3. Kapitel

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P. o. V. Bella

"Herein!" Mein Herz hämmerte fest gegen meine Brust, aus Aufregung und sicher auch wegen der Stimme, die mich so eben zum Eintreten aufgefordert hatte. Sie klang voll und warm, trotzdem ein wenig kantig und hatte etwas Härte in sich. Ziemlich passend für den Boss eines solchen Imperiums wie Ley Inc. Meine Knie wurden weich und ein Schauer überlief mich. Ich hatte zum ersten Mal die Stimme von Herrn Ley gehört und das Bild, das ich von ihm im Kopf hatte, veränderte sich erneut. Ich wusste zwar, dass er auch noch relativ jung war, doch Bilder hatte ich keine gefunden, und drohte mir das Herz nun gar aus der Brust zu springen, als ich vorsichtig die Tür öffnete und eintrat. Ich straffte meine Haltung, zog meine Schultern zurück und hob mein Kinn an, richtete sofort den Blick auf den Anzugträger, der mit dem Rücken zu mir aus der riesigen Fensterfront auf die Stadt blickend stand. Er maß circa 185 cm, schien ziemlich muskulös, was ich aus seinem bewundernswert breiten Rücken ableitete. Er schien starkes Krafttraining zu betreiben, denn nun sah ich auch seine Bi- und Trizepsmuskeln unter dem schwarzen Anzug spielen, als er seine verschränkten Arme löste und sich dann endlich zu mir umwandte.

Schockmoment. Ich erstarrte zu einer Eissäule.

 "Guten Tag, Frau Swan."
Seine Haare waren straßenköterblond und lockig, mit einem schlichten Undercut und oben in der gebändigten Lockenmähne mit etwas Haargel gekonnt gestylt. Aus seinem markanten Gesicht mit Jawlines so scharf wie eine Rasierklinge stachen seine meerblauen Augen hervor. Seine ebenmäßigen Züge ergänzte ein gepflegter 14-Tage-Bart, der ihm Reife, Seriösität und Maskulinität verlieh.
Den letzten Schliff gab dem Ganzen eine modische Brille, die er in der Hand gehalten und nun, als er auf mich zuschritt, aufgesetzt hatte. Ich musste meine ganze Kraft aufwenden, normal zu sprechen. Ich sah mich nicht nur einem der erfolgreichesten, mächtigsten, einflussreichsten jungen Männer der Stadt gegenüber sondern auch einem der attraktivsten.
"Guten Tag, Herr Ley. Ich freue mich außerordentlich, heute hier sein zu dürfen." Er schenkte mir ein leichtes, vielleicht etwas neckisches Lächeln. "Setzen Sie sich doch." Mit einem leise gemurmelten Dank ließ ich mich auf dem sehr edlen Stuhl nieder, vorsichtig und zunächst nur auf der Kippe, da ich das Gefühl hatte, ich Bauerntrampel sei nicht für solch kostbares Mobiliar bestimmt. Er nahm genau mir gegenüber auf der Seite des modernen und wahrscheinlich unfassbar teuren Sekretärs Platz. Er faltete, wie in jedem verdammten Film, seine Hände und sah mich auffordernd, aber nicht bösartig und absichtlich einschüchternd an. "Nun denn, erzählen Sie doch ein bisschen über sich, Frau Swan."

Ich nahm tief Luft und begann sogar den Umständen entsprechend gut meine vorbereitete Rede zu halten. "Wie Sie bereits wissen, mein Name ist Isabella Swan, ich bin 19 Jahre alt und habe vor kurzem meine verfrühte Ausbildung zum Assistant Director gemacht." Ein leichtes Grinsen konnte er sich nicht verbeißen. "Isabella Swan?" Ich wurde etwas verlegen und ein leichter Rotschimmer legte sich auf meine Wangen. "Ja, wie die Protagonistin aus Twilight... Ist aber Zufall. Der Roman wurde erst nach meiner Geburt veröffentlicht ." Zwar war es nicht mein Lieblingsthema, aber das Informelle an unserem Gespräch ließ meine Anspannung ein wenig sinken und ich konnte ein wirklich aufrichtiges Lächeln auf meine Lippen zaubern, jedoch ohne unprofessionell zu wirken. "Ein Glück, dass ich nicht Edward Cullen heiße." Ich grinste ein wenig breiter. Okay, er hatte Humor, zumindest etwas in der Art. Es war mir sympathisch, dass er trotz seiner sozio-ökonomischen Position nicht so unerreichbar schien, dass er mit mir auf annähernder Augenhöhe sprach. "Aber nun zurück zu ihren Qualifikationen. Sie sagen, Sie sind 19 und schon fertig mit ihrer Ausbildung als Assistant Director? Und dazu mit überdimensional guten Noten, wie ich es Ihren Zeugnissen entnommen habe! Wie kommt das?"

Er schien wirklich interessiert, denn er hatte seine Brille abgenommen, hielt sie an einem Bügel fest und sah mich aufmerksam an. Ich zögerte eine Sekunde, sein Äußeres beeinflusste mich mehr, als ich wollte; doch dann fuhr ich fort, natürlich war ich auf diese Frage vorbereitet. Ich hatte diese Frage schon so verdammt oft gehört. "Ich bin eigentlich normal eingeschult worden, habe dann aber zwei Klassen übersprungen. Einmal die erste, weil ich schon lesen und rudimentär schreiben konnte, und später die sechste Klasse. Dann habe ich mein Abitur mit gerade einmal 16 Jahren abgeschlossen und bin verfrüht mit der Ausbildung fertiggeworden."

Er war beeindruckt, doch er zeigte es nicht in vollumfänglichem Maße. Anscheinend wollte er nicht in sich lesen lassen. "Sie wollten nicht studieren?" War das eine Fangfrage? Ich verneinte kopfschüttelnd. "In dem Alter wollte mich keine Eliteuniversität haben und jetzt nach der Ausbildung habe ich, ganz offen gesagt, keinen Antrieb dazu. Zudem müsste ich alles selbst finanzieren, Bafög reicht ja offen gestanden nicht, und dazu ist es mir nicht wichtig genug. Denn wissen Sie: ich bin an vielerlei interessiert und wüsste mich auf Anhieb nicht direkt für ein Studienfach zu entscheiden. Außerdem habe ich durch die Ausbildung schon Einblicke in die Arbeitswelt genießen können und möchte mich nun nicht mehr gerne einer auf lange Zeit theoretischen Tätigkeit widmen."
Ich war so froh, dass ich so locker wirkte, denn innerlich bebte ich wie ein Häuschen bei einer Erdplattenverschiebung. Ich war einfach aufgeregt und hatte Angst, Fehler zu machen, und dann war da eben auch noch Herr Ley. Neben seinem unfassbar unverschämt guten Aussehen wies er eine Ausstrahlung auf, die mich durch und durch nervös machte. Das war mir so ähnlich schon häufiger passiert, aber noch nie in so hohem Ausmaß. Er war die Respektsperson schlechthin und ich konnte mich seiner Wirkung nicht entziehen. Es war, wie als würde sich alles nur noch um ihn drehen. Als würde ich von ihm angesogen werden.


Er legte mein letztes Dokument zur Seite und blickte mir lange und tief in die Augen, sodass mir schlecht wurde und ich Angst bekam, mich übergeben zu müssen, solch eine Wirkung hatte er auf mich. Dann schien er einen Beschluss gefasst zu haben, denn er zog etwas aus einer Schublade.  Er räusperte sich kurz und diskret.
"Ich will ehrlich zu Ihnen sein, Frau Swan. Sie sind einfach komplett überqualifiziert, etwas Besseres werden wir hier nie bekommen. Außerdem sagt mir ihre Art sehr zu und Sie scheinen jemand zu sein, dem sein Äußeres nicht vollkommen egal ist, worauf ich bei meiner Firma Wert lege, vor allem bei denjenigen mit Publikumsverkehr. Ich habe außerdem schlicht und einfach nicht die Zeit, mir die langweiligen Bewerbungen dieser inkompetenter Stümper*innen anzuhören, mit der geringen Möglichkeit, unter ihnen befände sich jemand, der Sie überträfe. Jetzt ohne formelle Umschweife, ich würde Sie sehr gerne einstellen. Hier ist das Formular."

Fifty Shades of Ley {Marley FF} |✏️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt