Mit dir ist es was Besonderes- Kapitel 6

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„Flora hat nicht mal daran gedacht, sich bei mir zu entschuldigen, obwohl sie mich echt verletzt hat. Sie versteht einfach nicht, dass wir uns dieses Mal auf das Einstein einlassen müssen. Finja und ich leiden auch daran, dass der Zirkus geschlossen wurde und wir quasi einen Teil unserer Familie verloren haben. Aber auf stur zu schalten und sogar uns zu sabotieren, macht es echt nicht besser. Sie hat mich vor allen bloßgestellt, indem sie die Handtücher von allen anderen in meinem Spind versteckt hat. Natürlich waren alle anwesend, als ich sie dann gefunden habe. Sowas würde ich nie machen, aber das kann ja keiner wissen. Jetzt will sicher niemand mehr etwas mit mir zu tun haben." erzählte mir die Braunhaarige. Ich wusste nicht genau, wie ich reagieren sollte, weil selten jemand etwas so persönliches mit mir teilte. Allerdings gefiel es mir, dass sie mir zu vertrauen schien. Schließlich sagte ich: „Ach Quatsch, hier haben sich manche Leute schon ganz andere Sachen geleistet, ich eingeschlossen. Das hat morgen schon wieder jeder vergessen und dir bleibt ja immer noch die Möglichkeit, alles aufzuklären." Es folgte einige Zeit der Stille. Allerdings fühlte diese sich ausnahmsweise nicht komisch an. Es war nicht diese Art von unangenehmer Stille, bei der beide krampfhaft versuchten, ein neues Thema zu finden. Nein, das war anders. Es fühlte sich eher so an, als hätte wir beide zugestimmt, einen kurzen Moment in unseren eigenen Gedanken zu verbringen.

Schließlich verriet sie mir: „Das kann ich nicht machen. Es gehört nun mal zu Flora dazu, dass sie so aufbrausend und rebellisch ist. Als ihre Schwester habe ich mich schon immer schützend vor sie gestellt und das werde ich auch weiterhin so machen. Ganz besonders jetzt, wo unser gesamtes altes Leben zusammengebrochen ist. Wir haben nur noch uns, das sehe ich ja genauso. Trotzdem habe ich doch das Recht, dem Einstein eine Chance zu geben, ohne dass mir unterstellt wird, meine Herkunft zu vergessen. Ich vermisse die Vergangenheit doch nicht weniger, nur weil ich in die Zukunft blicke." Der Satz, mit dem sie endete, erschien mir tiefgründiger, als jedes Gespräch, was ich mit einem Mitschüler bisher geführt hatte. Leni hatte recht, niemand sollte sollte sich ihr in den Weg stellen. Es ging um ihre Zukunft und die sollte auch in ihrer eigenen Hand liegen. Auch für mich war es schwer, mit den Erwartungen und Wünschen von anderen umzugehen. Es ist nun mal so, dass man nicht immer alle von diesen erfüllen kann, dessen war ich mir bewusst. Aber das Gewicht dieser Angst, diejenigen, die mir am meisten bedeuten, zu enttäuschen, lastete manchmal stark auf meinen Schultern. Erzählt hatte ich davon noch niemandem, aber war jetzt der richtige Zeitpunkt dafür? Würde sie überhaupt verstehen, was ich meinte? Mein Verstand sträubte sich dagegen, mich jemandem so zu öffnen, aber irgendwas etwas in mir, brachte mich dazu, plötzlich doch zu entgegnen: „Ich verstehe voll, was du meinst. Ich habe auch manchmal das Gefühl, dass meine Eltern gar nicht wissen, wie viel Druck, sie mit ihren Erwartungen auf mich ausüben. Klar, alle wollen immer das Beste für dich aber letzten Endes solltest du doch die Person sein, die am besten weiß, was genau das ist. Alles andere macht einen auf Dauer unglücklich. Deshalb denke ich, dass du Flora sagen solltest, wie wichtig dir diese Chance ist. Sie liebt dich und wird dir sicherlich nicht im Weg stehen, wenn du ihr zeigst, wie du dich fühlst." Ihre Augen glitzerten. Meine Worte schienen sie berührt zu haben, da sie Tränen in den Augen hatte. Sie hatte wunderschöne Augen, von denen ich meinen Blick jetzt unbedingt abwenden musste, bevor es komisch wurde. Aber ich konnte nicht. Je länger ich ihr ins Gesicht sah, desto bewusster wurde mir, wie schön es war. Es war perfekt. Nicht das langweilige Perfekt, sondern das, welches durch klitzekleine Makel unglaublich interessant ist. Zu interessant. „Cäcilia? Hörst du mir zu?" riss mich plötzlich aus meinen Gedanken. „Ehm ja klar, red ruhig weiter, ich... ich hab bloß darüber nachgedacht." stammelte ich. An ihrem Gesichtsausdruck konnte ich sehen, dass sie mir nicht glaubte. Was sie wohl dachte? Das würde ich vorerst nicht erfahren, denn in diesem Moment kamen Sibel und Pawel durch die Tür. Die peinliche Situation hatte einen Fluchtinstinkt bei mir ausgelöst und ich rannte mit den Worten:„Naja bis später, ich muss dann mal wieder" nach drinnen. Blöd nur, dass ich vergessen hatte, dass wir in einem Zimmer wohnten. Das sollte mir aber gleich vor Augen geführt werden. 

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