Mit dir ist es was Besonderes- Kapitel 67

363 15 2
                                    

Wie in Zeitlupe wird die Zimmertür Zentimeter für Zentimeter geöffnet. Doch plötzlich bleibt sie stehen. Noch immer kann ich nicht sehen, wer sich hinter ihr befindet. Aber wer auch immer es ist, hat es sich anscheinend anders überlegt. Für einige Sekunden bewegt sich gar nichts und ich suche verzweifelt nach einem Hinweis, der meine Vermutung bestätigen könnte. Ich lasse meinen Blick jetzt von der Decke bis zum Boden wandern. Da entdecke ich plötzlich etwas, das meinem Gedankengang zuspielt. Eine Schuhspitze. Das ist natürlich noch nichts Besonderes, schließlich trägt in der Regel jeder Schuhe. Aber diese würde ich unter Tausenden wieder erkennen. In einer Physikstunde war mir nämlich einmal so langweilig gewesen, dass ich den Rand der Schuhsohle meiner Sitznachbarin mit einer Regenbogenflagge verziert hatte. Diese Sitznachbarin ist die Beste, die man sich für langweilige Stunden, anstrengende Stunden oder eigentlich jede Art von Stunde vorstellen kann. Es war Leni. Mein Atem stockt, als die Tür mit einem Ruck wieder geschlossen wird. Eine Welle von Enttäuschung ergreift mich und treibt mir Tränen in die Augen. Ich schaffe es nicht meinen Blick abzuwenden und starre weiterhin auf die jetzt geschlossene Tür. Für den Bruchteil einer Sekunde, war sie zum Greifen nah gewesen, doch jetzt kann ich spüren wie die Distanz langsam wächst. Die Tatsache, dass ich an dieses Bett gefesselt bin und Leni nicht einfach hinterher laufen kann, hinterlässt einen bitteren Geschmack auf meiner Zunge. Es vergehen einige Minuten in denen ich mit mir selbst ringe, vielleicht doch aufzustehen, obwohl mir das noch strengstens verboten ist. Aber in den letzten Tagen ist mir mehr und mehr bewusst geworden, dass ich für Leni und für unsere Beziehung einfach alles tun würde. Auch wenn sie vielleicht inzwischen gar nicht mehr hier ist, muss ich es einfach versuchen. Ich schlage gerade die Bettdecke zurück und ziehe mein gesundes, rechtes Bein über den Rand der Matratze, als die Tür erneut geöffnet wird, diesmal aber nur einen schmalen Spalt.

Sofort liegt dort wieder meine gesamte Aufmerksamkeit. Einen kurzen Augenblick später, erscheint ein weißes Blatt Papier zwischen in dem Spalt zwischen Wand und Tür. Auf diesem steht in schwarzer Schrift und mir sehr bekannter Handschrift: 'Bitte antworte laut und deutlich' ohne es zu hinterfragen, komme ich der Aufforderung nach und antworte mit fester Stimme: "Okay.". Der Zettel verschwindet wieder und ein neuer erscheint kurz darauf. 'Brauchst du mal eine Pause von diesen vier Wänden?' "Ja und wie! Mir fällt hier wirklich die Decke auf den Kopf. Ich vermisse es Sonnenstrahlen auf der Haut zu spüren und mir vom Wind die Haare ins Gesicht wehen zu lassen und noch so vieles mehr." bringe ich hervor. 'Möchtest du Gesellschaft oder bist du gerade lieber allein?' steht auf dem dritten Zettel, der mir hingehalten wird. "Ich möchte auf jeden Fall Gesellschaft. Ich bin es leid, mit mir allein zu sein. Aber ehrlich gesagt, gibt es nur eine Person mit der ich jetzt unbedingt Zeit verbringen möchte. Es zerfrisst mich innerlich, dass ich das so lang nicht konnte." erwidere ich auf diese Frage. Wieder wird das Blatt herausgezogen und durch ein weiteres ersetzt. 'Weißt du wer ich bin?' "Ja, natürlich weiß ich, wer du bist. Niemand sonst, würde sich so etwas hier einfallen lassen. Ich habe dich und deine Kreativität so sehr vermisst. Es tut mir alles so furchtbar leid. Ich weiß, dass ich so einiges falsch gemacht habe und ich möchte dir so viel erklären. In letzter Zeit, habe ich viel zu wenig, von dem was ich fühle und dir sagen wollte, tatsächlich gesagt und das tut mir unglaublich leid. Ich verspreche dir, dass ich das in Zukunft ändere." bringe ich mit Tränen in den Augen hervor. Auf dem nächsten Zettel steht ein einfaches 'Okay.' aber durch das Herz, welches dahinter gemalt ist, erhält es eine ganz andere Bedeutung. Sie wird mir zuhören. In diesem Moment geht die Tür ganz auf und Leni steht, mit einem Rollstuhl vor sich, auf der Schwelle. 

Mit dir ist es was BesonderesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt