100 - Unbekannte Angst

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Es klopft zaghaft an meiner Tür. „Kann ich reinkommen, Fine?"
Ich gebe nur ein lautes Brummen von mir, weiß nicht, ob ich reden will.
Paula sieht das anscheinend als Bestätigung, denn sie öffnet die Tür und setzt sich zu mir aufs Bett.
„Was möchtest du?"
„Ich möchte dir sagen, dass ich dich verstehe. Klar, es war nicht wirklich schlau, abzuhauen und auf die Party zu gehen, andererseits waren wir alle mal in deinem Alter. Außerdem glaube ich dir auch in der Sache mit dem Gras. Ich weiß, dass du keine Drogen nehmen würdest und kein Fan davon bist, wenn es Leute tun."
Ich zucke mit den Schultern. „Es hat mich unglaublich verletzt, wie Papa mit mir geredet hat. Nur, weil ich was mit Elian mache, heißt es ja nicht, dass ich Drogenkonsum befürworte. Im Gegenteil. Aber wir sind im Urlaub, da wird Elian ab Donnerstag keine große Rolle mehr in meinem Alltag spielen. Versteht Papa das nicht?"
Ich merke, wie sich erneut Tränen anbahnen und sich die Freiheit erkämpfen.
Paula nimmt mich in den Arm. „Alex und Phil haben die gleiche Ansicht wie ich. Wir sind schon etwas sauer darüber, dass du dich rausgeschlichen hast, aber ich denke, dass das verständlich ist. Franco sieht das langsam anscheinend auch ein, Phil und Alex reden gerade noch mit ihm."

Paula und ich haben noch eine Weile über die momentane Situation geredet, bis Papa plötzlich geklopft hat.
„Komm, rede nochmal mit ihm, ihr biegt das schon wieder hin." Aufmunternd lächelt sie mich an, ehe sie aufsteht und mit Papa einen fliegenden Wechsel macht.

„Wenn du mit deinen Vorwürfen weitermachen willst, kannst du bitte wieder gehen", sage ich sofort.
„Nein, möchte ich nicht. Vielleicht habe ich etwas überreagiert, aber du musst mich auch verstehen. Ich mache mir einfach Sorgen." 
Am liebsten würde ich meine Augen verdrehen. Sorgen. Das versteht man wahrscheinlich erst so wirklich, wenn man selber Kinder hat.
„Du musst dir keine Sorgen machen, Papa. Ich gerate nicht auf die schiefe Bahn, wenn du das denkst. Richtig, es war alles andere als wünschenswert, dass ich zur Party gegangen bin. Aber du hast mir nicht geglaubt und mich so vorwurfsvoll angeguckt, wie du es noch nie getan hast. Da war ich eben wütend auf dich."
Er nickt, und die Art und Weise, wie er nickt, hat etwas von Einsehen. Ein Seufzen entkommt ihm. „Es tut mir leid. Wir haben beide unsere Fehler begangen, das sehe ich ein. Und ich glaube dir auch, die Situation hat mich aber nur etwas überrumpelt und ich war so erschrocken darüber."
Jetzt fehlt nur noch, dass ich einknicke und seine Entschuldigung annehme. Was ich auch tue, wie soll es anders sein.
„Ich hab dich lieb", sage ich leise.
„Ich dich doch auch. Unendlich doll."
Papa zieht mich in eine Umarmung. Sofort merke ich, wie alles an Anspannung aus unseren Körpern weicht. 


Flugangst habe ich eigentlich nicht - aber Alex' Gerede über meinen Spiegel hat gefruchtet.
Alles, was im Flugzeug passieren könnte, würde auf meinen Spiegel zurückzuführen sein.
„Man könnte dir ja glatt ein Beruhigungsmittel geben", bemerkt Phil grinsend.
„Nicht witzig", brumme ich, während ich weiter unruhig zappelnd auf meinem Platz sitze.
„He, Fine, du hast doch sonst nie Angst vor dem Fliegen." Phils Grinsen ist erloschen, dafür hat er seinen besorgten Gesichtsausdruck aufgesetzt. Seine Hand greift schon automatisch nach meinem Handgelenk. „Wow, das ist schnell."
„Merke ich selber. Was ist, wenn wir abstürzen? Dann bin ich doch Schuld, weil ich in diesem Flieger sitze. Mein Spiegel."
Phil wollte es unterdrücken, aber hat es nicht geschafft. Genervt stöhnt er auf, dreht sich dann nach rechts. „Super Alex, jetzt hat Fine wirklich panische Angst vor dem Spiegel."
Ich höre nicht, ob Alex etwas dazu sagt. Die Durchsage, dass wir nun starten, übertönt alles.
„Phil, es geht los", sage ich panisch und gucke ihn mit großen Augen an.
„Fine, alles gut, beruhige dich. Schlaf einfach, dann bist du schneller wieder auf festem Boden, als du bemerkst. Du steigerst dich da gerade rein."
„Schlaf einfach, du bist witzig. Ich bin hellwach!"
Überfordert guckt er mich an.
„Ich will nicht fliegen", jammere ich leise.
„Fine, du musst dich beruhigen. Deine Atmung beschleunigt sich schon wieder. Mach so weiter und wir haben den Salat."
Ein Mann dreht sich vor uns um und guckt zu uns rüber. „Alles okay? Brauchen Sie Hilfe? Ich bin Arzt."
„Nein danke, ich bin selber einer", lehnt Phil ab.
Der Gedanke, dass ich gerade noch einen weiteren Arzt um mich herum habe, also statt drei mindestens ganze vier, lenkt mich kurz ab. Wirklich nur kurz.
Erneut wird meine Atmung schneller, hektischer. Meine sicht verschwimmt.
„Ich dachte gerade, dass du dich beruhigt hast", flüstert Phil und seufzt. „Fine, mach mir nach. Atme so wie ich. Bleib ruhig." Er legt mir eine Hand auf den Brustkorb, atmet überdeutlich, damit ich ihm nachmachen kann.
„So ist gut. Es wird alles gut gehen, mach dir keine Gedanken."

Mein Körper zittert, dafür ist meine Atmung wirklich langsam wieder ruhiger. Mein Puls nicht, aber immerhin meine Atmung.
„Probiere zu schlafen", sagt Phil leise, während er meine Hand drückt.
Und irgendwie, vielleicht mit dem Wissen, dass Phil an meiner Seite ist, schaffe ich es dann auch.

Kaum setze ich ein Bein auf sicheren deutschen Boden, fühle ich mich so leicht wie noch nie. Wir haben es alle überlebt, ohne Probleme.

Wir haben gerade unsere Koffer zusammen, da klingelt Alex' Handy.
Er wirft den anderen einen freudigen Blick zu, bevor er abhebt. Okay?
Neugierig verfolge ich das Gespräch. Zumindest Alex' Seite.
„Ja ... Sind jetzt am Flughafen ... Ja, passt ungefähr ... Super, das wird eine Freude ... Vielen Dank, ihr habt wirklich was gut bei uns ... Ja, danke, bis dann."
„Wer war das?", frage ich sofort.
Gekonnt werde ich ignoriert, denn er zieht zu Papa und flüstert ihm was zu. Pff, dann eben nicht.

Auf dem Weg nach Hause schreibe ich Anni, wann wir ungefähr da sind. Sie hat mir gestern gesagt, dass wir uns so schnell wie möglich treffen müssen. Scheint wichtig zu sein.

Was auch immer sie mir sagen will, es scheint sie sehr zu belasten. Denn vor unserem Haus sitzt Anni bereits, als wir ankommen.
Meine Gedanken wissen gar nicht, worüber sie nachdenken sollen. Über Annis Anliegen oder sollen sie darüber grübeln, mit wem Alex wohl telefoniert hat?

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100 Kapitel, irgendwie kaum vorstellbar für mich. Leider ist das 100. Kapitel nicht wirklich besonders, aber es ist jetzt eben so gekommen.

Anlässlich zu diesem 100. Kapitel möchte ich mal kurz danke sagen, was ich ja schon lang nicht mehr gemacht habe. Vielen Dank an jeden Leser, egal, ob er 'nur' liest, auch votet oder kommentiert. Ich bin jedem dankbar und schätze es sehr. Es ist komisch zu wissen, dass es wirklich Leute gibt, die meine Geschichte gern lesen und sich über neue Kapitel freuen.

Besonders danken möchte ich aber drei Personen.

Zum einen OliviaSchwarz - Danke für deine super lieben Nachrichten, die mich wirklich gefreut haben. Außerdem mag ich deine Kommentare, haha. Und ganz wichtig: Tausend Dank, dass du mich wieder auf Taylor Swift gebracht hast. Ihre Musik läuft wegen dir jetzt auf Dauerschleife. Ich habe keine Ahnung, warum ich sie so lange nicht gehört habe. Vielen Dank! :)

Dann noch ein dickes Dankeschön an asdsfan - Durch deine sehr guten Flausen sind Kapitel entstanden, die sonst nie entstanden wären. Kurz gesagt wäre ich jetzt sicherlich schon weiter in der Zeit, was die Geschichte natürlich sehr verkürzt hätte. Vielen Dank für deine Ideen, auf die ich niemals kommen würde, die ich aber unschlagbar finde! :)

Die zwei gerade markierten haben übrigens auch suuuper gute Geschichten, die ich immer wieder lesen könnte. Ich weiß, deren Geschichten sind sehr viel bekannter als meine, aber auch wenn es hier nur eine Person gibt, die deren Geschichten noch nicht gelesen hat, mach das. Sonst verpasst du was, glaub mir :)

Und dann möchte ich noch book-love18 danken. Sie hat mich ebenfalls schon auf einige Ideen gebracht, ohne die ich nicht gewusst hätte, wie es weitergehen soll. Und ich mag auch deine Kommentare immer sehr :)

Ich könnte noch so einige, um nicht zu sagen viele, markieren, die immer wieder liebe Kommentare hinterlassen, aber dann würde das hier den Rahmen sprengen. Fühlt euch bitte hiermit angesprochen! :) Danke, danke, danke! 

Das war dann mal meine kleine Danksagung zum 100. Kapitel.

Einen schönen Morgen, Tag oder Abend noch :)

7 Jahre Pech (Asds) |1/2|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt