phil und Paula geht, danach fokussiere ich mich wieder komplett auf Josefine und ihr Spiegeldesaster. Die ganze Sache wurde dann doch länger, als eigentlich von mir beabsichtigt. Ups.

Einen schönen Morgen, Tag oder Abend noch :)


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