Teil 4

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Nachdem meine beiden besten Freunde mich noch den Rest des tagen ausgelacht und ich jedes Mal, wenn ich Levi auf dem gang oder bei gemeinsamen Unterrichtsstunden über den Weg gelaufen war rot angelaufen war und mich schnell weggedreht hatte, traf ich mich nach meiner letzten Stunde mit Clea am Stein (das war irgendein Gedenkstein mitten auf dem Schulhof, der an den Parkplatz grenzte und wir hatte ihn zu unserem Stammplatz auserkoren).

Mein Freundin stand bereits dort und lehnte sich gegen den kalten Stein, das Handy in der Hand. Während ich mich ihr näherte bedachte ich sie mit einem Blick, der vielleicht sogar etwas Neid bedeutete. Clea war das schönste Mädchen an der ganzen Schule, ohne dabei von Schminke überladen zu sein. Ihre langen goldenen Locken wurden ihr vom Wind über die Schulter geweht, sodass sie hinter ihr im Wind flatterten. Ihre Haselnussbraunen Augen glitzerten in der Sonne und sie hatte ein leicht verzücktes Lächeln auf den Lippen.

Wahrscheinlich schrieb sie gerade mit einem Jungen, den sie sich als nächstes um den Finger wickeln konnte. Vielleicht machte sie sogar ein date mit Levi klar, nachdem sie ihn am letzten Freitag so erfolgreich ins Bett bekommen hatte.

Bei dem Gedanken an Levi durchzuckte mich sofort wieder die Verlegenheit. Und als hätten meine Gedanken ihn herbeigerufen, kam er genau in dem Moment um die Ecke und ich rannte beinahe in ihn rein, aber starrte auf sein Handy in der Hand und beachtete mich gar nicht.

Verstohlen warf ich ihm im vorbeigehen einen Blick zu und stellte fest, dass er die Stirn sorgenvoll gerunzelt und die Brauen beunruhigt zusammengezogen hatte. Aber seine dunklen Locken fielen ihm so vors Gesicht, dass ich mir dabei nicht ganz sicher sein konnte.

Ich schüttelte den Kopf und drehte mich wieder in Richtung meiner Freundin.

Sie hatte ihr Handy mittlerweile in ihre Hosentasche gesteckt und kam mir entgegen. Ihre Haare wippten bei jedem Schritt von links nach rechts und ihr Gang wirkte anmutig. Nicht wenige sahen ihr bewundernd nach, auch wenn einige Blicke mehr ihrem Hintern galten.

Clea jedoch schien das nicht zu interessieren. Sie lächelte mich nur an, als sie vor mir zum Stehen kam und hakte sich bei mir unter.

„Wohin fahren wir?" fragte sie munter und zog mich Richtung Parkplatz.

Ich hob die Schultern „Mir egal."

Sie grinste und sah mich prüfend von oben nach unten an. „Naja, also ich finde, du hättest dir ein paar neue Klamotten verdient." Stellte sie fest.

Ich seufzte und zögerte „Du weißt doch, dass ich kein Geld mehr habe für etwas anderes als die Miete." Erinnerte ich sie leise.

Clea lächelte nur geheimnisvoll und dann wurde mir von der anderen Seite ein Arm um die Hüfte gelegt und Milo erschien plötzlich neben mir.

„Und deshalb habe ich beschlossen, dass ich dir alles schenke, was du dir heute aussuchst." Sagte er und bei seiner tiefen Stimme und der leichten Berührung schossen sofort tausend Stromschläge durch meinen Körper.

Ich sah zu ihm hoch und schüttelte leicht den Kopf „Nein, das möchte ich nicht." Protestierte ich.

Clea auf der anderen Seite ließ meinen Arm los und gab mir einen klaps auf den Po „Das ist dann wohl dein Problem süße, denn du hast hier gerade nichts zu melden. Du bist unsere Geisel!"

Sie grinste mir zu ehe sie auf den Beifahrersitz von Milos Geländewagen sprang. Eine fette Karre, die in Brokenhills absolut unnötig war, weil es kaum unebenes Gelände gab. Klar es gab einige kleine Berge aber nichts, wo man nur mit einem protzigen weißen Geländewagen durchkam. Aber ich schätze das war nun mal das, was reiche Leute beim kauf solcher Fahrzeuge nicht beschäftigte.

Milos blaue Augen bohrten sich in meine und er bedeutete mir, dass es keinen Widerspruch gab.

Schließlich gab ich seufzend nach und stieg ebenfalls in sein Auto, allerdings auf die Rückbank.

So war es immer. Milo fuhr, Clea saß auf dem Beifahrersitz und ich alleine auf der Rückbank.

Meistens machte es mir nichts aus, aber manchmal verstärkte dieser abgeschiedene Sitzplatz, das Gefühl nicht richtig dazuzugehören, selbst bei meinen besten Freunden. Tatsächlich fragte ich mich viel zu oft, warum jemand so hübsches wie Clea und jemand der so reich war wie Milo, sich mit mir abgaben. Ich war jemand, der unsichtbar blieb. Der nicht bemerkt wurde und nach dessen Namen man bei einer Gruppenarbeit fragen musste. Ich war nicht so beliebt, wie meine beiden Freunde, aber dennoch nahmen mich die beiden an wie eine der ihren, auch wenn wir komplett unterschiedlich waren.

In Gedanken versunken hatte ich aus dem Fenster gestarrt, als sich Clea plötzlich zu mir umdrehte und an meinem Bein rüttelte. „Hey! Du Schlafmütze! Nicht träumen, mitsingen, das ist unser Song!" rief sie über die laute Musik hinweg.

Ich grinste als ich die Anfangstöne von i don't want to be erkannte. Der Soundtrack unserer Lieblingsserie One Tree Hill. Clea und ich hatten diese Serie an die hundertmal zusammen geschaut und jedes Mal, lachten und weinten wir zusammen wie beim ersten Mal. Das waren die Moment ich in denen ich die Welt und all die damit einhergehenden Probleme vergaß.

Seit ich mit Clea befreundet war, hatte ich nach der Schule fast jeden tag bei ihr verbracht, um den Anblick meiner Mom solange es ging hinauszuzögern. Wir machten zusammen Hausaufgaben (ich mehr als sie), tauschten Klatsch aus (das war dann ihr Part) und suchteten ganze Staffeln von One Tree Hill durch. Es war quasi mein zweites Zuhause bei ihr, auch wenn ich in letzter Zeit weniger dort gewesen und mehr Zeit im Cafe verbracht hatte.

Als die ersten Zeilen anklangen, stimmte Clea mit ein und ich wartete auf meinen Part. Dann, als der Song zum Refrain überging, begannen wir einstimmig mitzugrölen.

Milo am Lenkrad verdrehte nur die Augen und tat, als wäre er genervt, aber ich wusste, dass er seinen Spaß hatte und ich schnallte mich (unerlaubterweise) ab, beugte mich vor und piekste ihm herausfordernd in die Seite.

„Komm schon, Grummelbär!" rief ich ausgelassen.

Clea stimmte mit ein und attackierte unseren freund ebenfalls, der sich dennoch auf die Straße konzentrierte, obwohl in Brokenhills ohnehin nie etwas los war auf den Straßen und wir bereits auf den Highway zur nächsten richtigen Stadt eingebogen waren.

Schließlich gab Milo lachend nach und stimmte mit in unser Gesinge an, als der Refrain ein letztes Mal angespielt wurde.

Und so gut gelaunt blieben wir den ganzen restlichen tag über. Ich war sogar so ausgelassen, dass ich nur einmal protestierte, als Milo mir die teure Bluse kaufen wollte, die ich so schön fand.

Mit einer vollen Tüte neuer Klamotten, von denen einige viel zu teuer waren, kam ich gegen halb acht zuhause an.

Meine Schicht im Diner begann immer um acht, weshalb ich nicht viel Zeit hatte, ehe ich mich schon auf den Weg machen musste.

Bevor ich aufbrach sah ich aber noch kurz nach meiner Mom und schrieb mir auf einen Zettel, dass ich morgen zum Fahrradladen musste, damit ich dort mein Fahrrad reparieren lassen konnte. Es war echt ätzend und zeitraubend immer zu Fuß gehen zu müssen.

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