Teil 17

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Clea und ich verbrachten den restlichen Tag gemeinsam mit Milo bei ihm zuhause, weil seine Eltern immer noch nicht da waren. Und zum Glück, erwähnte sie nicht, dass Levi mich erneut um Nachhilfe gebeten hatte, weil ich nämlich eine Ahnung davon hatte, wie Milo darauf reagiert hätte.

Die peinliche Stimmung zwischen mir und Milo war mittlerweile gewichen, obwohl ich immer noch das Gefühl hatte, dass sich etwas verändert hatte und eine gewisse Spannung zwischen uns in der Luft lag. Und auch Clea schien dieses Gefühl zu teilen, denn ab und zu warf sie mir Blicke zu die so viel sagten wie: Ich sage doch, du sollst dir einfach nehmen, was du willst!

Aber ich ließ mich nicht beirren und ignorierte sie so gut es ging. Und genauso handhabte ich es auch mit der Spannung zwischen Milo und mir.

***

Milo war für Freitag auf eine Party eingeladen worden, die in einer der Villen in der hügeligeren Umgebung von Brokenhills stattfinden sollte. Es war keine Party von irgendjemandem aus der Schule, sondern von einem Studenten, den Milo vom Tennis kannte.

Ich kannte ihn nicht, aber er hatte gesagt, Milo solle so viele Freunde mitbringen, wie er wollte. Und so hatte er außer Clea und mir auch noch Thalia eingeladen.

„Was hältst du hiervon?" fragte Clea mich gerade und hielt sich ein Oberteil vor die Brust, dass nicht vielmehr verdeckte als nötig und meiner Meinung nach auch ziemlich durchsichtig aussah.
 Um ehrlich zu sein, fand ich es selbst für meine Freundin ein wenig zu nuttig, aber das sagte ich natürlich nicht.

„Hm, das davor war besser." War mein einziger Kommentar und danach wandte ich mich wieder der Zeitschrift zu, in der ich gerade gelesen hatte.

Clea hatte wie immer vor einer Party vorgeschlagen, dass ich zu ihr komme. Erstens weil sie wusste, dass ich nicht viele Klamotten hatte, die ich zu einer Party tragen könnte und zweitens, weil sie ständig Beratung wollte, was sie anziehen sollte. Letzteres war aber eh unwichtig, weil sie am Ende sowieso selbst entschied. 

„Und was ist mit dir?" sie warf einen Blick über die Schulter, während sie in ihrem Kleiderschrank wühlte. „Bist du sicher, dass du wieder nur diese schwarze Jeans und das Top tragen willst?"

Ich seufzte und legte die Zeitschrift neben mich aufs Bett.

„Das Thema hatten wir doch schon." Erklärte ich, während Clea sich ein weißes Top über den Kopf zog. Ein Top mit übertrieben tiefem Ausschnitt und Cutouts an den Seiten natürlich. „Als ich das letzte Mal etwas von dir anhatte, wurde ich von einem Typen begrapscht. Vielen Dank, aber auf diese Erfahrung kann ich verzichten."

Tatsächlich hatte ich mich einmal von meiner besten Freundin dazu überreden lassen, etwas von ihren Sachen anzuziehen. Allerdings hatten sie bei mir etwas enger gewirkt, weil ich nun mal kein Victoria Secret Model war. Dementsprechend kurz waren der Rock und das cropped Top auch ausgefallen. Ich hatte mich halb nackt gefühlt und nur unter Protest und mit einem leichten Cardigan (der zumindest ein bisschen mehr Haut bedeckt hatte) das Haus verlassen. 

Trotzdem hatte ich einige sexistische Sprüche einstecken müssen und wurde später sogar begrabscht. Die wulstigen Finger des Typen würde ich nie wieder vergessen. Ich weiß noch, wie wütend ich gewesen war. Klar mein Outfit war vielleicht ein wenig nuttig gewesen. Der Ausschnitt etwas zu tief, der Rock zu knapp, aber ich fand dennoch, dass das kein Grund war ein Mädchen, ohne dessen Erlaubnis anzufassen. 

Ich verdrängte diese unangenehme Erinnerung und betrachtete jetzt Cleas Oberteil. Es war nicht ganz so durchsichtig, wie das vorige und ließ ihren dunklen Teint hervorstechen. Der Ausschnitt war gar nicht so tief wie ich zunächst gedacht hatte und alles in allem wirkte sie zwar attraktiv, aber nicht zu aufdringlich. 

„Das ist perfekt." Urteilte ich und Clea nickte.

„Du hast recht, das nehme ich." Sie drehte sich zu dem Spiegel an ihrer Schranktür und prüfte noch einmal ihr Outfit und das Make-up. Dann schweifte ihr Blick zu mir. „Und du bist sicher, dass du nicht doch ein Oberteil von mir willst? Ich hab auch welche, die den Bauch bedecken."

Ich schüttelte den Kopf „Nein danke." Ich war eindeutig zufrieden mit meinem schlichten schwarzen Spitzentop.

„Wie du meinst." Sie zuckte mit den Schultern und warf dann einen Blick auf ihr Handydisplay, dass auf ihrem Schreibtisch lag und gerade aufleuchtete. 

„Milo meint, er ist in fünf Minuten da. Thalia ist auch schon dabei." Sie sah mich an, als wollte sie eine Reaktion herausfordern. 

Ich hob nur die Schultern und rollte mich von ihrem Bett. „Na dann mal los." Verkündete ich.

Aber Clea blieb stehen und tippte weiter auf ihrem Handy. Mit einer knappen Handbewegung winkte sie mir zu „Geh du schonmal vor, ich komme in ein paar Minuten nach."

Ich tat, wie geheißen und schlenderte alleine die Treppe runter. Im Flur unterhielt ich mich noch kurz mit Gina und Georgia, den beiden kleinen Schwestern von Clea und ging dann schonmal raus. 

Es war kühl und in der dünnen Jeansjacke, die ich anhatte, fror ich ziemlich, aber der Wind in meinem Gesicht fühlte sich angenehm und irgendwie beruhigend an. Alles um mich herum war still und ich hörte nur das Rascheln der Blätter rundherum. Einen Augenblick lang schloss ich meine Augen und genoss das Gefühl, ganz alleine auf der Welt zu sein.

Doch dann hörte ich einen Motor und nur Sekunden später hielt Milos weißer Geländewagen vor mir. 

Ich öffnete die hintere Türe und schob mich auf die Rückbank. „Hi." Begrüßte ich Milo und Thalia, die sich sogar leicht zu mir umdrehte und mir ein leichtes, aber dafür aufrichtiges Lächeln schenkte. Milo schien das zu bemerken, denn sein Blick huschte ein wenig verwundert zwischen uns hin und her. Bisher waren Thalia und ich eher distanziert gewesen, aber seit dem Gespräch am Mittwoch lächelte sie mir auf dem Gang manchmal zu oder grüßte mich.

Ich erwiderte Thalias Lächeln und sah dann Milo an, der mir knapp zunickte. Das fand ich seltsam. 

Aber ich hatte keine Gelegenheit nachzuforschen, weil sich die Türe auf meiner Seite öffnet und Clea dastand. 

„Rück mal durch." Befahl sie mir und ich gehorchte, dann beugte sie sich über die Mittelkonsole zu Milo und gab ihm einen gelassenen Kuss auf die Wange, so wie sie es öfter tat. Thalia schien das allerdings nichts auszumachen und sie lächelte Clea ebenfalls zu als diese sich ihr zudrehte.

„Und wegen dir wurde ich jetzt also auf die Rückbank verbannt." Sagte sie in einem lässigen Tonfall, aber ich konnte heraushören, dass es sie störte. Unwillkürlich fragte ich mich, was daran so schlimm war. Schließlich saß ich sonst IMMER alleine hinten.

Thalia grinste verlegen und schien nicht ganz zu wissen, ob Cleas Aussage ein Vorwurf oder ein Witz gewesen war. Ich war zwar ein wenig überrascht, dass sich Thalia ein wenig eingeschüchtert fühlte, konnte es aber durchaus verstehen. Sie wollte schließlich nicht nur einen guten Eindruck wegen Milo hinterlassen, Clea konnte zusätzlich auch ziemlich beängstigend sein. Ihre Selbstsicherheit strahlte oft eine Arroganz und Autorität aus, die ich ansonsten nur mit Levi hätte vergleichen können. Clea war eine, mit der man sich gutstellen musste. Ansonsten war man verloren.

Plötzlich stieß sie ein glockenhelles Lachen aus und schob Thalia eine dunkle Haarsträhne hinters Ohr. „Nur ein Scherz, Schätzchen." Flötete sie, sah aber ernsthaft aus. Selbst ich konnte in diesem Moment nicht genau sagen, was in ihr vor sich ging.

Thalia lachte schwach und Clea setzte sich wieder zurück auf die Rückbank (ohne sich anzuschnallen).

Milo verdrehte nur die Augen und grinste leicht, als wüsste er hingegen genau, was Clea gerade bezweckt hatte, und fuhr los.

Ein ungutes Gefühl machte sich in meiner Magengegend bemerkbar und ich zerbrach mir die ganze Fahrt über den Kopf darüber, was dieses Gefühl verursachte. 

Mein Schweigen und die Teilnahmslosigkeit wurde jedoch gar nicht bemerkt.

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Weil ich schon so viele Kapitel vorgeschrieben habe, kommt in der folgenden Woche, jeden Tag ein Kapitel. Ich hoffe ihr freut euch und lest fleißig mit😊

SnowwhiteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt