35|Aufgeben? Nicht so Logan

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Logan

„Guten Tag. Was haben Sie denn da in der Hand?", fragt mich der stämmige Mann und deutet vielsagend auf meinen Joint, den ich wohl nicht mehr verstecken kann. Ich seufze und schaue auf meine Hand, als wüsste ich nicht, was ich da habe. Überlegend kratze ich mich am Kinn. Sollte ich in meinen Wagen steigen und davonfahren? Schlechte Idee. Sie könnten sich nicht nur mein Kennzeichen notieren sondern brauchen nur hier und da nachfragen oder ein Eishockeyspiel sehen und wissen bereits wer ich bin. Also beschließe ich gelassen zu bleiben und alles locker aufzunehmen.
„Is'n Joint. Wollen Sie mal?", frage ich die beiden Security und hebe den angezündeten Joint mit belustigter Miene. Der Glatzkopf schaut mich düster an und mein Grinsen bröckelt langsam. Ich schätze das war wohl nicht die richtige Art, um mich herauszuretten.
Eine viertel Stunde später sitze ich im Verwaltungsgebäude und starre auf meine Schuhe. Die beiden Typen haben mich schnurstracks zum Dekan geschickt und ich hätte auch gar nicht abhauen können, denn sie wollten meinen Namen, meine Adresse und haben hier vorher angerufen. Die Sekretärin wirft mir immer mal wieder verstohlene Blicke zu, als wäre ich ein Schwerverbrecher. Meine Tätowierungen tun ihr Übriges und ich bin kurz davor ihr den Mittelfinger hinzustrecken.
Ich wünschte ich könnte Meghan einfach die Schuld an dieser Situation geben, denn sie hat mich so aufgeregt, dass ich ohne nachzudenken den Joint auf dem Campus gezückt habe, aber es ist meine alleinige Dummheit. Ich wippe mit dem Bein und überlege, wie ich aus dieser Nummer rauskommen soll, doch ich finde einfach keinen Ausweg. Ich kann ja nicht einmal jemanden anrufen, der mich hier rettet, denn das nützt nichts. Lügen kann ich auch nicht. Der Glatzkopf hat bereits weitergeleitet, dass ich Gras geraucht habe und jetzt warte ich nur darauf, dass ich ausgeschimpft werde wie ein Sechszehnjähriger.
Seit zehn Minuten warte ich auf meinen Anschiss, doch das Warten hatte wenigstens einen positiven Aspekt. Ich habe mich in Bezug auf Meghan beruhigt und verstehe, dass ich vielleicht nicht hätte lauschen müssen. Zum wiederholten Mal. Sie mag es wohl offensichtlich nicht -auch, wenn ich es nicht verstehe- und das muss ich respektieren, ob ich es nachvollziehen kann oder nicht.

„Mister Montgomery erwartet Sie nun.", spricht die alte Sekretärin zu mir und ich schaue auf. Sie deutet auf die geschlossene Tür neben mir und ich nicke, danke ihr nicht, wegen der vorwurfsvollen Blicke vorhin und klopfe nochmal bevor ich hereingehe. Sobald ich die Tür hinter mir schließe, setze ich ein munteres Lächeln auf, doch der dunkelhaarige Mann hinter dem mächtigen Schreibtisch blickt mich nicht so begeistert an.
„Hallo Mister Montgomery. Lange her seit ich Sie gesehen habe.", begrüße ich ihn munter und gehe zu ihm herüber, doch setze mich nicht sondern bleibe stehen. Er seufzt. „Leider nicht, Mister Matthews. Manche unserer Studenten sehe ich kein einziges Mal während ihrer gesamten Studienzeit, aber Sie tauchen hier gelegentlich auf. Setzen Sie sich.", spricht er müde und deutet auf den Stuhl neben mir, dass ich seiner Bitte nachkomme. Das letzte Mal saß ich vor zwei Monaten mit Nate wegen der Prügelei hier.
„Ich schätze dann ist wohl aufgeflogen, dass ich immer nach Ärger suche, um Sie besuchen zu können.", scherze ich und er verschränkt die Hände auf dem Schreibtisch miteinander. „Sie sind ein echter Spaßvogel. Aber Sie wurden nicht zum Plaudern beim Tee zu mir geschickt, oder?", fragt er und ich ziehe die Unterlippe hervor.
„Ne, ich bin ja kein Brite. Tee ist nicht so meins.", gestehe ich und er kneift die Augen kaum merklich enger.
„Mister Matthews.", warnt er mich und ich seufze. Wieso sind heute alle nur so launisch? Können wir nicht alles mit einigen Scherzen vom Tisch fegen? 
„Okay, okay.", gebe ich nach und er schaut auf einen kleinen Haftzettel bevor er mich wieder anblickt. „Warum wurden Sie zu mir geschickt?", fragt er, als wüsste er nicht, was abgeht. Er hat es sich vor einer Sekunde noch angesehen. „Das wissen Sie doch."
„Ich möchte, dass Sie mir nochmal erklären, weshalb Sie hier sitzen.", verlangt er nachdrücklicher und ich unterdrücke ein Seufzen.
„Ich habe einen Joint auf dem Parkplatz in der Nähe der Wohnheime geraucht und die Campus Security hat mich leider erwischt.", erzähle ich wie verlangt und er nickt mit einem betrübten Gesichtsausdruck, bevor er sich zurücklehnt.
„Das ist dann Ihr dritter Strike. Sie wissen, was das heißt, oder?", schlussfolgert er und ich presse die Lippen zusammen. Natürlich weiß ich das. Adieu Walsh. Ich fliege vom College. Na klasse. „Ernsthaft? Wegen ein bisschen Gras kriege ich gleich einen Strike?", frage ich ein wenig forsch und er hebt die Hände, als hätte er keine andere Wahl.
„Ihr Verhalten passt sich nicht den Regeln der Universität an, Mister Matthews. Ich kann nicht weiterhin riskieren, dass Sie dem Ruf unserer renommierten Universität schaden.", stellt er klar und ich hebe eine Braue.
„Aha. Dann werfen Sie doch gleich alle Studenten raus, denn ich bin nicht der einzige, der mal einen Joint zwischen den Lippen hat.", merke ich an und er schaut mich aus seinen braunen Augen an.
„Aber Sie wurden nun erwischt.", kontert er und ich runzle die Stirn. Moment mal, was?
„Sagen Sie mir damit jetzt ich soll einfach vorsichtiger sein?", hake ich verwirrt nach und er seufzt aus tiefstem Inneren und lehnt sich wieder vor. „Machen Sie es in Ihren eigenen vier Wänden, meinetwegen. Natürlich wäre es mir lieber Sie täten es gar nicht, aber ich bin nicht für Sie verantwortlich und kann Ihnen nichts außerhalb ihrer akademischen Laufbahn vorschreiben. Außer natürlich, dass es nicht auf dem Gelände der Universität passiert.", sagt er und ich schaue den Mann mittleren Alters überrascht an. Hat er das ernsthaft gesagt? Ich dachte er wird mir den Kopf abreißen, doch wie es aussieht bin ich ihm noch gleichgültiger als gedacht. Ob er Kinder hat? Zumindest trägt er keinen Ehering.

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