„Deine Hand ist ja eiskalt. Hier nimm meine Jacke." meinte Leni, während sie ihre Jacke auszog und mir diese anschließend reichte. Ich hätte gern abgelehnt, aber mir war wirklich unglaublich kalt. Kaum hatte ich die Jacke übergestreift, roch ich ihren zarten Duft. Ich nahm einige tiefe Atemzüge und genoss den angenehmen Geruch. Ich nahm wieder ihre Hand, weil es genau das war, was ich jetzt wollte. Sie ließ ihren Daumen langsam über meinen Handrücken kreisen, was meinen ganzen Körper mit Wärme erfüllte und mich vergessen ließ, wie durchgefroren ich eigentlich war. Schließlich übertraten wir die Schwelle der Eingangstür des Internats. Ich wollte direkt in unser Zimmer gehen, aber Leni gab mir zu verstehen, dass sie mich nicht ohne Abendessen ins Bett gehen lassen würde. Deshalb gingen wir erst einmal in die Küche, wo Leni mir etwas auf einen Teller lud. „Finja und ich haben heute Nachmittag Wunderwaffeln gebacken. Ich war danach so voller Mehl, dass ich erstmal duschen gehen musste." erzählte sie lachend. Wieder schoss das Bild von dem wunderschönen, bloß in ein Handtuch gewickelten Mädchen durch meinen Kopf und ich spürte wie meine Wangen erröteten. Leni schien das aber nicht zu bemerken, denn sie führte ihre Erklärung fort: „Du musst die unbedingt probieren, sie sind die Spezialität von Finja, mir und ..." sie schluckte schwer und sprach dann weiter „und von Flora." „Na dann bin ich mal gespannt." sagte ich, während ich den Teller entgegennahm. Ich weiß nicht, ob es an dem Rezept lag oder daran, dass Leni sie gemacht hatte, jedenfalls waren es mit Abstand die besten Waffeln, die ich je gegessen hatte. Leni grinste, als sie meinen zufrieden Gesichtsausdruck und mein genüssliches Schmatzen bemerkte.
Anschließend gingen wir in den Waschraum, um uns die Zähne zu putzen. Immer wieder beobachtete ich Leni aus dem Augenwinkel. Ich hoffte so sehr, dass dies kein Traum war und es zwischen uns morgen noch genauso gut laufen würde. Wir schlichen uns ins Zimmer. Allerdings war Sibel noch wach und blickte uns verwirrt entgegen. „Wo wart ihr denn?" fragte sie. „Lange Geschichte" antworteten wir gleichzeitig, weshalb wir uns ansahen und ein Lachen nicht zurückhalten konnten. „Okay, interessant. Die könnt ihr ja dann morgen erzählen. Ich geh nochmal schnell auf Toilette. Dann sollten wir aber schlafen, bevor wir Frau Schiller noch auf euren nächtlichen Ausflug aufmerksam machen." erwiderte Sibel im Rausgehen. Ich legte mich schon einmal ins Bett, während Leni noch das Fenster schloss. „Damit du nicht noch mehr frieren musst." meinte sie, mir zuzwinkernd. Jetzt stand sie direkt vor meinem Bett, bereit die Leiter hochzuklettern. Aber ich war noch nicht bereit, meinen Blick von ihr abzuwenden. Sie lächelte mir zu, was ich erwiderte. Schließlich kam Sibel zurück und Leni stieg schnell die Leiter hoch. „Kann das Licht aus?" fragte Sibel. „Ja, klar. Gute Nacht." erwiderte Leni. „Gute Nacht" gaben Sibel und ich zurück und sie betätigte den Lichtschalter. Jetzt lag war es wieder stockdunkel um mich herum, wie vorhin im Wald. Aber anders als dort, fühlte ich mich jetzt nicht verloren, sondern auf eine seltsame Art und Weise angekommen. Während ich darüber nachdachte, leuchtete mein Handydisplay auf.
LENI: Ich glaube ich geh morgen nochmal in den Wald, da habe ich heute so eine hübsche Rumtreiberin gefunden ;D
DU: Vielleicht triffst du die die ja morgen auch woanders?
LENI: Vielleicht beim Frühstück?
DU: Ich denke, dafür stehen die Chancen gut.
LENI: Perfekt! Dann bis morgen und gute Nacht, meine Rumtreiberin <3
Ich grinste über beide Ohren.Was für Wendungen ein einzelner Tag nehmen konnte. Dennoch schlich sich eine dunkle Vorahnung in mein Gewissen, die besagte, dass morgen wieder etwas passieren würde, was diese Idylle zerstörte. Schließlich hatte auf jedes Hoch in meinem Leben immer ein noch weiter ausschlagendes Tief gefolgt. Deshalb markierte ich diese letzte Nachricht, um sie später schnell wiederfinden zu können. Vielleicht könnte ich so zu diesem Gefühl zurückkehren, welches mich jetzt gerade erfüllte. Ich wiederholte Lenis letzten Worte immer wieder leise in Gedanken, bis ich schließlich einschlief.
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Mit dir ist es was Besonderes
FanfictionCäcilia ist eigentlich ein sehr verschlossener Mensch. Sie versteht es andere auf Distanz zu halten, um sich selbst zu schützen. Doch als Leni aufs Internat kommt und dann auch noch ihre Zimmergenossin wird, entwickelt sich etwas, das sie bisher noc...