117. Kapitel

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P. o. V. Bella:

Nun stand ich da also, festlich und vielleicht etwas frivol gekleidet, "perfekt dem Anlass entsprechend", wie Diana es genannt hatte. Ich starrte mein Spiegelbild kurz durchdringend an, ohne es wirklich eingehend zu betrachten. Der Schwermut, der auch jetzt von mir Besitz zu ergreifen drohte, hatte mir diese ganze Sache heute abend eingebrockt: Einen rechten Grund für meine Laune konnte ich meinen drei Besten nicht geben, das hatten sie aber nur Hand in Hand mit dem Versprechen meinerseits akzeptiert, mit ihnen auf eine Überraschungsparty zu gehen.
Bevor die Ambiguität dieses Wortes missverstanden wird: Es war keinesfalls eine Party, um eine Person zu überraschen, sondern eine Überraschung für mich, auf was für eine Fete wir da überhaupt zusteuerten. Das einzige, was mir ein wenig Auskunft über unsere Destination geben konnte, waren die Vorgaben, nach denen Evke, Kathalina und Diana mein Outfit ausgewählt hatten: Ein kurzes Wickel-Etuikleid mit langen Ärmeln, V-Ausschnitt, das grün schimmerte, nein glitzerte und funkelte wie mit Sternenstaub bezuckerte Lindenblätter.
Zugegebenermaßen sah ich wirklich gut aus, doch selbst dies schien mir verborgen zu bleiben und so hob es erst einmal nicht meine Stimmung. Erst, als kurz darauf meine drei Freundinnen plappernd und kichernd bei mir einschlugen, etwas zum Vorglühen im Schlepptau, ließ ich ein bisschen los. Der ironisch von uns als Aperitif bezeichnete Trunk trug auch zu meiner Lockerung bei und als wir loszogen, war meine anfängliche Unpässlichkeit wie verflogen. Aufgrund unseres jetzigen und geplanten Alkoholkonsums hatten wir ein Taxi vorbestellt; drinnen wurden mir dann plötzlich die Augen verbunden, zusammen mit viel Gegacker. Schon nach der dritten Kurve gab ich auf, dem Weg folgen zu wollen und fügte mich kichernd meinem Schicksal.

Als dann das Fahrzeug unmittelbar stoppte, nickte durch die abrupte Taxibremsung mein Kopf und endlich durfte ich die nervige Augenbinde lösen. "Wehe, ihr habt mein Make-up zerstört!", wetterte ich noch gegen meine drei Freundinnen, die wenigstens noch mein Aussehen konntrollierten, ehe sie ausstiegen und mir den Blick auf die Lokalität ermöglichten. Ich staunte nicht schlecht: Mit unschicklich offen stehenden Lippen starrte ich das kleine Landschlösschen an, das etwas außerhalb der Stadt lag und in dem oft zu ominösen Anlässen schickliche Zusammenkünfte mit der Crème de la crème der Stadt veranstaltet wurden.
Hier fanden natürlich auch Bälle und sogar Partys statt, dass wir uns aber alleine anmaßen konnten, zu der Silvesterparty hier zu erscheinen, verschlug mir die Sprache. Ich starrte fassungslos in die Runde. "Kann mir bitte jemand erklären, wie zur Hölle... Ich meine... Also ich will sagen... Oder eher fragen..." Kathalina zwinkerte nur, Evke grinste und Diana knuffte mich in die Seite. "Sagen wir, durch Zufälle und über bestimmte Wege sind wir eingeladen worden." Ich schluckte meine Starre herunter und grinste breit und freudig. "Selbst wenn du dir die Karten erschlichen oder erschlafen hast- was ich nicht gutheiße- bin ich gewillt, es für diese Nacht wohlwollend zu übersehen." Ich streckte meine Ellbogen heraus, Kathalina und Evke hakten sich ein, während Diana die Vorhut bildete.
Am Eingang stand ein düsterer Kerl im Anzug- Security- doch entgegen meiner vagen Vorstellung wurden wir nicht kontrolliert. Diese Veranstaltung war so gehoben und das Publikum auf die Pike geprüft, dass man jede und jeden kannte und eine peinliche Kontrolle überflüssig wäre.
Noch mehr staunte ich beim Intérieur und dem Ambiente der Feier: Gerechnet hatte ich mit steifen Garcons, die Tabletts mit Champagner herumtrugen, gedämpftes Stimmengewirr mit intellektuellen Gesprächsfetzen und sanfte jazzige Klaviermusik oder vielleicht ein Kammerorchester. Der Saal erhellt durch Kerzen und Kronleuchter, weiße Tischdecken, Porzellangeschirr mit Goldrändern und Blumen.
Doch es lief Popmusik mit tiefen Bässen, der Tanzsaal, durch eine Tür ersichtlich, war nur mit bunten Stroboskopen erhellt und alles schien etwas jugendlicher, flotter, nicht so bieder. Etepetete war es allemal: Vom Montblanc für das Gästebuch bis zu den Garderobenpagen und den Pumps der Mädels mit Swarovskisteinen war alles da. Es hatte also auch nicht den Flair einer echten Party, wie in der Disko oder auf einem Geburtstag. Die Musik war nicht so laut, die Lichteffekte in Kegeln und mit langsameren Bewegungen. Alles schien nicht so hektisch und verschwitzt, sondern mit Glitzer besprenkelt und nach Geld riechend.

Fifty Shades of Ley {Marley FF} |✏️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt