Mit dir ist es was Besonderes

Mit dir ist es was Besonderes- Kapitel 51

Wir saßen also gemeinsam im Gras vor dem Baumhaus, als Flora zu erzählen begann. „Lilly war unsere gemeinsame Freundin und wir haben viel Zeit zusammen verbracht. Irgendwann haben Lilly und Leni dann immer mehr zu zweit gemacht, was für Finja und mich aber kein Problem war. Sie war ein Teil unserer großen Familie, in die wir jeden gern aufgenommen haben. Nach einiger Zeit habe ich dann auch die Blicke bemerkt, die Lilly Leni immer zugeworfen hat. Es dauerte ein wenig, bis meine kleine Schwester diese auch bemerkte und schließlich erwiderte. Ich habe versucht, sie darauf anzusprechen, aber sie hat mir signalisiert, dass sie erstmal Zeit brauchte, um sich zu sortieren und für sich selbst herauszufinden, was das alles zu bedeuten hatte. Das habe ich natürlich verstanden, habe ihr aber gesagt, dass ich immer für sie da sei. Nachdem ich sie händchenhaltend mit Lilly gesehen hatte, suchte sie dann das Gespräch mit mir. Sie war echt nervös, als sie mir sagte, dass sie auf Mädchen steht. Wir verbrachten die ganze Nacht damit zu reden, wobei auch einige Tränen flossen. Ich war so glücklich, dass Leni sich mir öffnete und zu ihren Gefühlen stand. Ich war so stolz auf meine kleine Schwester. Trotzdem hatte ich natürlich auch Angst um sie. Nicht nur, weil andere Menschen vielleicht nicht so positiv reagieren würden, sondern auch weil ich sorgte, dass ihr Herz gebrochen werden könnte. Schließlich blieben wir nie lange an einem Ort und ich wusste nicht inwieweit die Beiden mit großer Distanz zurechtkommen würden. Da bleibt eben immer viel Raum für Interpretation und Zweifel. Aber natürlich unterstützte ich Leni, das würde ich immer."

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Natürlich setzte es mir zu, wie Flora über Lenis Gefühle gegenüber Lilly sprach, aber Floras Reaktion auf diese war einfach wunderschön. „Wie haben denn eure Eltern darauf reagiert, dass eine ihrer Töchter, Gefühle für ein anderes Mädchen hat?" fragte ich, weil es mich interessierte. „Naja unsere Eltern waren eigentlich schon immer recht offen. Leni hatte auch nie ein Coming Out im herkömmlichen Sinne ihnen gegenüber, sondern sie bekamen einfach mit, wie sie mit Lilly agierte. Natürlich wurde dann auch darüber gesprochen, aber niemand wäre auf die Idee gekommen es seltsam, nicht normal oder irgend so etwas zu finden. Für uns alle war nur wichtig, dass Leni glücklich ist." legte sie mir offen. Ich hatte Tränen in den Augen, musste aber trotzdem breit lächeln. Diese Familie war einfach wundervoll und ich war so froh, dass sie hinter Leni stand. Gleichzeitig erinnerte mich das schmerzlich daran, wie meine Mutter dazu stand. Sie würde mich niemals so akzeptieren wie ich war. Flora drückte meine Schulter uns sagte: „Hey, ich weiß, dass das mit deiner Mutter schwierig ist. Allgemein hast du es ja nicht leicht mit deiner Familie, aber du bist immer bei uns willkommen. Wir haben jetzt zwar keinen Zirkus mehr, aber wir sind trotzdem noch eine große Familie, die jeden mit offenen Armen empfängt." führte sie aus. Ihre Worte waren wie Balsam für meine Seele. Es fühlte sich so gut an, nicht mehr allein zu sein. „Danke Flora, das bedeutet mir echt viel." erwiderte ich. Sie nickte und sprach dann weiter: „So jetzt aber weiter im Text! Leni und Lilly waren echt verliebt, das sah man den Beiden an. Allerdings wurde Lilly immer fordernder Leni gegenüber. Sie forderte sie auf das Training ausfallen zu lassen und weniger Zeit mit uns zu verbringen, nur um sie bei sich haben zu können. Meine Schwester ließ das eine Weile zu, aber dann machte sie ihr klar, dass die Familie für sie an erster Stelle stand und dass sie uns nicht vernachlässigen würde. Lilly fühlte sich zwar erst vor den Kopf gestoßen, verstand es aber dann und alles schien gut zu sein. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem unsere letzte Woche an diesem Standort anbrach und Leni ihr sagte, dass wir bald weiterziehen würden. Das war der Zeitpunkt, an dem das alles begann." Ich hing an ihren Lippen und erwarte ihre nächsten Worte voller Spannung. Aber Flora atmete tief durch und machte erstmal eine längere Pause.