Ich genoss diesen Moment so sehr. In unserer Umarmung steckten all die Missverständnisse, Sorgen und verletzten Gefühle der letzten Tage. Aber vor allem lag in dieser Umarmung alles, was wir füreinander empfanden. Es vergingen einige Minuten bis ich mich von ihr löste und sie wieder ansah. Ihr Gesicht war einfach wunderschön. Ich legte meine beiden Daumen auf ihre Wangenknochen und wischte die Tränen weg, die sich dort gesammelt hatten. Dabei schloss sie ihre Augen und ihre Lippen formten ein Lächeln. Ich strich noch einmal zärtlich über ihre Wange, bevor ich meine Hand sinken ließ. Doch Leni griff sogleich nach dieser, während sie sagte: „Wir müssen unbedingt reden." „Ja ich weiß. Es tut mir leid, dass ich einem Gespräch immer wieder ausgewichen bin. Ich war einfach überfordert." entschuldigte ich mich. Leni nickte und setzte sich im Schneidersitz auf die Wiese. Da sie meine Hand noch immer festhielt, zog sie auch mich hinunter und ich plumpste neben ihr ins Gras. Sie musste lachen, womit sie mich natürlich ansteckte. Nachdem wir uns wieder eingekriegt hatten, begann Leni unser eigentliches Gespräch mit den Worten: „Du hast mir noch gar nicht gesagt, wie du das Gedicht findest, was ich über dich geschrieben habe." Während sie das aussprach, wurde mir klar, dass ich ihr auch sagen musste, dass ich schon wieder ihre Privatsphäre missachtet und in ihrem Notizbuch gelesen hatte. Ich hatte mir schließlich vorgenommen, ihr gegenüber bedingungslos ehrlich zu sein. Aber zuerst wollte ich ihr zeigen, wie viel mir ihre Worte bedeuteten. „Es ist wunderschön. Du hast es irgendwie geschafft mich zu durchschauen, anders als alle anderen. Ich bin dir so dankbar, dass du dich nicht von meiner abweisenden Art abschrecken ließt. Ich hätte nie gedacht, dass jemand, so etwas in mir sehen kann. Und zwar nicht irgendjemand, sondern du." antwortete ich verlegen. Unsere Blicke trafen sich und wir sahen uns tief in die Augen. Schließlich sagte Leni: „Ich wollte, dass du verstehst, was ich sehe, wenn ich dich anschaue." und zwinkerte mir zu. In diesem Moment erkannte ich, was Leute damit meinten, wenn sie sagten, Schmetterlinge im Bauch zu haben. Genau so fühlte es jetzt an.
„Aber jetzt musst du mir erklären, warum du im Krankenhaus weggerannt bist. Was glaubst du dort gesehen zu haben?" fragte Leni weiterhin. Ich atmete tief durch und erwiderte: „Ich hatte mich so gefreut dich zu sehen. Den ganzen Tag hatte ich an nichts anderes gedacht und war voller Vorfreude. Aber dann habe ich Viktor in deinem Bett gesehen, der sich gerade vorgebeugt hat, um dich zu küssen. Ich hatte schon vorher die Theorie, dass du auf ihn stehen könntest und das war die Bestätigung für mich. Dann bin ich einfach durchgedreht." Leni nickte und erklärte mir dann: „Ich habe nie mehr als Freundschaft gegenüber Viktor empfunden. Für mich ist er einfach ein guter Freund, den ich echt gern mag, aber du hast recht, er wollte mich tatsächlich küssen. Dazu ist es aber nie gekommen, Unabhängig davon, dass du in diesem Moment aufgetaucht bist. Ich würde niemals jemanden küssen, für den ich nichts empfinde." Eine Welle der Erleichterung erfasste mich. Es hatte keinen Kuss gegeben. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, woraufhin Leni fragte: „Warum grinst du da jetzt so?" Ich räusperte mich und gab dann zurück: „Ich wollte einfach nicht, dass du auf Viktor reinfällst. Er scheint ein ganz schöner Player zu sein und ich wollte nicht, dass du verletzt wirst." Leni wirkte nicht besonders überzeugt und sah mich mit prüfendem Blick an. „Okay, vielleicht war ich ein bisschen eifersüchtig. Vielleicht war ich auch so eifersüchtig und verletzt, dass ich vergessen hab, wie man rational denkt." korrigierte ich mich.
Jetzt war Leni es, die zu grinsen begann. „Du warst eifersüchtig? Das musst du jetzt aber näher erklären." hakte sie nach. Ich verdrehte die Augen, musste aber lächeln. „Ja Leni, ich habe Gefühle für dich, ziemlich starke sogar. So stark, dass es mich um den Verstand bringt und an nichts anderes mehr denken lässt. Jeder einzelne Gedanke handelt von dir." gestand ich ihr endlich. Ich hob langsam den Kopf und sah sie vorsichtig an. Amüsiert stellte ich fest, dass sie sie sprachlos zu sein schein und auch ein Schimmern konnte ich in ihren Augen erkennen. „Aber jetzt nicht schon wieder heulen, Tränen hatten wir heute schon genug." stichelte ich, was natürlich die Stimmung zerstörte. „Es ist halt eine einzige Achterbahnfahrt mit uns." erwiderte Leni jetzt lachend. Gerade als sie weiterreden wollte, hörten wir ein lautes Donnergrollen. Keine fünf Sekunden später fing es an, wie aus Eimern zu schütten. Da es bei Gewitter, hier in der Nähe der Bäume, echt gefährlich war, sprang ich schnell auf und streckte Leni meine Hand hin, um ihr hoch zu helfen. Sie griff danach und wir rannten zusammen nach drinnen. Leni öffnete unsere Zimmertür und blieb im Türrahmen stehen. Auf dem Boden lag das aufgeschlagene Notizbuch. Empört sah sie mich an. Wie sollte ich ihr das erklären? Ich wollte das zwischen uns nicht schon wieder zerstören. Was machte ich bloß immer?
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Mit dir ist es was Besonderes
FanfictionCäcilia ist eigentlich ein sehr verschlossener Mensch. Sie versteht es andere auf Distanz zu halten, um sich selbst zu schützen. Doch als Leni aufs Internat kommt und dann auch noch ihre Zimmergenossin wird, entwickelt sich etwas, das sie bisher noc...