47|Logans Macht

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Meghan

Als ich am Morgen aufwache erlebe ich ein Déjà-vu vom Feinsten. Doch dieses Mal bin ich in meinem Wohnheim in Michigan und nicht in einem Hotelzimmer in Manhattan.
Logan ist weg. Schon wieder.
Ich kann mir ein Aushängeschild für die größte Vollidiotin auf dem Planeten basteln und für den Rest meines Lebens tragen, denn das bin ich nun mal. Eine Vollidiotin.
Komischerweise bin ich gar nicht wirklich aufgelöst, als mir klar wird, dass er weg ist. Ich fühle sogar gar nichts bei der Leere im Zimmer und seiner Abwesenheit. Mein letztes bisschen Würde und Stolz begrabe ich auch, als ich mich dazu aufraffe ihn anzurufen und er meinen Anruf sofort wegdrückt. Na gut. Dann ist es eben so.
Nachdem ich einmal tief durchgeatmet habe, springe ich aus dem Bett, dusche mich und ziehe eine zerrissene Jeans, ein schwarzes Bandeau Top und ein größeres Flanellhemd an, dass ich als Strickjacke überwerfe. Während ich vor dem Wandspiegel stehe und Kajal auftrage öffnet sich die Zimmertür und Grace kommt mit mürrischem Gesichtsausdruck herein. „Ich wurde aus der Bibliothek rausgeworfen.", verkündet sie und lässt ihre Tasche auf den Boden fallen. Konzentriert ziehe ich den schwarzen Stift über meine Wasserlinie und bemühe mich darum mir nicht das Auge auszustechen.
„Warst du wirklich die ganze Nacht dort?" Ich sehe sie durch den Spiegel nicken und gähnen. „Aber immerhin habe ich jetzt alles fertig und muss es nur noch abgeben.", verkündet sie erleichtert. „Bin stolz auf dich, Gracie Macie." Sie lächelt und kommt auf mich zu um mir einen Kuss auf die Wange zu drücken.
„Was hast du gestern Abend so gemacht?", fragt sie beiläufig und streckt sich während sie zu ihrem Einzelbett trottet und sich darauf fallen lässt. Ich zucke mit den Schultern und widme mich dem anderen Auge. „Ich habe auch gelernt und mit Logan geschlafen.", rede ich im Plauderton und sehe wie Grace sich sofort wieder aufsetzt. „Meinst du geschlafen geschlafen oder", sie macht ein anzügliches Gesicht,„intim geschlafen?" Ich lege den Deckel wieder auf den Kajalstift und gehe zu meinem Schreibtisch auf dem mein Schminktäschchen liegt. „Beides." Es sei denn er ist abgehauen sobald ich eingeschlafen bin, dann ist bloß letzteres geschehen. Sie quietscht begeistert und ich werfe ihr ein gezwungenes Lächeln zu während ich die Tasche zumache und mich nach meinem Rucksack beuge.

Grace scheint zu merken, dass ich nicht die tiefe Glückseligkeit fühle, die eine Frau nach dem Sex mit ihrem Freund normalerweise fühlen sollte. Ist er das denn? Mein fester Freund? Ich weiß nicht mehr was ich glauben soll. „Und warum siehst du aus als hättest du auf YouTube Videos gesehen, in denen man Katzenbabys foltert?", fragt sie zögerlich und ich denke mir, dass mein momentanes Empfinden dem gleichkommen könnte. Gott, wieso ist er nur wieder abgehauen? Ich verstehe es nicht. Es passt einfach nicht mit dem Logan zusammen, der mich die letzten Tage so umschwärmt und angehimmelt hat. War das bloß seine Masche? Für was? Um wieder zu vögeln? Das ist Schwachsinn.
Kopfschüttelnd werfe ich die Gedanken beiseite und schultere meinen Rucksack, als ich mich zu ihr umdrehe und in ihre neugierigen grünen Augen sehe.
„Er war heute Morgen weg.", erkläre ich und schockiert reißt sie die Augen auf. Sie öffnet den Mund, doch es kommt nichts heraus, dass sie ihn wieder schließt und öffnet und es nochmal wiederholt. „Er... ist so ein Arschloch.", bringt sie schließlich zustande und ich nicke bloß.
„Es ist egal.", winke ich ab, auch wenn es das wirklich nicht ist. Ich wünschte es wäre egal. Ich wünschte ich könnte wirklich behaupten, dass mir nicht einige Tränen unter der Dusche über die Wangen gelaufen sind und ich mir nicht nur einzureden versuche, dass es nicht geschehen ist. Es ist verdammt scheiße, dass ich mich so elend und beschämend fühle, weil Logan mich verletzt hat. Dass er die Macht hat mich zu verletzen ist nicht gut. Jedes Mal, wenn ich jemanden in meinen Herzen lasse werde ich verletzt und Logan ist da keine Ausnahme. Ich muss das in den Griff kriegen. Er darf keine Macht über mich haben und wenn ich ihn nur ein kleines bisschen länger in meinem Herzen wohnen lasse, dann wird er mich zerstören können.
„Willst du nicht darüber reden?", bietet Grace an. Aufmunternd sieht sie mich an und ich höre den Mitleid aus ihrer Stimme heraus. Schnell schüttle ich den Kopf. Wenn ich jetzt darüber rede stehen die Chancen groß, dass ich den Tag unter meiner Bettdecke verbringe und verbittert heule und so bin ich nicht. Ich weine mir nicht wegen Kerlen die Augen aus. „Da gibt es nichts zu bereden.", entscheide ich und streiche meine geföhnten Haare zurück,„Ich muss jetzt los. Essen wir später in der Kan- im Wanda's?" Sie nickt benommen. „Wohin gehst du? Du hast jetzt doch keine Vorlesungen.", hakt sie nach und ich steuere bereits die Tür an. „Ich habe noch was zu erledigen. Schreib mir wann wir uns treffen." Bevor Grace mir nochmal anbieten kann darüber zu reden, reiße ich die Tür auf und eile aus dem Wohnheim, als hätte ich Feuer unterm Hintern.

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