Part 9

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In der Nacht schlief ich ziemlich unruhig und als ich am Morgen aufwachte, fühlte ich mich wie gegessen und wieder ausgekotzt. Mein Kopf hämmerte und ich beschloss erst einmal ein langes Bad zu nehmen bevor irgendjemand etwas anderes von mir wollte.

Während das Wasser in die Badewanne floss, holte Handy um wenig Musik an zu machen. Ein paar Gitarrenklänge beim Baden waren nie verkehrt und meistens bekam ich dadurch auch Inspiration für neue Songs. Ich war nicht vor 15:00 Uhr mit Julie verabredet und so konnte ich mir viel Zeit lassen.

Als ich auf mein Display sah, fiel mir jedoch nicht die Uhrzeit ins Auge sondern eine Nachricht, mit der ich in diesem Leben nicht mehr gerechnet hatte. Eine einzige, kleine Nachricht die wohl mitten in der Nacht geschrieben wurde, war zu sehen und als ich sie öffnete stand da einfach nur "Danke." .

Ich musste die Nachricht mehrmals lesen und auch die Nummer überprüfen um zu sehen ob sie wirklich von ihm war. Aber alles stimmte. Seine Nummer konnte ich seit Ewigkeiten auswendig und ein kleines Lächeln legte sich auf meine Lippen, was meine Wut verscheuchte. Okay, dieses eine Mal werde ich ihn noch mal laufen lassen und ihn nicht bei seiner Mutter verpetzen.

Ich überlegte kurz ob ich überhaupt antworten sollte, entschied mich aber dafür, da ich es ziemlich albern fand jemandem nicht zu antworten nur weil er selber nie schrieb. Auf so ein Niveau würde ich mich nicht herab lassen. Aber ganz vergeben hatte ich ihm auch nicht nur weil der Herr sich mal bedankt hatte.

"Für Lucy immer." antwortete ich knapp. Er sollte sich ja nicht einbilden dass ich das alles getan habe um ihn zu decken oder damit er Spaß haben konnte. Auf keinen Fall! Die Häkchen hinter der Nachricht färbten sich blau und ich wartete ein paar Minuten ob er noch etwas antworten würde. Doch das tat er nicht. Warum auch? Ein kleines Danke bedeutet ja nicht gleich das unsere Freundschaft wieder aufleben würde.

Seufzend zog ich mich aus und ließ mich in die inzwischen vollgelaufene Wanne gleiten und genoss die wohlige wärme um mich herum. Hier drin konnte er mich mal gern haben. Die ganze Welt konnte mich hier drin mal gern haben um genau zu sein.

Als ich eine Stunde später aus dem Wasser stieg, war meine Haut schon ganz schrumpelig. Kichernd bei dem Anblick wickelte ich ein Handtuch um meinen Kopf und schlüpfte in eine kurze Jeanshose und ein einfaches blaues Shirt. Ich mochte den schlichten Style einfach am liebsten. Meine Haare föhnte ich schnell an und band sie dann wieder in meinem gewohnten Dutt zusammen. Ich schminkte mich ein wenig und sah zufrieden in den Spiegel. Unauffällig normal sah ich aus und ich nickte zufrieden bevor ich das Badezimmer verließ und meine Chucks schnappte die neben der Tür standen.

Bevor ich zu Julie herüber fuhr beschloss ich noch ein wenig Zeit mit meinen Eltern zu verbringen und schlenderte gemütlich die Treppe hinunter. Ich war in ungewöhnlich guter Stimmung dafür das ich in der letzten Nacht einen Mord hätte begehen können.

"Guten Morgen allerseits!" rief ich in die Küche und stutze als ich niemanden dort antraf. Ich wusste, dass es weit nach dem Morgen ist aber normalerweise saßen meine Eltern um diese Uhrzeit immer gemeinsam in der Küche und kochten zusammen. Irgendwie war die Küche im laufe der Jahre zum Mittelpunkt der Familie geworden. Für mich war es der gemütlichste Ort im ganzen Haus.

Sie war in hellen Farben gehalten und die Platten waren aus weißem Marmor gegossen. Die Küche war vielleicht das teuerste und edelste im ganzen Haus. Inmitten des Raumes stand ein großer Esstisch aus hellem Holz an dem normalerweise meine Eltern gemeinsam saßen und über Gott und die Welt redeten. Doch heute war keiner von ihnen da.

"Mum? Dad?" rief ich ins Haus hinein doch es antwortete nur einer.

"Ich bin hier!" rief meine Mutter aus dem Wohnzimmer und ich ging verwundert zu ihr hinüber.

"Hey meine kleine Schlafmütze, bist du auch endlich runter gekommen?" fragte meine Mutter und lächelte mich an.

"Ist spät geworden letzte Nacht." antwortete ich und sie lächelte Mitleidig.

"Ich dachte immer, dass ich sowas nach einer Partynacht höre." gab sie zu und ich rollte mit den Augen.

"Lass gut sein Mum." antwortete ich und sie machte mit ihren Fingern eine Bewegung vor ihrem Mund, die einen herumdrehenden Schlüssel nachahmen sollte.

"Wo ist Dad?" fragte ich und meinte das ich sah, wie sich ihr Körper kurz anspannte. Doch nur einen Augenblick später war diese Bewegung wieder verschwunden und ich schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich hatte ich mich getäuscht.

"Dein Vater ist arbeiten." gab meine Mutter knapp an und ich kniff meine Augen zusammen.

"An einem Samstag?" fragte ich sie doch sie zuckte nur mit den Schultern.

"Anscheinend hat er im Moment viel zu tun." antwortete sie und presste ihre Lippen fest aufeinander. Besorgt musterte ich sie.

"Ist alles in Ordnung?" fragte ich sie leise, das flaue Gefühl in meinem Magen ignorierend.

"Ja. Alles ist gut. Mach dir keine Gedanken, Spätzchen." lächelte sie und nahm mich fest in den Arm. Doch ich wusste nicht ob ich ihr glauben sollte.

"Gehst du heute wieder zu Julie?" fragte sie und ich ich nickte zögerlich.

"Ja, außer du möchtest Zeit mit mir verbringen." sagte ich zaghaft doch sie verwarf meinen Vorschlag sofort.

"Quatsch, Livie! Du gehst jeden Samstag zu Julie. Geh du mal ruhig. Ich hab hier noch genug zu tun und hab ja auch noch das Buch hier, was gelesen werden möchte." lachte sie doch ich hätte schwören können das ihr Lächeln nicht ihre Augen erreichte.

"Und du bist dir ganz sicher?" fragte ich doch sie scheuchte mich mit ein paar sanften Stößen Richtung Tür.

"Mach das du zu deiner Freundin kommst!" sagte sie und ich nickte bevor ich ihr einen Abschiedskuss gab und hinaus aus dem Haus ging. Mit einem sehr flauem Gefühl im Magen öffnete ich die Garage und schob mein Fahrrad hinaus. Ich konnte nicht genau sagen woher dieses Gefühl kam, doch ich spürte das etwas nicht in Ordnung war.

I thought you said foreverWo Geschichten leben. Entdecke jetzt