98. Kapitel

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P. o. V. Bella

Ich war gerade dabei, die Haustüre aufzusperren, als mich unverhofft jemand ansprach: "Hey." Ich erschrak mich zu Tode, auch wenn es eigentlich vorhersehbar und die Stimme eindeutig als die von David identifizierbar war. Ich drehte mich herum, musste kurz leise auflachen. "Hey.. Verdammt, du hast mich erschreckt." Er machte einen mitleidigen Gesichtsausdruck. "Tut mir leid, das wollte ich nicht." Ich drückte derweil die Türe auf. "Komm doch rein", nuschelte ich und wir begaben uns hoch zu meiner Wohnung.
Er räusperte sich, als gerade meine Tür klackend ins Schloss fiel. "Wieso bist du nass? Wo warst du?" Ich hob nur seufzend die Augenbrauen und stellte eine ausweichende Gegenfrage: "Möchtest du etwas trinken?" Ernst machte sich auf seinen Zügen breit. "Bella, lenk nicht ab. Wo warst du?" Meine Augen verengten sich bei dem fordernden Ton, der mich an Marius erinnerte, zu wütenden Schlitzen. "Was geht dich das an, wo ich war?", fauchte ich. David hob abwehrend seine Hände. "S-sorry, ich..." Ich unterbrach ihn, das Gesagte sofort bereuend. "Wow, tut mir leid... Ist.. wohl gerade etwas mit mir durchgegangen. Ich... Ich war..." Ich schluckte und musste mich anstrengen, nicht in Tränen auszubrechen. "Ich war bei meinem... Freund."
David holte tief Luft. "Es ist etwas passiert, richtig?", stellte er fest, es war keine wirkliche Frage. "Setz dich doch." Er nickte, zog einen Stuhl heran und nahm Platz, ich stellte ihm  und mir je ein Glas ab und schenkte einfach mal Sprudel ein. Nicken. Auch ich setzte mich hin.

"Ich... war bei meinem Freund und...", ich nahm tief Luft, überlegte, wie ich das ganze umschreiben konnte, ohne etwas zu sagen und doch ohne zu schwammig zu klingen, "und wir hatten eine... Auseinandersetzung. Es war noch einer seiner Kumpels da." Ich starrte auf meine Hände, dann in mein Glas, das ich zum Trinken anhob, es dann aber doch unangerührt wieder hinstellte. Mir war übel.
David musterte mich. "Möchtest du mir erzählen, worum es ging?" Ich nahm wieder tief Luft. "Ich..." Ich brach ab. Schwieg, konnte ihn nicht ansehen. Nicht in dieses nette Gesicht, umrahmt von den braunen Haaren. "Hat er dich verletzt, ist er ausfällig geworden?", fragte mein Gegenüber vorsichtig nach. Ich lachte leise und bitter auf. "Kann man so sagen." Er zog die Luft ein. "Das klingt vielleicht hart und als wäre ich eifersüchtig, aber... Willst du dich nicht trennen?"
Ich biss mir auf die Lippe und setzte an zu antworten, doch kein Laut kam aus meiner Kehle.
"Sollen wir ein bisschen in die Stadt fahren?", schlug er plötzlich vor. "Ich sollte dich doch auf andere Gedanken bringen." Ich sah ihn erstaunt an. "Wir könnten Billard spielen gehen." Murmelnd gab ich ab: "Hab ich noch nie gemacht, ich kann das nicht." Er schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln. "Dann zeige ich es dir eben. Aber zuerst ziehst du den nassen Pulli da aus." Ich nickte tapfer und schenkte ihm ein Lächeln. "Ist es in Ordnung, wenn ich schnell dusche?", horchte ich zaghaft nach und er lachte. "Sicher, natürlich, geh nur."

Mit anderen Kleidern, in denen ich mich tausendmal wohler fühlte und frisch geduscht trat ich ins Wohnzimmer. "Sehe ich dich auch mal ohne deinen Bürofimmel", grinste er und auch ich musste schmunzeln. "Dann muss ich ja extrem assi wirken, oder?" Er lachte und nickte. "Total", gab er mit ironischem Unterton dazu ab.
Ich schmiss ein paar Dinge, die wichtig sein konnten, in einen kleinen Rucksack- an meine Armanitasche wollte ich nicht denken- und sah an mir herunter. Jeanshose, Hemd und darüber ein Pullover. Es war kühl geworden.
"Ich muss dich leider enttäuschen, ich habe kein Auto", entschuldigte er sich lachend, als wir aus der Zentraltür das Haus verließen. Auch ich lachte. "Ich habe auch kein Auto und komme super ohne zurecht, ich bin es gewöhnt, zu laufen."
Gemeinsam liefen wir den Weg bis zur U-Bahn, fuhren in die Stadt und schlenderten durch die Straßen. Mir ging es ein wenig besser, nur der Schmerz machte sich bemerkbar und piesackte mich die ganze Zeit.
David führte mich in ein Billardcafé, wo er uns beiden etwas zu trinken bestellte und wir uns dann an einen der Tische bequemten. David stellte die Kugeln in die richtige Formation und begann, mir das Prinzip zu erklären, die ersten Spielzüge zu machen.
Wir lachten und scherzten, tranken irgendwelches Zeugs, das verdächtig nach Alkohol schmeckte und spielten Billard. Irgendwann stampfte ich spielerisch mit dem Fuß auf den Boden. "Ach menno, ich krieg ja gar nichts hin", jammerte ich. Er grinste, trat hinter mich und griff um meine eine Hand und richtete damit den Queue aus. Die andere Hand legte er um meine Taille, ganz behutsam, und stieß dann die weiße Kugel an, die so geschickt eine andere traf, dass gleich zwei Objektbälle einlochten. "Siehst du, du kannst das", gab er mit gedämpfter Stimme zurück, ehe er sich etwas von mir entfernte und mich mit klopfendem Herzen stehen ließ. Das war doch nicht richtig, was ich hier tat, schoss es mir sofort durch den Kopf.
Was Marius nicht weiß, macht ihn nicht heiß, antwortete sehr 'innovativ' eine fordernde Stimme in meinem Kopf. Außerdem musst du ja nicht mit ihm in die Kiste. Gefickt wurdest du heute ja genug.
Ich seufzte nur leise und leerte schnell mein Glas. "Soll ich noch etwas holen?", fragte der Braunhaarige und ich lächelte, nickte. "Aber bitte antialkoholisch, sonst fange ich an, schmutzige Lieder zu grölen!" Mit einem Lachen auf den Lippen machte er sich auf den Weg zur Bar und ich warf einen Blick aus dem Café in die Nacht. Ich kniff meine Augen zusammen, sah genauer hin, mein Herz schlug schneller. "Nein, das kann doch gar nicht...", murmelte ich leise. "Was kann nicht?", fragte David munter nach. Ich fuhr zusammen und erwiderte steif: "Ach, nichts... Ich dachte, da wäre jemand, den ich kenne und dem ich nicht gerne begegnen würde, und er hätte mich gesehen, aber ich habe mich anscheinend geirrt." Ich schenkte ihm ein Lächeln. "Na dann", gab er nur fröhlich zurück und wir wandten uns wieder dem Spiel zu.

Es war spät, als wir beschlossen, zu gehen und wir beide waren etwas angetrunken, ich aber mehr als er. "Hast du Hunger?", fragte er, als wir durch die nicht mehr stark bevölkerten Straßen promenierten. "Eigentlich nicht", antwortete ich, als genau in jenem Moment mein Magen knurrte. Etwas auf den Schlips getreten blickte er mich an. "Sag nicht, du bist so eins dieser Weiber, das hungert oder maximal einen Salat frisst." Ich hob beide Augenbrauen und gab trocken als Antwort, die ich nie nüchtern gesagt hätte: "Nein, aber wenn du zu einem Dreier gedrängt worden wärest und dabei deine Grenzen absolut überschritten wurden, dann hättest du sicher auch nicht wirklich Appetit." Er entschuldigte sich sofort, ich winkte ab. "Ach, halb... halb so schlimm." Kurzes Schweigen. "Aber ich find's cool, dass du mir eine Antwort gegeben hast, also, du weißt schon... So einen Konter. Habe ich selten erlebt." Ich grinste. "Wenn man zu mir was sagt, muss man mit dem Echo umgehen können."
David hatte im Gegensatz zu mir Hunger und aus Höflichkeit, damit er nichts alleine essen musste, holte ich mir auch ein Stück Pizza, das ich mir irgendwie aufzwang.
Unvermittelt griff er nach einer Viertelstunde, nachdem wir über Konter und gute Entgegnungen geredet hatten, meinen Anfangssatz auf. "Du bist so schlagfertig. Wieso sagst du deinem ominösen Freund nicht mal die Meinung?"
Ich war die ganze Zeit ganz gut drauf gewesen, nun wanderten meine Mundwinkel nach unten. "Das... ist glaube ich kompliziert." "Entschuldige bitte, war ungeschickt."
Kurzes Schweigen, wir aßen auf. Er blickte mich an, als ich kurz gähnte. "Ich... ich hoffe ich bin nicht zu vorschnell und ich will auch sicher auf nichts hinaus, aber irgendwie will ich dich nicht gern so alleine nach Hause fahren lassen." Berührt von dieser Geste sah ich ihn mit erstaunt geweiteten Augen an. "Soll ich fliegen oder was?" Er grinste. "Nein, du Depp. Wenn es dir nichts ausmacht, kannst du bei mir schlafen." Ich zögerte wirklich nicht lange. "Das ist echt nett, gerne. Ich glaube ich brauche ein bisschen Abstand zu meiner Wohnung."

Wir machten uns auf den Rückweg. Bei ihm angekommen, wurde mir ein wenig flau im Magen, aber größtenteils war ich froh. Froh, von alledem weg zu sein, was mich belastete und mit einem Menschen Zeit zu verbringen, der mich wirklich schätzte. Meinen Charakter schätzte. Nicht mein Aussehen und meine Fickbarkeit.
David ließ sich nicht davon abbringen, selbst auf der Couch zu schlafen und so lag ich spät nachts in einem fremden Bett, dass nach einem mir nicht ganz fremden Mann roch und ich schlief schnell ein.


Was haltet ihr von David? :)



Fifty Shades of Ley {Marley FF} |✏️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt