Teil 23

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Levi, Sawyer und Oliver warteten alle drei vor dem Diner auf mich.

Bruce hatte natürlich ein paar Bemerkungen gemacht, als er erfahren hatte, dass ich Levi jetzt doch Nachhilfe geben und sogar mit ihm zu einer Party gehen würde, aber ich hatte ihn geflissentlich ignorierte und ihm zum Abschied den Mittelfinger gezeigt. Natürlich war ich nicht wirklich sauer, aber Bruce wusste, dass ich nur Spaß machte.

Als ich mir die Jacke übergestreift hatte, griff ich nach der Türklinke, aber jemand von draußen kam mir zuvor. Mein Blick glitt zu Levi, der mir charmant zulächelte und sogar eine knappe Verbeugung andeutete.

„My Lady." sagte er mit Spott in der Stimme.

Ich zog eine Grimmasse und fragte mich unwillkürlich, warum Levi mich überhaupt dabeihaben wollte. 

Die Frage schien wohl in mein Gesicht geschrieben zu sein, denn Levi schenkte mir einen du-wirst-schon-sehen-Blick. Dann drehte er sich mit einer übertriebenen Geste zu seinen Freunden.

„Darf ich vorstellen: Oliver und Sawyer." Er deutete zu mir „Das ist Snowwhite."

„Brooke" korrigierte ich und lächelte die beiden anderen Jungs an.

Oliver grinste nur verlegen und Sawyer betrachtete mich neugierig. Er hatte einen ähnlich spöttischen Blick wie Levi, während er mich von unten nach oben musterte, allerdings verflüchtigte sich dieser, als seine Augen hoch zu meinem Gesicht wanderte.

„Und du musst dann wohl auch das Mädchen mit dem Anmachspruch sein." Stellte er mit schalkhaftem Blick fest und grinste schief. Sein Lächeln war entwaffnend und sein Aussehen machte Levi wirkliche Konkurrenz. „Beeindruckende Umsetzung." Zog er mich weiter auf.

Ich wurde rot. „Danke." Ich tat es Levi nach und deutete statt einer Verbeugung einen Knicks an. 

Sawyers Lachen daraufhin war offen und ansteckend. Unwillkürlich musste ich auch grinsen.

Er war mir irgendwie unheimlich sympathisch.

„Also du gibt Levi jetzt Nachhilfe?" mischte sich Oliver ins Gespräch ein.

Ich nickte und mein Blick huschte zu Levi, der schweigend das Gespräch verfolgte. Sein Blick ließ nicht erkennen, was er dachte, aber ich hatte das Gefühl, dass er zufrieden mit der Situation war, denn seine Haltung zeigte Selbstgefälligkeit.

Sawyer, der näher an Levi stand, boxte ihm in die Seite „Der Idiot hat es ja auch nötig."

Levi lachte nur und grinste leicht.

„Gehen wir dann?" fragte er jetzt mit gespielt genervter Stimme. Sowohl Sawyer als auch Oliver und ich lachten und folgten Levi zu einem Auto.

Es war kein großer Geländewagen, sondern eher ein kleineres Auto. An manchen Stellen war der Lack abgeblättert und die Stoßstange hatte sogar eine Beule.

Levi stieg auf dem Fahrersitz ein und die Jungs nahmen ohne großes Reden auf dem Rücksitz platz.

„Wir wollen der Dame ja nicht die billigen Plätze zumuten." War Sayers einziger Kommentar, als ich auf den Beifahrersitz rutschte.

Ich musste ehrlich sagen, dass ich ihn mit jedem Wort ein wenig mehr mochte. Levi konnte sich ruhig mal eine Scheibe von seinen Freunden abschneiden.

Als hätte er meine Gedanken gelesen, schnaubte er neben mir, als er den Motor startete.

Mein Blick zuckte zu ihm und er erwiderte ihn einen Moment lang, ehe er in den Rückspiegel sah.

Nachdem Levi das Auto auf die Straße gelenkt hatte, lehnte sich Sawyer in seinem Sitz nach vorne und stützte sich auf meiner Rückenlehne ab. Sein Gesicht war mir so nah, dass ich seinen Atem spürte, aber auch wenn ich es nicht leiden konnte, wenn mir Menschen so nah kamen, machte es mir bei ihm nichts aus. Er wirkte nicht wie jemand, vor dem man Angst haben musste.

„Dann erzähl mal." Forderte er mich auf und ich drehte meinen Kopf leicht zu ihm.

„Was denn?" fragte ich verwirrt.

„Na von dir. Hast du einen Zweitnahmen, Lieblingsfarbe, Lieblingsessen, Lebensgeschichte." Er lächelte.

Ich erwiderte das Lächeln ein wenig perplex.

Von hinten meldete sich Oliver zu Worte, der sich jetzt allerdings auch weiter vorbeugte. „Sawyers Macke ist es, dass er immer alles erfahren will, wenn er jemanden kennenlernt." Erklärte er.

Ich nickte nur „Naja, da gibt es eigentlich nicht viel zu erzählen." überlegte ich laut. „Ich habe keinen Zweitnamen. Ich bin 17, werde aber in einem Monat 18."

„Wann genau?" unterbrach mich Sawyer.

Levi machte ein grunzendes Geräusch.

Sein Kumpel warf ihm einen scharfen Blick zu. „Was denn, Mann. Das ist eine wichtige Information. Stell dir vor du willst ihr etwas zum Geburtstag schenken, weißt aber den Tag nicht." 

Ich konnte ein prustendes Lachen nicht unterdrücken. Die Vorstellung, dass Levi mir zu meinem 18. Geburtstag -oder überhaupt irgendwann- etwas schenken würde, war so unwahrscheinlich, wie meine Hoffnung, doch noch einen Brief von Hogwarts zu bekommen.

„Also, wann ist dein Geburtstag?" hakte Sawyer bloß nach.

„Ehm, 15. November." Ich sah ihn an „Und du?" Keine Ahnung, warum ich fragte, ich würde mir den Tag ohnehin nicht merken können, aber ich hatte das Gefühl, es wäre höflich zurückzufragen.

„5. März, genau wie Levi." Er nickte zu seinem Kumpel. „Und Oliver da hinten hat am 1. April." Er zwinkerte mir zu „Er ist ein richtiger Aprilscherz."

Ich lächelte „Also ihr beide habt am selben Tag Geburtstag?" fragte ich mehr an Sawyer als an Levi gerichtet. 

„Ich bin älter." Entgegnete Sawyer.

„Nur zwei Stunden." Schnaubte Levi neben mir und ich sah zu ihm. Er grinste leicht. „Er besteht darauf, dass er älter ist, obwohl der Unterschied nur minimal ist."

Ein Kichern kam meine Kehle hoch.

Sawyer machte eine kindische Grimasse in Levis Richtung und sah dann wieder zu mir. „Okay, weiter. Was ist mit deiner Familie? Hast du Geschwister?"

Schlagartig verschwand das Lächeln von meinem Gesicht, als hätte es jemand weggewischt.

Eine verschwommene Erinnerung von meinem Vater flackerte auf, der meinen kleinen Bruder Troy im Arm hielt und so hochhielt, als könnte er fliegen. Troy hatte die Arme zu beiden Seiten ausgebreitet und lachte, während er wie ein Flugzeug laute Geräusche machte.

Ich lächelte und spürte gleichzeitig wie mir Tränen in die Augen stiegen. Troy war tot und mein Vater auch. Und mit ihnen war auch meine Mom irgendwie gestorben. Ich hatte keine Familie mehr.

Im Auto war es mit einem Mal unheimlich still geworden und Oliver und Sawyer sahen mich mit einer Mischung aus Mitgefühl und Betroffenheit an. Sogar Levi sagte kein Wort und warf mir zwischendurch stirnrunzelnde Blicke zu. Auch wenn ich es nicht aussprach schien allen klar zu sein, dass sie einen wunden Punkt getroffen hatten.

Ich räusperte mich und bemühte mich, den Klos in meinem Hals zu vertreiben. „Ich wohne mit meiner Mom zusammen. Keine Geschwister." Würgte ich die Worte hervor und zwang mich zu einem gequälten Lächeln.

Einen Moment herrschte ein unangenehmes Schweigen, dann unterbrach Oliver die Stille „Ich wohne auch nur mit meiner Mom zusammen. Mein Dad ist in Chicago bei seiner neuen Familie. Im Ernst, ich hab ihn dort besucht und kann es gar nicht empfehlen. Viel zu viel Stadt da!" 

Ich sah dankbar zu dem Blondschopf und er lächelte mir zu. Ich war wirklich dankbar für seine Reaktion.

Sawyer ging auf Olivers Thema ein und die beiden begannen damit, über verschiedene Autos zu reden, die Oliver dort gesehen hatte. Sawyer schien ein großer Fan jeder Art von Autos zu sein. Oliver hingegen hatte eher weniger Ahnung und zuckte bei den meisten Fragen von Sawyer nur hilflos mit den Schultern.

Die ganze restliche Fahrt über, spürte ich Levis Blick auf mir, aber ich wich ihm bewusst aus.

SnowwhiteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt