Mit dir ist es was Besonderes- Kapitel 59

759 19 8
                                    

Ich verbrachte sicher eine Stunde damit, zu recherchieren und mich zu informieren. Nun hatte ich Kopfschmerzen, weil ich so lang auf den Bildschirm meines Handys gesehen hatte. Die Schmerzmittel schienen so langsam nachzulassen, denn ich spürte jetzt auch einen pulsierenden Schmerz in meinem Bein. Ich war eigentlich schon wieder müde, aber so würde ich nicht schlafen können. Die Krankenschwester hatte mir zwar gesagt, dass ich klingeln solle, sobald die Schmerzen schlimmer werden würden, aber ich war ja schließlich nicht aus Zucker. Ich würde mich doch nicht wegen dieses leichten Ziehens im Oberschenkel beklagen. Manchmal musste man eben die Zähne zusammenbeißen und genau das tat ich jetzt. Ich sah noch einmal auf mein Display. Dort war ein Bild von Leni und mir zu sehen, wie wir komplett mit Mehl bedeckt, in der Küche standen. Flora hatte dieses Foto gemacht, als wir alle zusammen Wunderwaffeln gebacken haben. Davon hatten wir allerdings nichts mitbekommen, denn es hielt einen echten Moment fest. Leni hatte versucht meine Nase und meine Wangen von Mehl zu befreien, was aber nicht funktionierte, weil ihre Hände genauso eingepudert waren. Die Kamera hatte den Augenblick direkt danach eingefangen. Die Hand meiner Freundin lag auf meiner Wange, wir sahen uns in die Augen und strahlten. Dieses Bild löste ein warmes Gefühl in mir aus, eine Mischung aus Geborgenheit, Zufriedenheit, Liebe und Angekommensein. Es fühlte sich an wie ein Zuhause, mein Zuhause.

Ein lautes Klopfen an der Tür, riss mich aus meinen Gedanken. „Herein" rief ich und hoffte inständig, dass es Leni sein würde. Aber jemand ganz anderes betrat mein Zimmer. Es war Victor. Er hielt einen Blumenstrauß in der Hand und lächelte mich an. Ich blickte ihm verwirrt entgegen. „Hey. Ich hab mir gedacht, dass es sicherlich voll langweilig ist, hier ganz allein rumzuliegen und du dich bestimmt über ein bisschen Gesellschaft freuen würdest. Leni hat mir gesagt, dass sie noch etwas zu erledigen hat, bevor sie herkommen kann, deshalb hab ich gedacht, ich könnte ja mal vorbeischauen." erklärte er mir. Auch wenn ich überhaupt nicht mit seinem Besuch gerechnet hatte, freute es mich irgendwie. Bevor er so komisch mir gegenüber gewesen war und vor allem bevor ich dachte, dass Leni Gefühle für ihn hätte, waren wir so etwas wie Freunde gewesen. Auch wenn ich ihm das niemals so gesagt hätte, ich vermisste unsere Gespräche und unsere kleinen Battles, die wir ständig ausgetragen hatten. „Das ist echt voll nett von dir. Du hast Recht, ich könnte wirklich ein bisschen Unterhaltung gebrauchen. Nimm dir doch einen Stuhl, oder hast du noch nicht genug Stehminuten auf deinem Fitness-Tracker, du Profisportler?" antwortete ich sarkastisch. Er stellte die Blumen in die Vase, die auf dem Tisch gegenüber meines Bettes stand und schnappte sich einen der beiden Stühle, die an diesem standen. Dann setzte er sich neben mein Bett, sah mich an und sagte ganz trocken: „Wenigstens hab ich es heute morgen aus dem Bett geschafft, im Gegensatz zu bestimmten anderen Menschen. Ich will hier ja keine Namen nennen, Frau von Toll." Ich nahm mein Kissen und warf es ihm entgegen. Die Befürchtung, dass es zwischen uns jetzt komisch sein könnte, hatte sich als falsch erwiesen. Alles war beim Alten und vielleicht sogar noch besser, weil jetzt die Grenzen klar definiert waren. Wir waren Freunde, nicht mehr und nicht weniger. Victor erzählte mir, wie aufgewühlt Hauser gewesen war, als er erfahren hatte, dass ich eine Weile ausfallen würde. Wir unterhielten uns über das Training, die Schule und meine Verletzung. Schließlich sagte er: „Übrigens, ich wollte dir auch nochmal sagen, dass ich mich wirklich für Leni und dich freue. Ich hab einfach die Signale falsch gedeutet und war allgemein nicht besonders einfühlsam. Dafür entschuldige ich mich. Ich hoffe wir können das alles irgendwie hinter uns lassen?" Ich streckte ihm meine Hand entgegen und erwiderte zwinkernd: „Schon vergessen, Bro. Solange du die Finger von meiner Freundin lässt, sind wir cool." Er musste lachen, schlug aber ein. „Ich bin ja echt kein Weichei, aber sich mit dir anzulegen wäre echt lebensmüde." gab er grinsend zurück. Er blieb noch eine Weile, bevor wir uns schließlich verabschiedeten. Als die Tür hinter ihm zufiel, wurde mir bewusst, wie leicht es mir gefallen war, Victor zu verzeihen. Früher hätte ich ihm die ganze Sache noch Monate vorgeworfen. Aber Menschen können sich nun mal ändern. 

Mit dir ist es was BesonderesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt