"Wir sehen uns dann heute Mittag?" fragte Julie mich, als wir an meiner Klasse angekommen waren und ich nickte ihr beruhigend zu.
"Wie immer wenn wir unsere Kurse nicht zusammen haben, oder?" fragte ich und sie nickte erleichtert.
"Hast recht. Bis nachher dann!" winkte sie mir nach während sie wenig später hinter der nächsten Ecke verschwand.
Jeden Freitag hatten wir unsere Kurse erst ab dem Nachmittag zusammen, woran mein Musikstudium schuld war, dass meine ganze Aufmerksamkeit beanspruchte, da die Kurse immer auf dem Freitag lagen.
Natürlich waren das nicht alle Kurse für das Studium aber die anderen konnte ich immer gut dazwischen quetschen. Aber Freitags verbrachte ich immer den ganzen Vormittag im Musikzimmer.
Dort saß ich immer mit drei anderen Schülern zusammen im Kreis und unser Lehrer gab uns Tipps wie wir unsere Songs verbessern konnten und immer mal wieder spielte einer von uns sein neuestes Werk. Es war einfach ein Ort wo Menschen wie ich eine Zuflucht hatten und sie selbst sein konnten ohne Angst haben zu müssen, ausgelacht zu werden. Und auch wenn ich mich dort Pudelwohl fühlte, habe ich noch nie vor ihnen gesungen. Immer mal wieder spielte ich meine Lieder auf der Gitarre aber niemals sang ich wirklich dazu. Und selbst das war am Anfang eine ziemliche Überwindung für mich. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass meine Stimme das einzige war was wirklich mir gehörte und das ich auch mit niemand anderem teilen musste.
"Guten Morgen, Livie." lächelte mir Mr. Lubrin zu und ich nahm mit einem freundlichen Lächeln neben einem Mädchen platz das bereits eine Geige ausgepackt hatte. Natürlich spielte nicht jeder von uns dasselbe Instrument. Lieder konnte man genauso gut mit einer Geige wie mit einer Gitarre schreiben.
Ihre waren meist traurig und gefühlvoll. Sie schrieb viel von einer verlorenen Liebe und ich musste zugeben, dass ihre Lieder mich oft auch zu Tränen rührten. Und vielleicht, ganz vielleicht, traf sie damit auch einen wunden Punkt bei mir.
Ich dagegen hatte keinen besonderen Stil. Ich schrieb so wie es mir in den Kopf kam. Von Liebe, Von Hoffnung, Von Trauer und von Freundschaft. Manchmal waren meine Lieder traurig und gefühlvoll und manchmal animierten sie einen zum mitsingen oder zum fröhlich sein. Jedenfalls glaubte ich das, aber da ich meine Lieder nie sang, würde ich die Reaktionen auf den Text nie selber sehen. Aber das war in Ordnung.
"Nun, meine Lieben. Was habt ihr heute für mich?" fragte uns Mr. Lubrin und die aufgeregten Stimmen der Schüler murmelten durcheinander und er hob lachend die Hände.
"Einer nach dem anderen!" grinste er und griff nach ein paar Notenblättern die ihm vors Gesicht gehalten wurden.
"Na gut, dann fangen wir eben mit dir an, Emily!" gab er klein bei und sie erhob sich. Emily war ebenfalls in meinem Alter und sie trug einen blonden Longbob. Dazu eine einfache Jeans und ein weißes Shirt. So unauffällig ihr Stil jedoch war, desto aufregender war ihr Instrument. Sie hatte zwei elektronische Trommeln die je nach Einstellung eine andere Art von Ton erzeugen konnten. So konnte sie verschiedene Musikrichtungen miteinander kombinieren und es war immer aufregend ihr zu zuhören.
Grinsend stellte sie ihr Instrument auf und platzierte sich dahinter wo sie ein paar Schläge zur Probe ausübte bis sie schließlich zufrieden war und ihr Lied anstimmte! Es war ein fröhliches und schnelles Lied zu dem sie auch selber sang, was für mich mit diesen Trommeln eine echte Herausforderung wäre, und nur wenige Sekunden später tanzten alle Schüler fröhlich um ihre Plätze herum.
Als sie endete, applaudierten alle und auch unsere Lehrer legte ihr wohlwollend eine Hand auf die Schulter.
"Das war sehr gut, Emily!" lobte er sie und sie ging grinsend auf ihren Platz zurück.
"Wer möchte als nächstes? Livie? Du vielleicht?" fragte mich Mr. Lubrin und ich erhob mich zaghaft und griff nach einer Gitarre die neben mir stand. Nachdem ich die Gitarre gestimmt hatte, begann ich schließlich mit meinem neuesten Lied. Ich hatte noch keinen Text dafür aber dies fiel nicht weiter auf. Es war eine ruhige und sanfte Melodie, die in mir ein beruhigendes und ermunterndes Gefühl auslöste. Für mich war sie wie pure Hoffnung.
"Wunderschön, Livie!" lächelte Mr. Lubrin und nickte mir zufrieden zu. "Manchmal fragte ich mich doch, ob Gesang deine Lieder nicht noch ergänzen würden." warf er jedoch ein und ich schlich auf meinen Platz zurück.
"Na, vielleicht werden wir ja irgendwann in den Genuss deiner Stimme kommen." lächelte er weiterhin aufmunternd doch ich schrumpfte auf meinem Platz zusammen.
"Ja..vielleicht." wisperte ich leise und vergrub mich hinter meinen Notenblättern.
Trotz dieses kleinen Zwischenfalls verging der Kurs wie im Flug und es dauerte nicht lange bis es zur Pause schellte. Schnell suchte ich meine Sachen zusammen und lief zu dem schattigen Platz auf dem Gras zurück wo Julie bereits auf mich wartete.
"Und? Wie wars?" fragte sie und ich zuckte lächelnd mit den Schultern.
"Schön." gab ich zu und sie nickte zufrieden während ich mich neben sie fallen ließ und mein Essen aus der Tasche holte. Der Tag heute war wie so oft in dieser Gegend sonnig und ziemlich warm und wir genossen dankbar den Schatten den uns der Baum gab.
Während Julie eher auf kurze Shorts und lockere Shirts setzte, war ich in meinem Style doch schon etwas Girly. Heute trug ich zu meinen weißen Chucks, einen hellblauen locker sitzenden Jeansrock und ein ebenfalls weißes Shirt. Dazu meinen Dutt aus dem wir ein paar lockere Strähnen ins Gesicht fielen.
Die meisten Mädchen hier trugen kurze Hosen und Röcke, allerdings waren die eine ganz andere Hausnummer als wir. Manchmal fragte ich mich schon wie die in den Teilen überhaupt atmen konnten, so eng wie die waren. Auch Julie hatte sich das mehr als einmal gefragt und wollte schon eine Studie dazu machen, von der ich sie grade noch so abhalten konnte. Am Ende wäre sie noch jedem Mädchen hinter her gerannt um sie wegen ihren zu engen Röcken zu interviewen.
Der Rest des Nachmittags verging in angenehmer Ruhe. Der Unterricht war angenehm und auch Matteo und seine Anhänger liefen uns nicht noch einmal über den Weg. Alles in allem gar kein schlechter Tag. Gut, den Traum hätte es nicht unbedingt gebraucht, aber man kann nun mal nicht alles haben im Leben.
"Kommst du heute Abend zum Spiel?" fragte Julie mich während sie vor meinem Haus hielt. Ich war bereits im Begriff die Tür zu öffnen und stutze für eine Sekunde bevor ich schließlich den Kopf schüttelte.
"Nein. Ich mag den ganzen Trubel nicht." sagte ich und Julie sah mich erneut mit ihrem skeptischen Blick an. Den konnte sie sich ja bald tätowieren lassen.
"Und du bist dir sicher, dass das nicht wegen einem ganz bestimmten Mann ist?" hakte sie nach und ich stieg trotzig aus dem Auto aus.
"Garantiert nicht! Dieser Idiot kann mich mal kreuzweise!" patze ich und Julie kicherte leise bevor ich die Autotür zuschlug und mich durchs Fenster noch einmal zu ihr herunter beugte.
"Wirklich. Er hat mich aus seinem Leben gestrichen und ich musste damit klar kommen. Aber das ist jetzt Jahre her. Ich bin drüber hinweg." versicherte ich ihr und sie nickte ergeben.
"Na gut! Aber wir sehen uns morgen bei mir?" fragte sie und ich nickte.
"Okay! Bis morgen dann!" grinste sie und drückte auf das Gaspedal um weiter zu fahren. Kurz nachdem Julie aus meiner Sichtweite verschwunden war, sah ich wie Matteos schwarzer Audi in seine Einfahrt rollte. Ich wandte mich blitzschnell ab und stapfte den kurzen Weg zum Haus hinauf. Hoffentlich bekommt er diesen Scheiß Football heute gegen den Kopf!
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I thought you said forever
Teen FictionManchmal ist ein Versprechen alles was uns bindet. Manchmal ist ein Versprechen alles was man hören möchte und manchmal bricht einer dieses Versprechen und mit ihm dein Herz. Livie und Matteo waren seit sie denken konnten die besten Freunde. Allerdi...