Mit dir ist es was Besonderes- Kapitel 44

592 20 6
                                    

Ihre Worte brachten mich wieder einmal zum Lächeln. Wie konnte sie bloß glauben, dass ich sie jemals vergessen könnte. Dieses Mädchen war Teil von jedem einzelnen meiner Gedanken. Ich war so froh, endlich zu wissen, was es mit dem Unfall auf sich hatte. Dennoch würde ich niemals auf die Idee kommen, Leni zu verurteilen. Natürlich war das ein riesiges Unglück, aber sie hatte das nur gemacht, um ihrer Familie zu helfen und ihre Eltern zu unterstützen. Flora hatte bewiesen, dass auch sie das so verstand. Genauso würden das auch Herr Chung und Frau Stocker sehen, da war ich mir sicher. Ich würde also das Angebot meines Vater annehmen können und wir würden gemeinsam eine Lösung finden. Ganz ohne meine Mutter. Insgeheim musste ich daran denken, wie wohl Lenis Eltern reagieren werden, wenn sie mich kennenlernen. Ich hoffte sehr, dass sie mich mögen würden, denn ihre Meinug war Leni enorm wichtig. Deshalb war sie auch wichtig für mich. Ich würde unbedingt einen guten Eindruck bei ihnen hinterlassen müssen. Bei dem Gedanken wurde ich schon jetzt nervös. Allerdings hatten mich Lenis Schwestern so schnell in ihrer Gruppe akzeptiert und mich mit offenen Armen empfangen. Sie hatten mich unterstützt, als es mir nicht gut ging und ich nicht allein sein wollte. Ich wusste, dass die Freytag Familie eine ganz besondere Familie war. Sie definierte sich über Zusammenhalt, Offenheit und Aufopferung für diejenigen, die man liebte. Das bewunderte ich. Ich hatte mir schon immer ein gewünscht ein Teil, von so etwas zu sein. Vielleicht könnte ich das ja jetzt endlich werden. Aber zuerst wollte ich Lenis Gedicht lesen.

ich weiß nicht wie

aber wenn ich könnte

würd' ich genau jetzt

die Zeit anhalten

damit du &ich

noch ein bisschen innehalten

& uns dann einfach fallen lassen

ins Unbekannte

das wir so gut kennen

aber jetzt erst so benennen

weil wir uns so nah waren

bevor wir uns physisch berührt haben

ich weiß genau wie du dich fühlst

wie du tickst & dich in deinen Gedanken verstrickst

was du denkst wenn du mich ansiehst

ich war so glücklich als du vor allen meine Hand hieltst

ich war so stolz als du dir selbst deinen Mut bewiest

es wär so schon wenn's das jetzt wär'

dann wär'n da keine Ängste mehr

aber ich werd immer Angst haben

dich zu verlieren

werd mir wünschen die Zeit

zu pausieren

weil ich jeden Moment mit dir

für immer festhalten will

du hast es geschafft

dass ich mich zum ersten Mal zu hause fühl'

ganz nah bei dir

so unmaskiert

weil das bei dir nicht nötig ist

hier bist du du & ich bin ich

du liebst mich

ich liebe dich

Die schwarze Tinte verlief auf dem Papier und es wellte sich durch die dicken Tränen, die darauf fielen. Leni und ich, das war für immer. Das spürte ich ganz deutlich. So gern hätte ich sie jetzt nah bei mir. Aber dafür musste ich erst aus diesem Gefängnis, das sich einst mein Zuhause nannte, ausbrechen. Ich verstaute Lenis Brief wieder in meiner Hosentasche und wählte den Kontakt meines Vaters. Er musste mich hier raus holen, das war er mir schuldig.

Mit dir ist es was BesonderesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt