Teil 7

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Da der Unterricht nur noch zwanzig Minuten ging, verbrachte ich den Rest der Zeit auf der Mädchentoilette. Nachdem ich die nassen Flecken von meiner Bluse gewischt und sie mit dem Handtrockner sogar ein wenig an geföhnt hatte, damit die nicht mehr ganz so durchsichtig war – leider mit eher wenig Erfolg- schloss ich mich in eine der Klokabinen und zog mein Handy aus der Tasche. Ich schrieb Clea und Milo eine Gruppennachricht, ob mir einer von beiden nach der Stunde ein T-Shirt oder einen Pulli mitbringen könnte.

Zum Glück fragte Milo daraufhin gar nicht erst nach, was passiert war, sondern antwortete einfach mit einem einfachen 'ja'.

Nachdem es geklingelt hatte, wartete ich noch eine Minute, ehe ich mich auf den Weg zu meinem Klassenzimmer zurückmachte.

Wie ich gehofft hatte, waren schon alle aus meinem Kurs gegangen und nur noch Miss Scone war zurückgeblieben.

Sie lächelte freundlich und während ich zu meinem Platz eilte und meine Sachen hastig in die Tasche stopfte entschuldigte ich mich, dass sie warten musste.

Sie winkte nur ab und bevor ich eilige den Raum verließ rief sie mich nur kurz zurück.

„Ach, Brooke?" 

Ich hielt an und drehte mich um „Ja?"

„Ich habe die Gruppen für eure Abhandlung zu den Themen der verschiedenen Philosophen eingeteilt. Da du und Levi nicht hier gewesen seid, habe ich euch beide in eine Gruppe getan, ich hoffe das ist okay für euch. Euer Philosoph ist Karl Marx. Sucht euch einen Text von ihm aus und behandelt ihn bitte intensiv. Nächste Woche möchte ich bitte, dass ihr ihn wie alle anderen auch der gesamten Klasse vorstellt." Sie legte mir eine Hand auf die Schulter und lächelte.

Ich lächelte zurück, auch wenn ich sie innerlich verfluchte. Musste sie mich denn ausgerechnet mit Levi in eine Gruppe stecken?

Aber ich nickte freundlich, bedankte mich und verabschiedete mich zum Schluss noch freundlich.

***

Milo wartete am Ende des Flurs, am Treppenhaus und als er mich sah, kam er mir entgegen.
„Ich war schon am Raum, aber du warst nicht da." Fing er an und streckte mir den Kapuzenpulli entgegen, den er in der Hand hielt, während sein Blick über meine nassen und befleckten Sachen glitt. Auch sein Blick verweilte kurz an meinem Bauch, obwohl die Bluse mittlerweile nichtmehr so sehr klebte.

„Was ist denn mit dir passiert?" fragte er belustigt, erwähnte dabei jedoch nicht, dass ich die schönen Sachen ruiniert hatte, die er mir geschenkt hatte.

Ich verdrehte die Augen während ich mich kurz umsah, ob jemand in der Nähe war. Aber ich sah niemanden und weil es ein Umweg gewesen wäre nochmal extra zum Mädchenklo zu gehen, ich aber unbedingt aus der klebrig feuchten Bluse raus wollte, zog ich sie mir kurzerhand rasch aus und stand eine Sekunde lang nur im BH da, ehe ich mir so schnell wie möglich den Pullover über den Kopf zog.

Aber natürlich, klappte das nicht wie geplant. Ich verhedderte mich in den Bändern und Ärmeln, weil ich zu hektisch versucht hatte, den Pulli über meinen Kopf zu ziehen und so stand ich einige Sekundenlang halb nackt und blind da.

Milo lachte und ich nuschelte verärgert etwas in den Stoff seines Pullis.

Aber er machte keine Anstalten mir zu helfen. Und dann hörte ich eine zweite Stimme. Die Stimme die ich in so einem Moment am allerwenigsten hatte hören wollen. 

„Hey, Snowwhite bist du das etwa?" seine Stimme klang amüsiert.

Ich erstarrte. Levi war der einzige der mich so nannte. Auch Milo verstummte und nur einen Augenblick später, spürte ich, wie jemand an dem Pulli fummelte und dann waren die Ärmel entwirrt und die Hände zogen mir den Pulli über den Oberkörper. 

Warme Haut streifte den Rand meines BHs und meine Hüfte und ein Schauer lief mir über den Rücken.

Dann waren die Hände weg und mein Kopf schob sich endlich durch den Kragen, sodass ich die beiden Jungs anstarren konnte.

Milo stand dicht vor mir und sah abwechselnd zwischen mir und Levi hin und her, einen finsteren Ausdruck im Gesicht und Levi lehnte an der gegenüberliegenden Wand und ließ mich nicht eine Sekunde aus den Augen. Sein Blick war schelmisch zu einem Lächeln verzogen, aber seine Augen strahlten denselben Spott und dieselbe Kälte aus wie immer.

Ich wurde wieder knallrot und wusste nicht, welchen der beiden ich lieber ansah. Aber schließlich entschied ich mich für meinen besten Freund.

„Danke." Murmelte ich verlegen, aber am liebsten hätte ich die beiden Riemen an meinem Hals zugezogen und mich in der Kapuze versteckte.

Milo lächelte nur leicht ehe sein Blick wieder misstrauisch zu Levi glitt.

Dieser ignorierte ihn einfach und stieß sich gelassen von der Wand ab. Er kam auf uns zu geschlendert und blieb etwa einen Meter entfernt von mir stehen. 

Er war ein ganzes Stück größer als ich und überragte sogar Milo ein klein wenig. Außerdem war er deutlich athletischer gebaut. Beide waren zwar muskulös und sportlich, aber eben auf unterschiedliche Weise und die blonden Haare und das gepflegte Auftreten (er trug sogar ein Poloshirt) von Milo stand in deutlichem Kontrast zu der dunklen, verwegenen Kleidung Levis. Zudem schaute unter seinem Ärmel sogar ein schwarzer Schnörkel hervor und unwillkürlich fragte ich mich, ob er wohl ein Tattoo hatte. Vorher hatte ich nie viel darauf geachtet, aber jetzt schien es mich brennend zu interessieren.

Mein Blick verweilte auf dem schwarz an seiner Hand und Levi schien es bemerkt zu haben, denn als ich in sein Gesicht sah, blitzte etwas lockendes in seinen Augen auf.

„Eigentlich wollte ich ja nur einen Tag ausmachen wegen dem Philosophievortrag, aber die zusätzliche Einlage war auch nicht schlecht." Sagte er mit schalkhaftem Glitzern in den Augen.

Mein Gesicht wurde heiß und ich schluckte. Neben mir spürte ich, wie sich Milo anspannte, aber Levis Blick zuckte nur kurz zu ihm hinüber, ehe er sich wieder auf mich konzentrierte. 

„Also Snowwhite, wann kannst du?"

„Sie hat einen Namen." Fauchte Milo neben mir, aber ich legte beschwichtigend eine Hand an seinen Arm.

Irgendwie fand ich es süß, wie er mich verteidigen wollte und dieser Gedanke ließ mein Herz höher schlagen. Ich lächelte meinen Schwarm kurz an und er erwiderte es, indem er seine Hand um meine schloss. Gänsehaut breitete sich auf meinem gesamten Körper aus.

Levi räusperte sich und sein Blick hatte sich schon wieder verändert als ich ihn wieder ansah. 
Jetzt wirkte er gelangweilt. „Also, was ist jetzt?" fragte er ungeduldig.

Ich überlegte kurz, bevor ich antwortete. „Ich könnte am Freitag." Sagte ich und er nickte.

„Schön. Bei dir?"

Ich schüttelte den Kopf, bei dem Gedanken, er könnte bei mir zu Hause vorbeikommen. Was er wohl denken würde, wenn er meine Mom und das Chaos dort sähe?

„Bei dir wäre besser." Sagte ich leise.

„Das geht nicht." Seine Stimme klang hart und fest.

Ich runzelte die Stirn. Ob das etwas mit seinem Geheimnis und den besorgten Blicken zu tun hatte?

Aber ich hakte nicht nach. „Wie wäre es stattdessen, wenn wir uns einfach im Diner träfen?" schlug ich vor und er nickte.

„Gut. Dann bis Freitag. Um sieben?"

Ich nickte „Okay."

Dann drehte er sich einfach um und ging, ohne Milo noch eines Blickes zu würdigen. Über die Schulter sagte er dann noch „Übrigens, hübscher Oberbau!" ich konnte das Grinsen in seiner Stimme hören.

Ich musste dem Bedürfnis widerstehen, mir die Hände vors Gesicht zu schlagen, aber dafür hätte ich meine Hand aus Milos lösen müssen, und das wollte ich auf keinen Fall.

SnowwhiteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt