Teil 13

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Die nächsten Tage vergingen meines Empfindens viel zu schnell. Ich ging zur Schule, arbeitete im Diner und lernte mit Clea für die anstehende Klausurphase.

Und ehe ich mich versah, stand die Präsentation in Philosophie an. Wir hatte gerade Mittagspause und ich fühlte mich etwas unsicher. 

Vor anderen zu reden machte mich ein wenig nervös und das ich noch dazu mit Levi gemeinsam vorne stehen musste, machte es noch schlimmer. Ich hatte Angst, dass er alles versauen würde. Vielleicht stellte er mich ja auch absichtlich vor der Klasse bloß. 

Levi war kein netter Kerl und er machte sich oft genug einen Spaß daraus, andre zu ärgern.

Andererseits war er in den letzten Tagen nett gewesen. Jedenfalls für seine Verhältnisse. Klar, er hatte ein paar Sprüche gebracht, die nicht hätten sein müssen, aber bevor ich mit ihm geredet hatte, hatte ich ihn für schlimmer gehalten. Ich hatte den Gerüchten getraut, die über ihn im Umlauf waren und auch wenn er zu mir bisher noch nie fürchterlich boshaft gewesen war, zweifelte ich an dem Erfolg dieser Präsentation.

„Mach dich nicht so verrückt." Hatte Clea in der Cafeteria gesagt. „Levi ist okay. Er wird dich nicht bloßstellen."

Ich hatte nur genickt und dankbar Milo angelächelt, als dieser seine Hand über meine gelegt hatte.

Die Sache zwischen mir und meinem besten Freund war immer noch nicht geklärt, aber solange er das Thema nicht ansprach, tat ich es auch nicht. Und seit dem Tag, als wir bei ihm einen Film geschaut hatten, war zwischen uns auch alles wieder fast wie immer gewesen.

Ich schüttelte meine Gedanken an Milo ab und konzentrierte mich stattdessen auf mein Gesicht im Spiegel. 

bemüht entschlossen sah ich mir in die eigenen gräulichen Augen. Sie waren das Einzige an mir, das ich wirklich als schön bezeichnet hätte. Klar die schwarzen Haare und der Kontrast zu meiner blassen Haut waren interessant und der rosige Ton meiner geschwungenen Lippen durchaus auch nicht schlecht anzusehen, aber all das schien mir eher durchschnittlich und gewöhnlich. Meine Augen hingegen waren etwas Besonderes. Einzigartig, selten. Eigentlich hatten sie einen blauen Ton, aber je nachdem, wie das Licht fiel, überwiegten die gräulichen Farb-Sprenkle. Ich fand, das wirkte irgendwie... unnatürlich – aber auf eine gute Art und Weise.

Mit einem tiefen Atemzug stützte ich mich auf das Waschbecken und zog gleich darauf meine Hände zurück, weil irgendetwas schmieriges meine Hand berührte. Mit verzogenem Gesicht wischte ich es an einem der Papiertücher ab und strich mir anschließend die Haare aus dem Gesicht.

„Du schaffst das!" sagte ich zu mir selbst und nickte unterstützend. „Das ist nur ein Vortrag, keine große Sache."

Ich schenkte mir selbst noch ein strahlendes Lächeln und stemmte die Hände in die Hüften. Gerade, als ich mich umdrehen und die Waschräume verlassen wollte, hörte ich, wie jemand in den Kabinen die Klospülung betätigte. Ich drehte mich um und im selben Moment öffnete sich eine der Türen und Thalia trat hinaus. 

Sie sah mich direkt an. Ihr Mund war zu einem Lächeln verzogen und ihre Brauen spöttisch gehoben. In der Sekunde erinnerte sie mich seltsamerweise an Levi.

Ich stand unbeholfen da und sah ihr dabei zu, wie sie zum Waschbecken neben meinem stolzierte und sich die Hände wusch. Anschließend betrachtete sie sich noch prüfend im Spiegel.

Als sie merkte, dass ich sie anstarrte, drehte sie sich mit einem entnervten Seufzen zu mir. 

„Was ist, Brooke?"

Ich lächelte unsicher. „Hey."

Aber Thalia erwiderte den Gruß nicht.

„Ich ähm... wir haben jetzt gemeinsam Unterricht." Stammelte ich.

„Und?"

„Ich... ich dachte, wir gehen zusammen..."

