68. Kapitel

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P. o. V. Bella

Ich starrte in den Spiegel, sah mein Spiegelbild kritisch an. Was war falsch an mir, dass er mich nicht wollte?
Ich lachte leise, trocken, zynisch.
Anscheinend war ich zwar gut genug zum Vögeln, aber an sich ran ließ er mich doch nicht. Er wusste ganz genau, dass ich auf dem besten Weg war, mich in ihn zu verlieben und was tat er? Er nutzte es aus, um an mich ran zu kommen und mich als sein neues Spielzeug zu benutzen. Eine Träne rollte aus meinem Auge über meine Wange und tropfte vom Kinn. Wieso ich? Wieso so?

Das Schlimme war, dass er mir noch eine neue Welt eröffnet hatte, die mich immer mehr und immer mehr in ihren Bann zog- aber nun, wo ich wusste, wie es in seinem Kopf aussah, ekelte mich das alles nur an. Ich selbst ekelte mich an, wenn ich daran dachte, was für perverse Spielchen ich für ihn mitgespielt hatte- und das würde sich so schnell nicht ändern, wenn ich mich nicht von ihm abwandte. Und das war absolut keine Option- dafür war ich viel zu sehr abhängig von ihm. Vielleicht konnte ich das Blatt wenden, ihn bekehren, aber zumindest hatte ich die Möglichkeit, mich in den vorherigen Zustand hineinzuversetzen, wenn ich mitspielte. Dann hatte ich ja fast so etwas wie eine Beziehung- es würde mir zumindest reichen. Es würde reichen, in dem Glauben zu sein, er sähe in mir mehr als ein Püppchen, dass er nur hat, um seine Lust auszuleben. Würde mich wirklich mögen und eines Tages könnte daraus mehr entstehen. Hoffentlich reichte das...
Ich musste einfach versuchen, nicht daran zu denken, weiter den Kopf ausgeschaltet zu lassen und mich auf ihn konzentrieren, denn wenigstens war ich die Einzige und er hatte nicht noch mehr andere Weiber, Nutten, gleichzeitig. Ich musste beginnen, rational zu denken und es zu genießen- das hatte ich vorher ja auch.

Ich schluckte fest und nickte, lächelte mir zu und schon ging es mir etwas besser. "Marius Ley- so schnell kriegst du mich nicht kaputt", murmelte ich, ehe ich dann fertig hinunter ging, wo der Blonde sich noch aufhalten musste. Ich betrat die Küche, sah, wie er sich auf der Küchentheke abstützte und etwas in seinen Laptop eintippte, seine Augen bewegten sich schnell hinter der Brille hin und her. Er blickte nicht zu mir auf, arbeitete einfach weiter; ich hörte nur das unregelmäßige Klackern der Tastatur und einmal kurz ein Räuspern seinerseits, das aber keinen Redebeitrag einleiten sollte. Meine Laune drohte gerade einmal wieder in den Keller abzusacken, aber ich begann hart innerlich mit mir selbst zu schimpfen und schob den Gedanken an schlechte Laune weit weg. Ich näherte mich ihm einfach ohne Scheu, zumindest ohne sichtbare, und blickte von der Seite auf den Bildschirm, um zu erfahren, weswegen er mich ignorierte.

Es war leider etwas sehr Langweiliges mit vielen Zahlen, doch trotzdem erkannte ich verschiedene Rechnungen; Zahlungsein- und Ausgänge. Meine Augen überflogen die verschiedenen Zahlen und prüften sie ohne weiteres Nachdenken auf ihre Richtigkeit ab. Kurz bevor ich die Stelle erreichte, an der er gerade etwas eintrug, fiel mir eine Differenz auf. Ich deutete mit meinem Zeigefinger auf ebenjene inkorrekte Zahl und sah ihn auffordernd an. "Hast du was oder willst du mich vom Arbeiten abhalten?" Das leichte Grinsen um seine Mundwinkel war ein gefährliches Grinsen, zynisch, und sah aus, als könne es jeden Moment zu einem bösartigen, rachelustigen werden. "Ersteres", gab ich etwas hochnäsig zurück, "es gibt eine Differenz in den Rechnungen. Hier.." Ich ließ den Zeigefinger um diese Stelle kreisen, um es noch deutlicher zu machen. "Es stimmt nicht überein, du hast dich vertan." Eine seiner Augenbrauen wanderte nach oben. "Ach ja, hab ich das?" Er ließ einen schnellen Blick darüber schweifen, wollte cool und routiniert wirken, aber dafür brauchte er etwas zu lange, bis er den Fehler bemerkt hatte. Schnell änderte er die Ziffer. "Passiert", gab ich mit einem ehrlichen Lächeln noch dazu ab, wandte mich dann um und trank mein Glas leer, ehe ich es erneut mit Wasser füllte. Noch während ich dabei war, genießerisch das kühle Leitungswasser meine Kehle herabfließen zu lassen, hörte ich, wie das Notebook geschlossen wurde; die nächsten Geräusche ließen die Schlussfolgerung zu, dass er die paar Schritte zu mir tat. Sanft legten sich seine warmen Hände um meine Taille, ich spürte seinen Oberkörper an meinem Rücken. Sofort wurde mir abwechselnd heiß und kalt, während gleichzeitig Gefühle von Geborgenheit sowie Schutz, aber auch Misstrauen und etwas wie Angst durch meine Adern pulsierten.

Er schien meinen aufwallenden Herzschlag zu bemerken, ich fühlte, wie er grinste. "Du bist irgendwie niedlich... Wie so ein kleines Kätzchen: Du fährst einerseits ganz schön die Krallen aus, andererseits bist du immer noch ängstlich, hab ich recht?" "Angst ist nicht das richtige Wort", nuschelte ich leise, blickte ihn nicht an und machte auch keine Anstalten, mich umzudrehen.
"Mhh... na, wenn du willst. Aber hast du dich eigentlich in Sache Bett etwas eingekriegt?" Ich presste die Lippen aufeinander, fühlte wieder dieselben Gefühle in mir aufkeimen wie zuvor bei der Diskussion. Ich schüttelte nur stumm den Kopf. "Ich glaube, ich weiß, wie ich dir diese Allüren austreiben könnte..." Ein Kribbeln ging von meiner Magengrube aus. Der raue, gedämpfte Ton hörte sich an, als würde er Sex wollen, obwohl er mit keiner Silbe ähnliches angedeutet hatte. Ich fühlte es nur als dumpfe Vorahnung, die gemischte Gefühle in mir aufsteigen ließen. "Baby, ich wollte dich noch loben für dein eigentlich gutes Verhalten heute... Ich hätte nicht damit gerechnet, dass du meiner Aufforderung folgst und dich vor T ausziehst." Ich biss mir auf der Lippe herum und bemühte mich, das von ihm Gesagte möglichst zeitnah zu verarbeiten, um eine angemessene Antwort geben zu können.

"Er hat mich doch schon in einer weitaus intimeren Position gesehen", gab ich dann als Erklärung ab. "Aha... Und du hattest Angst? Oder warst du willig auf uns beide, denn objektiv betrachtet sieht er ja gut aus." Ich stockte, kam in Erklärungsnot. Ich wusste es selbst nicht ganz... Vor Marius würde ich mich mittlerweile beinahe überall ausziehen- wenn er es wollte. Bei T... war es, glaubte ich, die Angst und die Stiche, die er mir mit dem Gesagten versetzt hatte.
Schließlich murmelte ich ein leises: "Weiß nicht, vielleicht beides, vielleicht nichts davon?"
In einer weichen Bewegung strich Marius mir eine Strähne hinters Ohr, die vor mein Gesicht gefallen war und gab gleichzeitig mehr Raum, dass ich mich bewegen konnte. "Sieh mich an, Baby, mh?" Ich drehte mich zu ihm und blickte in seine hypnotisch blauen Augen, wurde fest in weiche Nebelschwaden aus Gefühlen gehüllt. Das passierte mir jedes verdammte mal und es war nicht gut...
"Das war nur ein kleiner Vorgeschmack auf eventuelle, zukünftige Ereignisse. Nur.....nur so als Info." Er lächelte.
Welch gemeine Ironie! Er erzählte mir etwas für mich unerfreuliches und lächelte dabei. Aber ich wurde nicht wütend oder traurig deswegen. Ich horchte in mich hinein und fühlte nur leichtes Unwohlbefinden bei dem Gedanken, näheren sexuellen Kontakt zu dem Blauhaarigen zu pflegen. Aber es bereitete mir kein Kopfzerbrechen mehr.

Dies blieb auch dem Blonden nicht verborgen. "Uh, Kätzchen", begann er erstaunt, "du bist ja gar nicht empört. So kenne ich dich gar nicht." Ich lächelte nur leicht, etwas abwesend, zuckte mit den Schultern. "Ach, weißt du, man soll ja immer Neues probieren. Außerdem kann es für mich nur schöner werden- denn drumherum komme ich nicht, oder?"




Fifty Shades of Ley {Marley FF} |✏️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt