Bonuskapitel Geschäftsreise

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P. o. V. Bella:
Marius entledigte sich genüsslich seiner Anzugjacke, die er galant der Lehne einer meiner Küchenstühle überließ, sich beinahe gleichzeitig  zu mir wendend. Warme Blicke streiften meinen Körper, ruhten auf meinen Augen und sprachen alleine so viel von Zuneigung, alsdass ich es kaum hätte in Worte fassen können. Glückselig seufzend trat er näher zu mir, ein, zwei Schritte, um mir liebevoll weiter in die Augen zu sehen und meine Wange zu streicheln. Ehe ich mich versah, hatte er mir einen kurzen, unschuldigen Kuss gestohlen. Ich lächelte verlegen, auch seine Mundwinkel waren Zeichen der reinen Zufriedenheit.
"Wir... wir zwei hätten eine Geschäftreise anstehen", merkte er wie beiläufig an, als er eine vorwitzige Strähne hinter mein Ohr strich. Ich war schon wieder so von seiner Präsenz gefesselt, dass ich seine Worte kaum verarbeiten konnte, erst recht nicht, weil er erneut kurz seine Lippen auf meine presste. Ich tastete nach seiner Hand, sein Antlitz nicht aus den Augen lassend. "Geschäftsreise? Wir?" Er nickte bejahend. Noch ein Kuss. "Wir zwei." Noch einer. "Nach Russland." Schon wieder. "Montag morgen." Und erneut. Ich versuchte, schnell etwas zu sagen, bevor er mich wieder auf so schöne Weise unterbrach, doch war das Problem, dass mein Kopf auf die Schnelle nur Quatsch zustande brachte. "Montag? Einfach so? Und ich soll mitkommen, also brauchst du mich jetzt so richtig oder nur, weil-" Ich brachte den Satz nicht zu Ende, schon wieder seinetwegen. "Ach Bella...", raunte der Blonde mit gesenkter Stimme, griff sich mein Kinn und ließ jetzt gar keine Pausen mehr zwischen den Küssen, sodass sich mir alsbald der Kopf drehte. So unschuldig, wie es begonnen hatte, fühlte es sich nicht mehr an, er nahm sich mehr Zeit und mehr Intensität und kurz darauf spürte ich seine warmen Hände an meiner Taille, wurde sanft gen Tür bewegt...

Ich schreckte aus meiner Tagträumerei heraus, eine Erinnerung einiger Tage zuvor und das Kribbeln, dass mit dem Vorgeschmack auf das weitere Geschehen in mir aufgestiegen war, würde partout nicht verschwinden, so viel wusste ich bereits. Auch wusste ich, dass ich gerade in der Bahn zum Flughafen saß. Mittlerweile hatte ich Marius dazu überreden können, nicht auf das Auto zu bestehen. Leicht ließ ich meinen Kopf nach links auf Marius' Schulter kippen und schloss wieder die Augen. So früh...
Am Flughafen und vor allem im Flugzeug war ich (zumindest anfangs) wieder hellwach.
Obgleich ich für meinen Teil nie freiwillig zu dieser Uhrzeit das Wachen dem Schlafen vorzöge, herrschte hier schon geschäftiges Treiben einiger Menschen. Es war um Gottes Willen alles andere als voll, aber doch stärker besucht, als von mir erwartet.
In einem seltsamen Zustand zwischen schläfrigem Wandeln und aufmerksamer Beobachtung folgte ich dem wie immer souverän wirkenden Marius durch die endlosen Hallen und Korridore. "Um Gottes Willen, hier kann man ja leben", entfuhr es mir irgendwann halblaut und ich erntete ein Grinsen meines Freundes, selbiger ließ seine Blicke über die Geschäfte hier schweifen.
Der ältere Herr am Checkin grinste über mein übermüdetes Aussehen und merkte mit einem Zwinkern an, dass ich ja im Flugzeug ein wenig schlafen könnte.
Bei dem Wort "Flugzeug" pochte mein Herz wie die Male zuvor ganz wild, denn es war ewig her seit meinem letzten Flug. Die Minute des Abhubs rückte immer näher, ich vertrieb mir die Zeit mit Marius auf Stühlen fläzend, halb schlummernd, Peoplecheck betreibend. Im Halbschlaf zog ich für mich das Ergebnis, dass ich Flughäfen überaus mochte und ich war fast ein bisschen traurig, als der Blonde dann mit mir zum Terminal aufbrach.
Im Gang zur Maschine, übrigens erste Klasse, bis zur vergangenen ersten halben Stunde in der Luft hämmerte mein Herz so wild, dass ich danach erschöpft für einige Stunden schlief.
Im Endeffekt weckte mich das rumpelnde Aufsetzen der Räder und ich starrte in den hell-diesigen Vormittag Moskaus Umgebung. Aufgeregt und ein wenig schüchtern schielte ich zu Marius, der entspannt neben mir saß. Kurz darauf bemerkte er mein Erwachen und schenkte mir ein warmes Lächeln. "Willkommen in Russland", grinste er. Mein Gesichtsausdruck mäanderte zwischen freudiger Erregung, die sich in glänzenden Augen und einem Lächeln äußerte, überrumpelter Unsicherheit und ungläubigem Staunen, sogar kritischem Zweifeln. Ich wusste wirklich nicht recht, was ich davon halten sollte- ich war in Russland.
Ein Land mit atemberaubender Natur und altehrwürdigen Städten, der größten Oberfläche als ein Nationalgebiet weltweit- so viele Zeitzonen in einem Land vereint! Die Bevölkerung hier in der Nähe Moskaus war sicher nicht stellvertretend für die russische Gesamtheit, wenn es sowas überhaupt gab. Ein Land zwielichtiger historischer Ereignisse; von Relikten der gestürzten Zarenfamilie bis zu verbliebenen Nestern einer missbrauchten kommunistischen Diktatur fand sich hier sicherlich alles.

Ich nahm einen tiefen Atemzug, als ich wieder asphaltierten Boden unter den Füßen hatte; füllte meine Lungen mit der fremdartigen Luft an, die enttäuschenderweise genau so nach Abgasen und Staub roch wie überall sonst auch. Manchmal sehnte ich mich nach einem beschaulichen Leben auf dem Land, wo sogar das Gras vor Leben pulsieren musste. "Bereit?", zwinkerte der Blonde neben mir und knuffte mir leicht und liebevoll in die Seite. Ich erwiderte seinen Blick etwas gequält: "Ich muss ja wohl, nicht?" Volles, warmes Lachen, das mir auch die Mundwinkel in die Höhe zauberte. "Ja. Du hast wirklich keine Wahl. Wir haben aber auch leider keine Zeit, wir fahren sofort ins Hotel, ziehen uns um und haben die erste Lagebesprechung." Nicht einmal die Muße zu nicken fand ich, zu schnell stolperte ich hinter Marius her, der mir einige Meter weiter galant die Tür eines Taxis aufhielt. "Unser Gepäck ist schon eingeladen", beantwortete er mir meine unausgesprochene Frage und wir fanden uns auf dem Rücksitz wieder. Mit einigen russischen Worten wandte er sich an den Chauffeur, der etwas erwiderte und wir über die Start- und Landebahn auf eine Straße rollten. Schon bald hatte uns der teils zäh-verstopfte Straßenverkehr der Hauptstadt aufgesogen und Marius nutzte die Zeit, mit mir alles Anstehende zu besprechen. Wie von alleine legte sich der Schalter in meinem Kopf um und ich nahm die mich in einer anderen Situation komplett beanspruchende Umgebung gar nicht wahr. Erst, als Marius sein Notebook zuklappte, den Satz beendete, stürzte alles auf mich ein. Ich schüttelte beinahe unmerklich den Kopf, um Klarheit zu erlangen. "Ist was?", erkundigte sich mein Nebenmann. Ich verneinte. "Ich muss mich nur kurz beherrschen, so viel Neues hat mich einen Moment überfordert." Ich zog eine Grimasse. Marius grinste. "Gleich bist du sowieso so eingespannt, dann hast du gar keine Zeit. Denk daran, was ich dir über die neuen Investitionen gesagt habe und was auf jeden Fall nicht fallen darf, okay? Sonst dauert das wahrscheinlich noch länger." Das Taxi kam unvermittelt zum Stehen und durch das Fenster konnte ich nur klitzekleine Ausschnitte des Gebäudes erkennen, das sich nach dem Aussteigen als luxuriös-modernes Tagungshotel entpuppte. Marius wechselte noch einige Worte mit dem Taxifahrer, drückte ihm ein paar Scheine in die Hand und stieg aus. Kaum balancierte ich unsicher auf dem Gehsteig, konzentriert, nach dem vielen Sitzen ordentlich zu gehen, eilte Personal herbei und entledigte uns unseres Gepäcks. Erneut regelte Marius alles in dieser fremdartigen Sprache; an der Rezeption war es nicht besser. Als wir gemeinsam über den weichen Teppichboden zum Aufzug schritten, konnte ich nicht anders, als meine Gedanken auszuformulieren: "Ich kann mir nicht helfen, Marius. Egal, was du so mit allen Leuten redest, sei es nur Hallo und auf Wiedersehen, es hört sich immer nach einem schlimmen Verbrechen mit mindestens einer Leiche an." Er unterdrückte ein Lachen, das in einem Prusten ausartete. "Dass du das sagst, darauf habe ich gewartet", feixte er und entriegelte die Tür zu unserem Zimmer.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 04, 2021 ⏰

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Fifty Shades of Ley {Marley FF} |✏️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt