Mit dir ist es was Besonderes- Kapitel 14

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Ich bereitete mich mental darauf vor, gleich wieder auf Leni zu treffen. Sollte ich mir eine plausible Erklärung für mein Gegaffe ausdenken? Das Problem war nur, dass es diese nicht gab. Ich wusste ja selbst nicht, was da passiert war. Doch auch wenn es mir peinlich war, wollte dieser Anblick einfach nicht aus meinem Kopf verschwinden. Ich war enorm erleichtert, als niemand in unserem Zimmer war. Nachdem ich mir frische Klamotten angezogen hatte, atmete ich erst einmal durch. Mein Blick schweifte durch den Raum und bleib an einem schwarzen Notizbuch haften, welches vor meinem Bett lag. Da es nicht meins war, vermutete ich, dass es von Lenis Bett heruntergefallen war. Ich hob es auf und konnte mir nicht verkneifen, die Seite, welche aufgeschlagen war, anzusehen. In einer schönen Handschrift stand dort ein kurzer Text geschrieben. Aber es war kein einfacher Text, sondern es schien sich um ein Gedicht zu handeln. Ich begann zu lesen:

Wie sie versuchen mich zu schützen

obwohl ich der Grund für ihr Leiden bin

wie sie versuchen mich zu stützen

dabei war es mein eigener Leichtsinn

der mich stürzen ließ

& mich in die Schranken wies

ich kann sie nicht mehr ertragen

die Schuldgefühle die mich plagen

doch wenn ich da bin traun' sie nicht zu klagen

& ich trau' mich nicht zu sagen

dass ich es weiß

so schließt sich der Kreis

in dem ich gefangen bin

ich wünschte all die Tränen hätten einen Sinn

Schutt & Asche hab ich hinterlassen

jetzt beginnt mich der Mensch der mir am nächsten stand zu hassen

Es war wunderschön aber so traurig, dass mir eine Träne über die Wange rollte. Hatte Leni das geschrieben? War das, was sie hier beschrieb, der Grund dafür, dass sie letzte Nacht so neben sich stand? Ich konnte ihren Schmerz förmlich spüren, während ich die Zeilen noch einmal las. Als ich am Ende des letzten Verses angekommen war, schwang plötzlich die Tür auf. Leni sah erst mich und dann das Notizbuch in meiner Hand an. Ihre sonst so fröhlichen Gesichtszüge verhärteten sich schlagartig. Für einen Moment war sie sprachlos und schien sich in einer Art Schockstarre zu befinden. Genau wie ich. Als sie ihre Fassung wieder erlangt hatte, rief sie mit erstickter Stimme: „Was fällt dir ein, meine intimsten Gedanken zu lesen?". Neben Wut konnte ich auch Zerbrechlichkeit in ihrer Stimme hören. Aber in ihren Augen sah ich vor allem eine unglaubliche Enttäuschung, die mir das Herz brach. Ich ließ das Buch fallen und rannte an ihr vorbei aus dem Zimmer nach draußen. So schnell ich konnte ,lief ich raus aus dem Internat, über die Wiese bis in den Wald. Völlig außer Atem blieb ich irgendwann stehen. Was hatte ich bloß angerichtet? 

Mit dir ist es was BesonderesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt