40 - Und schöne Worte sind nicht wahr

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Die Worte bleiben mir im Hals stecken. Er hat es geschafft. Phil hat es geschafft, mir für alle Ausraster aufgrund ihrer Sorgen ein schlechtes Gewissen zu machen. Er hat recht. Sie wollen nur das Beste für mich.
Ich schlucke erneut, doch der Kloß sitzt tief. „Na komm. Von nichts kommt nichts und je früher wir anfangen, desto früher haben wir Ergebnisse."
„Ich will gar keine Ergebnisse." Meine Stimme ist belegt. Plötzlich schwirrt mein Kopf nur so von Gedanken.
„Ich weiß, es war gerade hart. Aber das brannte mir schon lange auf der Seele. Du wirst schon nichts haben, was man nicht beheben kann." Er lächelt mich kurz an, doch seine Augen sind voller Sorge. Dann steigt er aus, und mir bleibt nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.

Unser Weg führt uns direkt in die Notaufnahme, weil Phil die Lage klären will. Ein paar Stühle sind belegt, doch die Athmosphäre scheint ruhig. Heute steht statt Gisela Birgit am Empfang, an die Phil sich sofort wendet. „Guten Morgen. Ist Paula gerade beschäftigt?" Birgit guckt an ihm vorbei, statt zu antworten. „Ja, ist sie. Aber nicht so schwer", kommt es von hinter uns, von Paula. Mit Schwung dreht sich Phil um und steht nur Zentimeter von Paula entfernt. Es kostet ihm einiges an Beherrschung, ihr jetzt keinen Begrüßungskuss zu geben, das sehe ich. Aber während der Arbeit möchten sie sich zurückhalten. „Hey Fine. Du bist heute auf der Kinderstation?", wendet sich Paula lächelnd an mich. Doch ich werfe nur Phil einen unsicheren Blick zu. „Na ja, ich wollte mal gucken, wie die Lage hier so ist. Sie würde gern von mir untersucht werden. Das kann ich ja rein theoretisch hier machen und zwischendurch die schlimmen Notfälle abarbeiten, wenn welche kommen. Die Untersuchungen an sich dauern ja auch nicht allzu lang. Sind gerade viele Patienten da?" Er deutet mit seinem Kopf unauffällig auf die wartenden Menschen. Paula schüttelt den Kopf. „Mach ruhig, ist ja auch verständlich. Ich kann auch noch ein bisschen bleiben und dir mit dem Rest unter die Arme greifen, kein Ding." „Das würdest du wirklich tun?" „Natürlich." „Danke, du bist ein Schatz." Phil blickt sich kurz um, und als er sieht, dass der Wartebereich mit anderen Dingen beschäftigt ist, drückt er Paula doch einen Kuss auf den Mund.

„Ich gehe mich schnell umziehen, du kannst dich hier hinsetzen. Gib mir noch deine Jacke, dann müssen wir nicht auf die aufpassen." Ich drücke Phil meine Jacke in die Hand und er verschwindet. Der Kloß in meinem Hals verwandelt sich in einen ekelhaften Schmerz, meine Augen brennen. Alle Gefühle und Ängste brechen unvorhergesehen über mir zusammen und die ersten Tränen kommen. „Was ist los?" Paula steht noch immer neben mir, packt meine Schultern und schiebt sich in mein Blickfeld. „I-ich...." Nichts mehr als lautes Schluchzen verlässt meine Kehle. „Hey, pscht, alles ist gut Fine, beruhige dich." Paula drückt mich fest an sich, doch meine Tränen versiegen nicht, sie werden schlimmer. „Ich bin bei dir. Alles ist gut", redet sie weiter auf mich ein und streicht mir mit einer Hand über den Rücken. Langsam gibt mein Körper nach, was auch Paula bemerkt. Sie drückt mich auf den nächstbesten Sitz und hockt sich hin. Ihre Hände greifen nach meinen Händen. „Guck mich mal an, mh? Was ist los?" Ich finde ihren Blick, doch zucke mit den Schultern. Ich weiß es gerade selber nicht wirklich. Die Angst, dass ich schlimm krank bin, das schlechte Gewissen den Jungs gegenüber.
„Was ist denn hier los?" Phil, der nun in Arztkittel und weißer Hose ist, hockt sich neben Paula. Nun gucken mich zwei besorgte Augenpaare an. „Was ist, wenn ich ernsthaft krank bin?", frage ich zittrig. „Das bist du nicht", sagt Phil sofort, doch ich höre seine Unsicherheit. „Komm, wir fangen an." Er zieht mich hoch, und erst jetzt merke ich, dass ich die komplette Aufmerksamkeit aller Anwesenden habe. „Braucht ihr eine Schwester?", fragt Birgit noch, bevor Phil und ich in einen Behandlungsraum gehen. Phil verneint.

„Zuerst nehme ich dir Blut ab. Danach mache ich ein paar Untersuchungen und zum Schluss machen wir noch ein CCT. Dann müssten wir etwas gefunden haben." Ich nicke und wische mir die letzten Tränen weg. Phil bemüht sich wirklich an Lockerheit, doch seine Anspannung kann er einfach nicht überspielen, so doll er es auch will.
Nach der Blutabnahme tastet Phil meine Lymphknoten am Kiefer ab. Ich gucke ihm in seine konzentrierten Augen. „Wofür machst du das jetzt?" Unsere Blicke treffen sich, seine Hände ruhen an der gleichen Stelle. „Fragst du mich das jetzt bei allem?" Eine Augenbraue ist hochgezogen, seine Mundwinkel zucken. „Ja, hatte ich eigentlich vor", antworte ich trocken. „Na schön. Dann erkläre ich dir jeden Schritt." Er schmunzelt und fährt fort.

Ich lasse alles über mich ergehen, bis es zum CCT geht. „Bis jetzt habe ich nichts gefunden. Ich bin auf die Blutwerte gespannt", teilt Phil Paula am Empfang mit, die nun komplett von Phil abgelöst wird. „Schreib mir dann. Es wird schon alles gut. Ich komme heute Abend?" Phil nickt, dann umarmt Paula uns beide nochmal und geht dann nach Hause, für mich gehts ins CCT.

Phil atmet geräuschvoll aus und lässt die Bilder meines Kopfes sinken. „Ist was?", frage ich sofort panisch. „Nein, eine meiner größten Ängste hat sich nicht bestätigt. Dein Kopf sieht einwandfrei aus." Beruhigt lasse ich mich wieder auf die Liege sinken. „Jetzt können wir eigentlich nur noch was in deinem Blut finden. Sonst weiß ich auch nicht weiter." Wie aufs Stichwort geht die Tür zum Behandlungsraum auf. „Phil, hier sind die Blutwerte." „Ah, vielen dank." Er nimmt die Ergebnisse entgegen.
Ich beobachte seine Reaktionen genaustens. Er nickt immer wieder und sieht nicht überrascht aus. Bis er plötzlich seine Augen aufreißt. „Wow." „Phil? Was ist da?" Meine Stimme schwimmt praktisch in Angst. Ungläubig schüttelt er den Kopf und geht näher ans Papier. „Das gibt es doch nicht", nuschelt er. „Was gibt es nicht?" Er liest kurz weiter, dann wendet er seinen Blick vom Blatt und mustert mich kurz nachdenklich. „Ich habe schon lange nicht mehr so einen niedrigen Eisenwert gesehen. Du kannst ja gar nicht munter werden. Die Frage ist jetzt nur, woher dieser extreme Mangel kommt." „Ist das schlimm oder gefährlich?", hake ich als erstes nach. „Na ja, eigentlich nicht direkt. Aber in deinem Stadium sieht man ja, was passiert. Aber du hattest doch jetzt nicht direkt irgendwelche großartigen Blutungen in letzter Zeit. Und durch Ernährung geht das nicht so schnell und extrem." Er fährt sich durch die Haare und kramt in seinem Kopf nach Gründen. Indes werde ich nervös. Doch, ich hatte irgendwelche starken Blutungen. Beziehungsweise habe sie ja noch immer. Nur keinem erzählt. „Fine? Worüber denkst du nach?" Ertappt drehe ich meinen Kopf zu ihm. Er muss mir aber auch immer wirklich gleich alles anmerken. „Über nichts." Meine Antwort klingt leider sehr unsicher, wie eine Frage. Er tritt näher an die Liege, sein Blick lässt mich gar nicht mehr los. „Josefine, du weißt etwas, was wir nicht wissen. Was ist los? Es ist wirklich wichtig."
Ich beiße mir auf die Zunge, lasse meinen Blick unsicher durch den Raum schweifen. Er wird extrem sauer sein, dass ich das so lang verschwiegen habe. Nicht nur er.
„Josefine, du sagst mir jetzt sofort, was du weißt. Ich bin auch nicht sauer, auch wenn du uns das anscheinend schon ewig verschweigst." „Aber das ist bestimmt nicht der Grund für diesen Mangel." „Auch wenn es das nicht sein wird, scheint es wichtig."
Ich gebe mir einen Ruck und erzähle ihm von meinen schon länger anhaltenden Tagen. Wie schon so oft am heutigen Morgen rauft er sich die Haare und muss tief durchatmen, um seine Fassung zu bewahren. „Und ob das der Grund ist. Wir gehen jetzt auf die Gynäkologie."

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Einen schönen Morgen, Tag oder Abend noch :)


7 Jahre Pech (Asds) |1/2|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt