115. Kapitel

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P. o. V. Bella

Zu meinem höchsten Unglück erwachte ich am nächsten Morgen recht früh- sieben Uhr. Ich seufzte leise, drehte mich noch einmal um, doch vergebens. Ich hörte mein Gehirn schon hochfahren, Geräusche machend wie mein altes Notebook mit verstopftem Lüfter. Leise schob ich mich unter der Decke hervor; meine nackten Füße auf dem kalten Boden ließen mich stark frösteln. So schnell ich konnte tippelte ich ins Badezimmer, erledigte das Nötigste und schlich auf Zehenspitzen zurück, um mich wenigstens im Bett ein wenig wärmen zu können. War es die Kälte, die meine Haut versprühte oder meine Bewegung, das Wackeln der Matratze, als ich mich womöglich zu hart niedergelassen hatte, das Marius aufweckte, ich fühlte mich schuldig. Ein wenig gequält und entschuldigend lächelte ich- sogleich erstaunt darüber, dass er überhaupt nicht zerknautscht oder unglücklich über sein Erwachen war. Sogleich ergriff er meine Hand und riss die Augen auf, als er fühlte, wie kühl meine Haut war. "Warum ist dir so kalt? Komm her, ich wärm' dich." Ohne mir Zeit zum Protest zu geben, schlang er seine kräftigen Arme um meinen Torso und zog mich ganz nahe zu sich, so nahe, dass sein Atem mir sanft über das Gesicht strich und mich allein dadurch ein Schimmer wohliger Wärme durchzog. "Tut mir unendlich leid, dass ich dich geweckt habe, vor allem, weil es so früh ist...", murmelte ich ein wenig verschämt. Er musste schmunzeln. "Du hast mich gar nicht geweckt." Er gluckste gleise. "Ist außerdem nicht das Schlechteste, jetzt wach zu sein..." Das warum erwähnte er nicht, ich hakte aber auch nicht nach. Stattdessen weidete ich mich an seiner Aufmerksamkeit, seiner Wärme und Nähe. Er gähnte hinter vorgehaltener Hand. Ich schmunzelte, da kam mir eine tolle Idee. Ich genoss noch unsere Zweisamkeit, ehe die Schwindelnase wirklich wie erwartet wieder eingenickt war und ich entzog mich sanft wie eine Feder seiner Umarmung. Schnell zog ich mich an, das Kleid von gestern musste herhalten, aber das war ja zweitrangig. Um mich für das Essen und den gestrigen Abend zu bedanken, würde ich ihm jetzt einfach ein Frühstück zubereiten. Ich lächelte breit und ein wenig müde über die tolle Idee  und machte mich in der Küche ans Werk. Während ich Wasser für den Kaffee in die Kanne füllte, sprach mich plötzlich jemand an. "Kannst ruhig gerade ein bisschen mehr kochen." Ich erschrak gewaltig, beruhigte mich wieder, im Glauben, es sei Marius, wollte ihn schon lachend dafür schelten, aber als ich mich umdrehte, stand ein fremder Mann in der Küche. Ich riss die Augen auf. Auf den zweiten Blick erkannte ich, wieso man ihn zusätzlich zur ähnlichen Stimme kurz für Marius halten könnte. Zwar waren sein Haar dunkler und die Frisur so, dass man nicht erkennen konnte, ob es gelockt war oder glatt, aber die Physiognomie zeichnete ihn als nahen Verwandten, höchstwahrscheinlich seinen Bruder Alexander Ley, aus. Ich gluckste kurz leise und unterdrückt vor Überraschung. "Morgen. Ich schätze Marius weiß von deiner Anwesenheit, also bin ich mal nicht besorgt. Ich bin..." Ich ergänzte ein wenig unsicher fragend: "Alexander?" Er grinste belustigt. "Genau. Marius hat also schon von mir erzählt, идиота кусок." "Alexander, rede nicht so über deinen Bruder, er hat weit mehr Geld als du." Eine weibliche Stimme mischte sich dazu, ehe ich die Dame sah, die zu dem jungen Mann trat. Dieser ignorierte sie grinsend und fragte mich: "Nun würde ich aber doch gerne wissen, mit wem ich es zu tun habe." Die Dame blickte jetzt erst zu mir, dann zu Alexander, ehe sie ein wenig spitzbübisch zu strahlen begann und mit herzlichen Gesten auf mich zukam. "Na die Freundin von unserem lieben Marius, wer denn sonst, Sascha?" Kurz hielt sie mir ihre Hand hin, dann jedoch ließ sie sie mit einer wegwischenden Geste sinken und breitete ihre Arme aus. "Ach komm, so förmlich ist doch doof. Ich bin Natalja. Und du heißt wie, meine Liebe?" Überrumpelt ließ ich sie mich drücken. "Ähm, hallo, ich bin Bella, also... Isabella." "Isabella...." Sie lächelte mich breit und herzlich an. Der russische Akzent war nicht stark vorherrschend, eigentlich nur an der Intonation und der Aussprache weniger Worte zu erkennen. Ihr Verhalten machte sie eher zur typischen russischen Mutti als ihre Sprechweise. "Kindchen, was machst du so früh morgens hier unten ganz alleine, wo ist denn mein anderer Sohnemann?" Ich schmunzelte zurückhaltend. "Der schläft", antwortete ich, "und ich wollte ihm ein Frühstück machen. Jetzt mach' ich einfach eins für uns alle." "Ach Kindchen, das sind drei russische Männers und wir beide, das ist viel, da helfe ich dir. Was wolltest du denn machen?" Ich überlegte kurz. "Hm, eigentlich wollte ich Pfannkuch-" Sie unterbrach mich schon im Eifer. "Weißt du was? Natalja und Isabella machen jetzt zusammen Blinys." Sie hatte sich an Alexander gewandt. "Guck du mal nach, was es gibt zum Füllen oder ob Brötchen da sind, Brot, sowas..." Mit einer Hand machte sie kuschende Gesten in Richtung Tür. Alexander nickte nur ergeben seufzend und trollte sich. Ich bestand förmlich aus Unwohlbefinden, inmitten unter fremden Leuten, von denen eine mich für die feste Freundin ihres Sohnes hielt, was nicht der Wahrheit entsprach. Der andere hielt mich genau so wenig für die Partnerin, eher für eine von viel zu vielen Affären, von denen er wusste. Wobei, was waren Marius und ich denn jetzt überhaupt? Wir gingen auf Dates, lernten uns kennen- aber war die Tupperdose denn schon zu? Mit anderen Worten: Waren wir an einem Punkt, an dem das Lockere so fest war, dass es quasi keinen Rückweg mehr gab?
Ich stand ein wenig verloren neben Natalja, ehe sie sich mir wieder vollkommen zuwandte. "Gut, wir machen Blinys. Mein Rezept ist eine Garantie für die allerbesten Blinys auf der Welt." Sie zwinkerte. Ich öffnete den Mund, zögerte kurz, dann traute ich mich zu fragen: "Ehm, was sind Blinys?" "Also hat mein Sohn noch keine für seine hübsche Freundin gemacht." Sie lachte. "Typisch. Aber woher sollst du es sonst wissen, Kind. Das sind russische Pfannkuchen."

Fifty Shades of Ley {Marley FF} |✏️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt