10|achtzehnstündige Autofahrten und heruntergekommene Motels

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Logan

Es ist viertel nach zwölf.
Ich bin mir sicher, dass ich zu Meghan zwölf Uhr gesagt habe.
Die Sonne strahlt auf mich herunter und obwohl ich meine Sonnenbrille trage blendet sie mich und bereitet mir Kopfschmerzen. Ich reibe mir über die Stirn während ich auf das Fräulein warte und verzeihe das Gesicht bei den Schmerzen, die ich habe. Gestern Abend war... eine pure Eskalation. Wir haben bis in den Morgen gefeiert und die Party von der Bar in unsere Wohnung verlegt, wo es nur noch der Wahnsinn war. Ich bin mir sicher, dass gestern jemand sogar vor Publikum Sex auf unserem Sofa hatte. Wir haben in inakzeptablen Unmengen getrunken, dass es selbst für mich ein Schock ist, wobei ich daran gewöhnt bin und am Abend trinken kann ohne dass meine Leistungen am nächsten Tag beeinträchtigt sind, doch jetzt habe ich einen schlimmen Kater plus Blutergüsse am Körper. Selbst Dean hat gestern so viel getrunken wie ein Büffel, dabei trinkt er normalerweise so oft wie es jemand auf Entzug tut. Also gar nicht.
Was den gestrigen Abend betrifft bin ich völlig ahnungslos. Ich habe einen heftigen Filmriss und als ich heute aufgestanden bin lagen zwei Frauen mit mir in meinem Bett, nackt. Ich will mich nicht darüber beschweren, dass wir wohl ganz offensichtlich einen Dreier hatten, viel eher, dass ich mich nicht erinnere, denn sie waren recht hübsch und ich musste sie zurücklassen, weil ich um halb zwölf aufgestanden bin und im Gegensatz zu Meghan versucht habe pünktlich zu sein. Also habe ich die verwüstete Wohnung, die nackten Mädchen, meine sturzbesoffenen Mitbewohner und noch schlafende Fremde zurückgelassen und bin zum Campus geeilt -mit unfassbaren Kopfschmerzen-, um pünktlich mit Meghan loszufahren. Jetzt warte ich seit beinahe zwanzig Minuten auf sie.

Dann -endlich- höre ich die Räder eines Koffers rollen und drehe meinen Kopf herum, dass ich in die Richtung der Quelle des Geräusches sehe.
„Hast du eine Ahnung wie lange ich schon auf dich warte?", keife ich sofort laut los. Ich ziehe mir die Sonnenbrille von der Nase und Meghan verzieht das Gesicht als sie vor mir stehen bleibt und sich über die Nase reibt. „Sprich leiser.", kratzt sie heraus und ich greife nach ihrem kleine Koffer,„Ich habe Kopfschmerzen." Meghan folgt mir zum Pick-up, bei dem ich die Hintertür öffne und ihren Koffer auf die Rückbank lege neben meine Tasche, in der ich zwei bis drei Oberteile gesteckt habe. „Auch ein Kater?", frage ich und knalle die Tür zu als ich mich zu ihr umdrehe und sie wieder ansehe. Meghan nickt und mir fällt auf, dass sie ihre Augen nicht einmal wirklich aufbekommt, was wohl an der Sonne liegt.
Für gewöhnlich hat Meghan ihre Augenlider geschminkt oder den Fokus auf ihre Lippen gelegt mit knalligen Lippenstiften, aber heute ist sie völlig ungeschminkt. Ich erkenne leichte Sommersprossen um ihre gerade Nase und ihre Wangen haben einen natürlichen, rosigen Ton. Ihre sonst so schwungvollen Wellen fallen heute nur platt um ihr ovales Gesicht und statt der figurbetonten Kleidung trägt sie eine graue Jogginghose und einen Sweater mit dem Logo der WEU.
„Du siehst aber erstaunlich fit dafür aus, dass du gestern Flaschen auf Ex ausgetrunken und dann einen Dreier gehabt hättest.", flüstert sie und als ich sie schockiert ansehe dreht sie mir den Rücken zu und geht um das Auto herum zur anderen Seite um einzusteigen. Sofort tue ich es ihr gleich, doch starte den Motor nicht als sie sich anschnallt.
„Woher weißt du das?" Der Gurt rastet ein und sie hebt den Kopf. „Ich saß neben dir auf dem Sofa als du attackiert wurdest. Du hast die ganze Zeit mit Mase über ein Videospiel gelallt, welches Mitchell Callahan euch geliehen hat und dann hattest du schon vier wippende Brüste im Gesicht und warst weg.", erzählt sie mir und ich strenge mich an um mich an so eine Situation zu erinnern, doch da ist nichts in meinem Kopf. Seufzend lehne ich mich in meinem Sitz zurück. „Leider kann ich mich nicht mehr erinnern.", murmle ich niedergeschlagen und Meghan lehnt sich zum Fenster als sie es mit einem Knopf runterfahren lässt. „Ist wahrscheinlich auch besser so." Das kommt nur ganz leise und sofort drehe ich wieder den Kopf zu ihr herum, dass ich sie ansehe, doch Meghan hat mir den Hinterkopf zugewandt und ich sehe nur auf die dunkelbraunen Haare. Wie meint sie das? Warum sollte ich froh sein mich nicht an den gestrigen Abend zu erinnern?
Doch statt meine Frage laut auszusprechen starte ich den Motor und strecke mich einmal, was ziemlich wehtut.
„Bereit für eine achtzehnstündige Autofahrt?", frage ich mit gezwungenem Grinsen und Meghan reibt sich übers Gesicht. „In was habe ich mich nur geritten?", flüstert sie ganz leise, dass ich denke sie hat sich selbst gefragt, also antworte ich nicht darauf sondern fahre vom Parkplatz herunter und lasse die Universität hinter uns.

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