53|Das einzig Richtige

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Meghan

Mit ausgestreckten Beinen sitze ich auf der Picknickdecke, die Tess vorhin auf dem Rasen ausgebreitet hat und stütze mich auf den Händen zurück. Avery hat genussvoll die Augen geschlossen und kaut langsam den Muffin, von dem sie abgebissen hat.
„Oh, Tess, diese Muffins sind der Wahnsinn!", lobt sie sie und Tess lächelt dankend.
„Danke. Ich bringe dir nächste Woche wieder welche mit, wenn ich bei meinen Eltern bin und die Zeit zum Backen habe.", verspricht Tess und Avery nickt kräftig.
„Oh, das soll ich dir geraten haben, Graham. Du musst mir unbedingt auch das Rezept geben.", verlangt sie und ich lache.
„Du weißt wie man backt?", hake ich nach und sie wirft das zerknüllte Muffinpapier auf mich.
„Kann ja nicht so schwer sein.", entgegnet sie beleidigt und ich schnappe mir noch eines der Vanillemuffins mit Erdbeerstückchen. Avery schnappt sich den letzten und Tess sammelt die Papiere der ganzen Muffins, die wir erschreckenderweise leer gegessen haben, von der Decke und sammelt sie in der Box, in der sie die Muffins hergebracht hat.
„Meghan, zieh aus.", verlangt Avery.
„Ich bin noch nicht mal richtig eingezogen." Sie zuckt mit den Schultern.
„Mir egal. Tess muss einziehen, dass sie mir jeden Tag köstliche Gebäcke herzaubert.", meint sie und ich bewerfe sie nun mit meinem Muffinpapier ab.
„Ich kann Pancakes machen.", gebe ich an, denn auch, wenn das das einzige ist, was ich kann, ist es mehr, als Avery tut. Zumindest habe ich nie mitbekommen, dass sie kochen würde.
Es ist wundervolles Wetter heute und da fast alle Kurse vorbei sind, halten sich viele draußen auf oder sind bereits vom Campus verschwunden. Es herrscht gute Laune, die Sonne strahlt auf uns herunter und von überall ertönen fröhliche Gespräche und Gelächter. Gleich gesellen sich noch Grace und Ellie zu uns, die momentan noch in ihren letzten Vorlesungen festsitzen.
„Die waren wirklich lecker. Danke Tess.", bestätige ich Averys Schwärmerei. Tess klopft sich die Hände an der Jeans ab und stützt sich vor um die Box und den Müll darum zur Hand zu nehmen.
„Ich werfe das mal in den Mülleimer.", sagt sie und steht auf, als Avery sich die zwei leeren Flaschen zur Hand nimmt. „Ich komme mit dir.", ruft sie und eilt Tess hinterher, dass ich alleine bleibe.

Mit geschlossenen Augen lege ich den Kopf in den Nacken und genieße die Sonnenstrahlen und den sanften Windzug auf meinen nackten Beinen und Armen. Übergroße Shirts sind die besten Kleider. Meine Augen brennen ein wenig, denn die letzten Tage konnte ich nicht mehr ordentlich schlafen, geschweige denn überhaupt den Tag durchleben. Es grenzt an ein Wunder, dass ich Tess' Muffins essen konnte, denn ich musste sonst alles runterwürgen, was Grace mir aufgezwungen hat, weil ich von selbst nicht mehr daran denke zu essen, weil mir das Hungergefühl fehlt.
Urplötzlich spüre ich jemandes Präsenz hinter mir knien und gleich darauf legen sich zwei große und raue Hände auf meine Augen.
„Du siehst gerade ziemlich friedlich aus.", flüstert eine tiefe Stimme und mein Herz klopft für einen Moment sehr schnell, auch, wenn ich sofort bemerke, dass es gar nicht Logan ist. Es ist nicht Logans Stimme, Geruch oder Körperwärme. Mein Herzklopfen legt sich wieder. Ich drehe meinen Kopf herum, dass die Hände von meinen Augen rutschen und ich in Westons grinsendes Gesicht schaue.
„Der Schein trügt.", kommentiere ich und er lacht bevor er sich mir quer gegenüber setzt.
„Das glaube ich."
In den letzten Wochen sind Weston und ich gute Freunde geworden. Er ist wirklich süß, nett und auch lustig, was einen Menschen immer sympathischer macht.
„Wie geht's dir?", fragt er und ich zucke mit den Schultern während ich über die Decke streiche.
„Super." Er hat den Kopf schief gelegt, als ich zu ihm hochsehe. Weston weiß von Logan und der sehr frischen Trennung, die mich im Schlaf verfolgt. Nach einer Probe hat er mich zur Redaktion begleitet und eine Stunde lang davon geschwärmt wie gefühlvoll ich doch singe und wie viel Schmerz ich hineinstecke, als würde ich es tatsächlich spüren. Was ich auch tue und jetzt weiß er es. Ich seufze.
„Wirklich, Wes. Alles gut.", schwindle ich. Wie es aussieht muss ich meine Überzeugungskräfte in Lügen wieder aufbessern, denn er sieht mich nicht überzeugt an.
„Warum rufst du ihn nicht einfach an und entschuldigst dich?", fragt er, dass ich den Kopf schüttle.
„Ich kann nicht.", behaupte ich und er zieht die dunklen Brauen hoch.
„Und warum, Rockstar?", hinterfragt er, dass ich schweige. Ich habe nun einmal Angst, verdammt! Ich kann es leider nicht abstellen, aber ich grusele mich vor ihm und mir. Ich kann nicht nachvollziehen, dass er mich liebt und ich bin gar nicht in der Lage dazu ihm die Liebe zu geben, die er mir schenken will. Und wenn ich ihn zu wenig liebe, würde es uns ohnehin nicht weiterbringen. Ach, ich weiß doch auch nicht. Wieso hatte ich diese Angst bei meinem Exfreund nicht? Weil du da das Gefühl des Verlassen werdens nicht kanntest. Und ich habe für Daniel nicht ansatzweise so viel gefühlt wie ich es für Logan tue. Ein Druck baut sich in meiner Brust auf und schnürt mir die Kehlen zu, wie in den letzten Tagen bereits. Ob der Schmerz, den ich jetzt fühle, schlimmer ist als meine Angst? Wird es jemals vergehen?

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