34|Das Gedankenlöschen, eine Engelsstimme und der tolle Joint

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Logan

Pfeifend schlendere ich über die Anlage bei den Wohnheimen und schaue umher, tue so, als würde ich nicht hoffen, dass Meghan plötzlich ohne jeglichen Grund aus ihrem Wohnheim schräg gegenüber heraustritt und ich sie sehe.
Zugegeben, ihre Abfuhr gestern hat mein Herz in zwei gebrochen, aber irgendwie war es auch hervorsehbar. Es war dumm von mir zu denken, dass sie zustimmen, mir um den Hals fallen und mich niederküssen würde. Sie ist kein dummes Mädchen und wird mich wohl eine Weile ziemlich zappeln lassen bis sie merkt, dass ich eigentlich nicht das Arschloch bin, welches ich in ihrem hübschen Kopf projiziert habe.
Ich komme von meiner Vorlesung in Rundfunk und leiste Mason einen Überraschungsbesuch ab, denn ich will mit ihm für Philosophie lernen, weil wir in zwei Wochen die Prüfung schreiben. Und zu zweit lernen ist nicht halb so langweilig wie alleine. Außerdem wohnt er in dem Gebäude gegenüber von Meghans.
Hoffnungsvoll sehe ich weiter umher und gehe sogar langsamer als üblich, doch die Eingangstüren werden nicht aufgehen und sie wird auch nicht heraustreten. Wie blöd.
Seufzend beschleunige ich meine Schritte und steuere das St Marc Wohnheim an, als mir eine Bewegung im Augenwinkel auffällt und ich hinsehe.
Meghan! Da sitzt sie unter einem Baum, schützt sich vor der strahlenden Sonne und liest in ihrem Buch während sie ein Sandwich isst.
Ich sollte die Chance ergreifen.
Also jogge ich, ohne großartig darüber nachdenken, zu ihr herüber und kurz bevor ich vor ihr zum Stehen komme, schaut sie auf und blickt mich an. Ich kann keine Reaktion abschätzen, denn sie kaut weiter, hat die Augen zusammengekniffen und ich bemerke weder eine Verspannung noch Erleichterung. Gleichgültigkeit? Das ist das Letzte, was ich will.

„Hey!", begrüße ich sie mit meinem verführerischsten Lächeln, was Frauen normalerweise in die Knie zwingt, doch diese hier ist eine harte Nuss. Sie nickt nur und schaut wieder in ihr Buch, dass ich mich ungebeten neben sie auf die schattige Wiese unter den Baum setze.
„Warum bist du hier?", fragt sie und inspiziert dabei ihr dreieckiges Sandwich bevor sie wieder hineinbeißt. „Ich wollte mit Mase lernen.", erkläre ich und sie schaut nicht von ihrem Buch auf während ich gar nicht die Augen von ihr nehmen kann. „Tja, ich habe ihn nicht in meiner Hosentasche versteckt, also kannst du weiter.", scheucht sie mich davon, doch so leicht lasse ich mich nicht abschütteln. Da braucht es schon mehr als paar fiese Bemerkungen und das sollte sie bereits wissen.
„Du bist ja so kontaktfreudig wie sonst auch.", merke ich schmunzelnd an und sie nickt, doch ihr Desinteresse ist deutlich spürbar. „Danke.", murmelt sie und blättert auf die nächste Seite.
Schwer unterdrücke ich ein Seufzen und luge zu ihr herüber um zu sehen, was sie sich da anschaut.
„Was machst du denn?", frage ich in der Hoffnung ein richtiges Gespräch starten zu können. „Lernen.", kommt es knapp und ich ziehe die Unterlippe hervor. „Cool.", murmle ich und lehne mich auf die Hände zurück. Durch diese Bewegung schielt sie zu mir herüber bevor sie seufzt und wieder in ihr Brot beißt. „Ich schreibe morgen einen Test und habe keine Zeit mehr um wann anders zu lernen, also verbringe ich mein Mittagessen hier mit einem lausigen Sandwich.", erläutert sie und meine Mundwinkel zucken, doch ich versuche meine Freude über diese vielen Worte zu verbergen. „Ich schreibe auch morgen. Du packst das.", bekräftige ich sie und Meghan nickt stumm als sie wieder abbeißt. Stille legt sich um uns und ich nehme mir die Zeit sie mir genauer anzusehen.

Sie trägt heute kurze Jeansshorts mit Rissen und einem ungesäumten Saum, dass sie praktisch in ihrer Unterhose herumlaufen könnte, weil so viel Stoff fehlt, doch ich will mich nicht darüber beschweren, denn das gewehrt mir nur freien Blick auf ihre schönen Beine, die mit ein wenig Sonne beschienen werden, die zwischen den Blättern des großen Baumes zu uns herunterscheint. Heute trägt sie nicht ihre charakteristischen Stiefel sondern weiße Sneaker und ein stinknormales Top, dass sie vorne zusammengebunden hat. Ihre dunklen Haare fallen ihr in den typischen Wellen über den Rücken und sie sieht ungeschminkt aus, dass ich glaube Sommersprossen auf ihrer Nase erkennen zu können.
Sie sieht umwerfend aus, trotz des normalen Outfits, dass sie trägt. „Du siehst gut aus.", komplimentiere ich sie, als sie den letzten Bissen ihres Sandwiches in den Mund nimmt und auflacht. Amüsiert sieht sie mich über ihre Schulter hinweg an und klopft ihre Hände an ihren Oberschenkeln ab, bevor sie wieder in ihr Buch sieht.
„Vielen Dank, aber das bezweifle ich. Du brauchst gar nicht erst diese Schiene fahren.", beschuldigt sie mich und verwirrt sehe ich sie an. „Welche denn?", frage ich unschuldig und lege den Kopf schräg. „Auf der du mir Komplimente machst damit ich doch noch zustimme.", erläutert sie und ich ziehe eine Braue hoch. Beschließe meine Chance zu nutzen. Auch wenn sie gleich Null ist.
„Also bist du schon bereit für ein Date? Klasse. Soll ich dich um circa sieben abholen?" Sie schnauft als wäre sie viel zu lange gelaufen und blättert in ihrem Buch wieder zurück. Gut, ich bringe sie durcheinander.
„Logan, ich werde nicht mit dir ausgehen.", betont sie und schaut mich immer noch nicht an.
„Nenn mir einen guten Grund.", verlange ich und jetzt dreht sie ihren Kopf zu mir herum, dass es mich wundert, dass er wegen dieser schnellen Bewegung nicht abfällt. „Du hast mich in Manhattan alleine zurückgelassen.", wirft sie mir ganz ruhig an den Kopf und ich verziehe reuevoll das Gesicht während sie ausdruckslos bleibt.
„Ich-", möchte ich mich erklären -oder es zumindest probieren-, doch sie lässt mich nicht zu Wort kommen. „Nein, ich will es nicht hören.", unterbricht sie mich sofort und klappt ihr Buch zu bevor sie nach ihrem ledernen Rucksack greift. Zerknirscht setze ich mich auf und greife nach meinem eigenen Rucksack bevor ich aufstehe. „Schon gut, ich gehe schon.", murmle ich niedergeschlagen und sie schüttelt den Kopf, fährt mit dem Packen fort. „Ich muss eh zum TMC.", meint sie schulterzuckend und steht auf, als sie alles eingeräumt hat.
„Tschüss. Viel Spaß bei Mase.", verabschiedet sie sich von mir und eilt davon, dass ich ihrem schlanken Rücken hinterhersehe.
Lief doch ganz gut. Zumindest hat sie mich nicht angeschrien und behauptet sie läuft nicht weg, weil ich gekommen bin.
Bis Meghan zwischen den Gebäuden verschwindet, schaue ich ihr hinterher und seufze tief als sie weg ist. Ein unangenehmer Gedanke ergreift mich und ich sehe zu dem sechsstöckigen Gebäude hinter mir.
Da gibt es etwas, das ich unbedingt noch herausfinden muss, sonst werde ich nie gedankenlos mit Meghan sein können.

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