Part 33

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Der Sonntag zog sich schleppend dahin und während ich den ganzen Tag an meiner Gitarre saß, hörte ich meine Eltern die sich unten im Haus anschrien.

Mein Vater war am frühen Morgen nach Hause gekommen und seitdem herrschte dicke Luft, wenn man das noch so nennen konnte.

Das es sich anhörte wie ein gottverdammter Krieg zwischen den beiden wäre nicht mal übertrieben gewesen. Zwischendurch krachte mal ein Teller auf den Boden und dem Klang nach, auch gerne mal etwas größeres. Gott sei Dank, waren die Wände in diesem Haus ziemlich dick, sodass ich nicht verstehen konnte über was genau sie stritten.

Wie auch beim letzten Mal kam ich nur aus meinem Zimmer um auf die Toilette zu gehen oder mir etwas zu essen zu klauen. Jedesmal blieb ich unentdeckt. Mein Herz wurde von Stunde zu Stunde schwerer bis ich schließlich hörte wie die schwere Haustür zugeworfen wurde. Schnell hetzte ich ans Fenster und sah wie mein Vater wieder in sein Auto einstieg.

Tränen brannten in meinen Augen als hörte wie er den Motor startete. Noch vor wenigen Wochen waren wir doch eine glückliche Familie gewesen. Mein größtes Problem war, dass meine Eltern mich als Mauerblümchen gesehen haben. Wie sehr hatte ich mich darüber aufgeregt und wie sehr wünschte ich mir diese Zeit zurück.

Sanft aber dennoch etwas heftiger als sonst stellte ich die Gitarre an ihren Platz zurück. Es wollte mir einfach nichts gescheites gelingen also gab ich es einfach auf und legte mich ins Bett. Mit etwas Glück würde ich einfach einschlafen und bis zum nächsten Morgen nicht mehr aufwachen.

Als ich am nächsten Morgen jedoch aufwachte, war meine Laune nicht besser gewesen. Das College war der einzige Grund warum ich mich überhaupt aus dem Bett bewegte. Der verdammte Wecker landete mit einer harschen Handbewegung auf dem Boden und blieb auch dort liegen, nachdem ich einfach achtlos über ihn drüber stieg.

Nach einer schnellen Dusche schlüpfte ich in die Kleider die ich mir am Vortag raus gesucht hatte und schminkte mich. Seit die Situation zuhause so bedrückend war, war ich beinahe jeden Morgen pünktlich draußen. Desto eher ich hier raus kam, desto weniger konnten sich sich auf meine Stimmung auswirken. Ich hasste nichts mehr als traurig zu sein was leider ziemlich oft der Fall war in letzer Zeit.

Und so schlurfte ich die Treppe hinunter um in die Küche zu gehen. Was ich dort sah, gefiel mir gar nicht.

Dort saßen mein Vater und meine Mutter am Frühstückstisch. Beide sahen mich mit ernster Miene an. Auf dem Tisch stand kein Frühstück und nicht mal eine Tasse Kaffee. Mein Vater lehnte sich auf dem Stuhl zurück um so viel Abstand zu meiner Mutter zu halten wie möglich. Sie nahm ebenfalls dieselbe Haltung ein und ich spürte, wie sich meine Miene ebenfalls verfinsterte. Die Spannung war zum greifen nah.

"Na, auch mal wieder da?" fragte ich meinen Vater kühl und er zuckte zusammen als hätte mein harter Ton ihn wie eine Ohrfeige  getroffen.

"Rede nicht so mit mir. Ich bin dein Vater!" brauste er sofort auf doch ich reagierte gar nicht weiter darauf. Mit ein paar schnellen Schritten ging ich durch die Küche auf die Hintertür zu aus der ich jeden Morgen ging.

"Livie warte! Wir müssen mit dir reden!" rief meine Mutter mir nach und mein Magen zog sich zusammen. Ich wusste, dass das nichts gutes Bedeuten konnte.

"Dann müsst ihr eben bis heute Nachmittag warten. Julie wartet schon draußen auf mich." antwortete ich monoton doch mein Vater sprang auf.

"Du bleibst hier junge Dame. Wir warten nicht darauf bis es dir genehm ist mit uns zu reden!" fauchte er und ich warf ihm einen verachtenden Blick zu.

"So? Wenn ich Tagelang warten kann bis du nach Hause kommst ohne dich einmal bei mir zu melden, dann kannst du bestimmmt auch ein paar Stunden warten." knurrte ich schließlich und sein verletzter Blick versetze mir einen Stich in der Brust doch ich drehte mich einfach um und verließ ohne einen weiteren Blick nach hinten die Küche.

"Scheiße! Was ist denn los?" rief Julie anstatt einer Begrüßung während ich auf das Auto zu lief. Keine Sekunde später sprang sie aus dem Auto hinaus, lief um den Wagen herum und schloss mich fest in die Arme. Erst in diesem Moment bemerkte ich die Tränen die über mein Gesicht rannten, was mich schließlich richtig zum heulen brachte.

Schluchzend weinte ich an der Schulter meiner besten Freundin bis diese ganz nass war. Als ich mich schließlich etwas beruhigt hatte stiegen wir stumm in den Wagen doch Julie ließ mich nicht aus den Augen. Ich konnte ihren Blick deutlich spüren während ich stumm aus dem Fenster sah.

"Du weißt, ich frage nie wenn ich genau weiß, dass du etwas für dich behalten möchtest aber ich weiß nicht wann ich dich das letzte Mal so weinen gesehen habe." begann sie und ich wappnete mich bereits jetzt für ihre Frage.

"Aber möchtest du mir nicht doch erzählen was los ist?" schloss sie und ich holte tief Luft bevor ich den Blick starr auf meine Hände richtete.

"Ich glaube, meine Eltern lassen sich scheiden." wisperte ich schließlich und Julie keuchte erschrocken auf.

"Wie kommst du darauf?" hakte sie nach und ich erzählte ihr von den letzten Wochen. Ihr Blick wurde immer trauriger bis sie schließlich nach  meiner Hand griff und sie sanft drückte.

"Du weißt ich würde dir jetzt gerne was anderes sagen, aber ich fürchte dass du Recht haben könntest." sagte sie leise und ich nickte stumm.

"Ich weiß."

"Ich bin für dich da. Du kannst jederzeit bei mir schlafen wenn es dir zu viel wird. Auch gerne ein paar Wochen." lächelte sie aufmunternd und ich nickte dankbar.

"Danke. Möglich dass ich darauf zurück kommen muss." seufzte ich und schweigen breitete sich über uns aus. Was sollte man auch sonst zu so etwas sagen? Das wird schon wieder? Alles halb so schlimm? Ich wusste, dass das alles nur leere Floskeln wären und Julie ebebso. Und deswegen ließ sie es einfach.

"Greif mal in meine Tasche. Da ist ein bisschen Schminke. Vielleicht möchtest du dich ein wenig zurecht machen. Im Moment siehst du aus wie Pennywise." sagte Julie schließlich und ein leises kichern entwich meinen Lippen bei diesem Gedanken.

"Könnte doch mein neuer Look werden, oder?" fragte ich kichernd und sie stimmte mit ein. Es war als würde ein großer Stein von meiner Brust fallen.

"Ich glaube ein neuer Look im Monat reicht aus." grinste Julie während ich die Spuren des Heulkrampfes beseitigte. Als wir auf den Parkplatz rollten verrieten mich nur noch meine geschwollenen Augen aber die würde schon keiner bemerken.

"Hast du geweint?" fragte Nick jedoch keine zehn Minuten später und ich biss mir auf die Lippe. Falsch gedacht.

"Ja. Aber ist schon wieder in Ordnung." wehrte ich ab doch Nick sah mich unsicher an. Wahrscheinlich fragte er sich ob er weiter nachfragen sollte oder nicht. Glücklicherweise entschied er sich für die zweite Variante und bohrte nicht weiter nach.

"Okay. Aber dann hab ich zumindest etwas für dich." sagte er schließlich mit einem Lächeln und kramte in seiner Tasche. Gespannt sah ich ihn an. Was konnte das sein?

Meine Neugier wandelte sich in Enttäuschung als ich den Schokoriegel in seiner Hand sah. Es lag nicht daran, dass ich etwas aufwendigerers oder größeres Erwartet habe, nein, es lag einfach daran, dass ich keine Schokolade mochte.

Allein das wäre natürlich normalerweise kein Grund gewesen um enttäuscht sein zu können, aber es versetze mir dennoch einen Stich, da es eines der wenigen Themen war die wir bei unserem Date hatten. Hatte er mir gar nicht zugehört oder hatte er es einfach vergessen?

"Schokolade ist gut für die Seele." lächelte er und ich nahm ihm den Riegel zögernd aus der Hand.

"Danke." sagte ich schließlich und zwang mich zu einem kleinen Lächeln als er mich abwartend ansah.

"Das ist lieb von dir." fügte ich noch hastig hinzu und er legte seinen Arm liebevoll um meine Schultern un drückte mir einen Kuss aufs Haar.

"Keine Ursache." grinste er und mit Julie im Schlepptau liefen wir auf das Gebäude zu. Als wir an einem Mülleimer vorbei gingen, ließ ich den Schokoriegel unauffällig verschwinden.

I thought you said foreverWo Geschichten leben. Entdecke jetzt