Part 5

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"Ich bin zuhause!" rief ich laut während ich meinen Rucksack mit einem dumpfen Schlag in die Ecke des Flurs warf und durch das kleine Haus ins Wohnzimmer hinüber lief. Dort saß meine Mutter bereits auf der Couch und las ein Buch von dem sie aufsah als ich den Raum betrat.

"Na meine Kleine, wie war dein Tag heute?" fragte sie und lächelte mir warm entgegenwährend ich die Schultern hob und wieder senkte.

"Nichts besonderes. Wie immer eigentlich." gab ich knapp an und sie rückte sich die Brille zurecht, die sie immer zum Lesen trug um mich skeptisch anzusehen.

"Das klingt ja wirklich spannend. Es ist als wäre ich dabei gewesen." neckte sie mich und ich ließ mich mit einem seufzen neben ihr aufs Sofa fallen.

"Aber es ist wirklich nichts aufregendes passiert." versicherte ich ihr. "Das College ist nun mal wirklich nicht so aufregend." erklärte ich weiter und meine Mutter lachte laut auf und legte im gleichen Zug ihr Buch aus der Hand um sich mir ganz zu zuwenden.

"Ach Livie, das kann ich gar nicht glauben. Als ich damals auf dem College war, war das wirklich eine der schönsten Zeiten meines Lebens. Jedes Wochenende eine andere Party und auch jede menge Sex oder die ein oder andere Marihuana-Party..." schwärmte sie während ich  mir unter einem lauten Aufschrei die Ohren zuhielt.

"Mum!" beschwerte ich mich lautstark und sie lachte auf.

"Nicht jeder kann so ein liebes Mädchen sein wie du, Livie. Im Gegenteil, ich würde sogar sagen dass du zu den wenigen Menschen gehörst die so brav durchs Leben gehen. Und das liebe ich an dir." lächelte sie und strich mir sanft über die Wange bevor sie aufstand und in die Küche herüber  ging.

"Na Dankeschön." grummelte ich und versuchte die Tatsache zu ignorieren das meine eigene Mutter mich grade als langweiliges Mauerblümchen geoutet hatte. Als ob ich das nicht selber wusste aber ich dachte, dass ich wenigstens für die eigene Mutter ein wenig cool war.

"Ach nimm es nicht so schwer, meine süße. Deine Zeit wird auch noch kommen." rief meine Mutter mir aus der Küche zu und ich rollte mit den Augen.

Na klar. Und die Queen von England werde ich auch. Schönen Dank.

"Hast du gar keinen Hunger?" fragte sie mich als ich die Treppe zu meinem Zimmer hoch stampfte und ich schüttelte den Kopf.

"Nö. Ich ernähre mich einfach von Luft und Wasser. Bin ja schließlich so langweilig wie eine dumme Zimmerpflanze!" rief ich mürrisch während ich bereits die Tür zu meinem Zimmer geöffnet hatte.

"Och, Mäuschen so meinte ich das nicht!" hörte ich sie noch antworten doch bevor sie auch nur den Versuch unternehmen konnte mir nachzulaufen, schmiss ich die Tür mit einem lauten Knall hinter mir zu und warf mich mit dem Gesicht voraus aufs Bett.

Nachdem ich einige Minuten in meiner Seestern-Pose verbracht hatte, drehte ich mich schließlich murrend auf den Rücken und drehte meinen Kopf zur Seite. Das Bild von Matteo und mir, das direkt gegenüber an der Wand hing, schien mich mitleidig zu belächeln.

"Ach halt bloß deine Fresse." zischte ich ihm zu und schnappte mir mein Handy um meinen Blick abzulenken. Jetzt beleidigte ich schon ein Bild. So weit war es schon mit dir gekommen. Kein Wunder das Matteo sich nicht mehr mit dir abgeben möchte. Manchmal fragte ich mich wirklich, wieso Julie es überhaupt tat.

Um auf andere Gedanken zu kommen, öffnete ich schließlich Instagram und wurde prompt mit Bildern von dem bevorstehenden Spiel bombadiert. Mehrere leicht bekleidete Teenager die ihr Debüt als Cheerleader geben wollten posierten auf einem Bild und ich scrollte mit einem Augenrollen weiter.

Das nächste Bild war ein Foto von unserem Footballteam zu dem nun auch Matteo gehörte. Seine selbstgefällige Miene sprang mir direkt ins Gesicht. Wie arrogant er sein Kinn in die Höhe reckte und die Arme verschränkte. So ein Vollidiot. Nur zwei Spieler weiter stand Simon der freundlich in die Kamera grinste und seine Arme um die Jungs neben ihm gelegt hatte. Ich grinste ebenfalls bei seinem Anblick. Bei Simon sah man sofort, dass er ein fester Bestandteil des Teams war und sich auch so fühlte. Bei Matteo war ich mir nicht mal sicher ob er das Wort "Team" überhaupt Buchstabieren konnte.

Kichernd über meinen eigenen Witz, versah ich das Bild trotzdem mit einem Like und legte mein Handy weg um mich anschließend in meinem Zimmer um zu sehen. Wie würde ich den restlichen Abend verbringen? Mein Blick fiel sofort auf die Gitarre die in einer Ecke stand doch ich verwarf den Gedanken schnell wieder. Ich war nicht in der Stimmung um zu schreiben und so stand ich schließlich auf um zu meinem Spiegel hinüber zu gehen.

Dort angekommen betrachtete ich mich genau im Spiegelbild. Mein Dutt, der immer noch lose an der Hinterseite meines  Kopfes hing sah mich traurig an und auch sonst gab ich nicht wirklich eine imposante Erscheinung ab. Ich würde mich auch nicht als hässlich bezeichnen, allerdings war an mir nichts besonderes. Ich war einfach nur gewöhnlich. Eigentlich sah ich da auch nichts falsches dran doch manchmal wünschte ich, dass ich wie die anderen Mädchen im College so hübsch war, dass mir niemand widerstehen konnte.

Vielleicht würde ich auch so ein aufregendes Leben führen wie meine Mutter damals. Und vielleicht würde sich sogar Matteo wieder für mich interessieren. Die Versuchung sich zu verändern war mir schon mehrmals in den Sinn gekommen und dennoch hatte ich sie immer verworfen weil ich es einfach nicht einsah, mich für einen dämlichen Jungen der mich kaum noch kannte, zu verändern. Entweder er mochte mich so wie ich war oder eben nicht.

Doch wer konnte mir schon sagen ob das hier wirklich mein richtiges Ich war? Würde so mein ganzes Leben sein? Einfach normal und gewöhnlich oder war ich doch dazu geboren mehr zu sein?

Wie von selbst fanden meine Finger den Weg zu meinen Haaren und lösten das Gummi das sie zusammenhielt. In sanften, braunen Wellen fielen sie mir über die Schultern und umrahmten mein Gesicht. Interessiert besah ich mein eigenes Spiegelbild erneut. Ich mochte diesen Look irgendwie. Es machte mich anders. Allerdings trug ich seit Jahren nichts anderes mehr als diesen losen Dutt. Er gehörte irgendwie zu mir. Und doch gefiel es mir.

Doch bevor ich weiter in diesen Gedanken versinken konnte, klingelte plötzlich mein Handy und unterbrach mein Selbstgespräch. Schnell ging ich zum Bett hinüber und griff nach dem Gerät ohne drauf zu schauen wer mich anrief und antwortete mit einem einfachen und sehr originellen: "Hallo?"

I thought you said foreverWo Geschichten leben. Entdecke jetzt