Ein Schnauben kam aus ihrer Richtung und ich spürte, dass ich rot wurde. Warum war ich nicht einfach gegangen. Es war doch offensichtlich, dass sie liebend gerne auf meine Gesellschaft verzichtete. Aber statt es gut sein zu lassen, brabbelte ich einfach weiter. Wahrscheinlich wollte ich die Situation irgendwie lockern, aber stattdessen wurde es nur schlimmer.

„Du gehst doch mit Milo aus. Ich dachte, wir könnten uns mal unterhalten. Er ist ein Freund von mir, weißt du."

Thalia würdigte mich keines Blickes als sie zur Türe ging, die auf den Gang führte.

Ich blieb am Waschbecken stehen, weil ich das als Zeichen verstand, dass sie absolut keine Lust auf mich hatte, aber dann hörte ich, wie sie sich räusperte.

Ich hob meinen Blick wieder zu ihr an und bemerkt, dass sie im Türrahmen verharrt war und mich abwartend musterte „Kommst du jetzt, oder was?" fragte sie genervt.

Ich lächelte und meine Augen wurden ein wenig größer. „Klar!" rief ich beinahe zu begeistert und folgte ihr.

Ihre Beine waren um einiges länger als meine und dementsprechend musste ich für jeden ihrer Schritte zwei machen. Ihre langen braunen Locken wippten bei jedem Schritt auf ihrem Rücken hin und her und reflektierten das Licht in vielen verschiedenen Gold-, Braun- und Rottönen.

Ich machte ein paar schnellere Schritte hinter hier her und holte zu ihr auf.

„Also, du verstehst dich gut mit Milo?" fragte ich und tatsächlich spürte ich, dass ich nicht aus Eigeninteresse sondern vielmehr um ihret und Milos Willen tat.

Ich hoffte für Milo, dass er mit jemandem zusammen war, den er mochte und obwohl ich Thalia nicht besonders gut kannte und sie auch nicht immer die Netteste war, hoffte ich das Gleiche für sie. Wenn die beiden miteinander glücklich wären, dann wäre es großartig für sie und wenn nicht, dann wäre es eben gut für mich.

Thalia warf mir einen seltsamen Seitenblick zu „Sonst würde ich wohl kaum mit ihm ausgehen."

Ein nervöses Lachen drängte sich meine Kehle hinauf „Auch wahr!" 

Wir waren jetzt vor unserem Kursraum angekommen und Thalia blieb stehen. Sie sah mich an und ihr Blick wurde auf einmal etwas weicher. Sie sah mich nicht mehr ganz so herablassend und genervt an, sondern wirkte jetzt eher neutral, vielleicht sogar höflich-distanziert.

Ein freudiges Gefühl machte sich in meinem Körper breit.

„Hör zu Brooke." Fing Thalia in sachlichem Tonfall an. „Du scheinst nett zu sein und außerdem bist du mit Milo befreundet. Er scheint dich sehr zu mögen und ich weiß, es würde ihn freuen, wenn wir uns gut verstehen. Deshalb will ich dir sagen, dass er mir wirklich viel bedeutet und ich das nicht kaputt machen will. Er ist einfach perfekt. Und zuvorkommen und liebevoll." Ihr Blick wurde sogar ein wenig schwärmerisch.

Ich nickte zustimmend. „Ich weiß." Murmelte ich. „Und ich will das er glücklich ist, also bin ich auch dafür, dass wir uns gut verstehen." Mein Lächeln viel ein wenig schief aus, weil mir etwas in meinem Herzen einen Stich versetzte.

Es war seltsam ausgerechnet Thalia so über meinen besten Freund reden zu hören. Ein Mädchen, das ich bis jetzt nur für irgendeine oberflächliche Zicke gehalten hatte. Sie das sagen zu hören, was ich fühlte sorgte einerseits für das Gefühl einer Verbundenheit zwischen uns und andererseits auch für Eifersucht.

Ich konnte die Gefühle nicht voneinander trennen und sie vermischten sich zu einem süßlich bitteren Geschmack.

„Wollt ihr hier Wurzeln schlagen?" hörte ich plötzlich eine raue Stimme direkt hinter mir.

Ich wirbelte herum und sah mich Levi gegenüber, der dicht vor mir aufragte. Erschrocken wich ich einen Schritt zurück und taumelte fast in Thalia, die mir im letzten Moment auswich. Ihr Blick war wieder genauso überheblich und gleichgültig wie vorhin und von ihren Gefühlen für Milo nichts mehr zu sehen.

Meine Augen zuckten zurück zu Levi und die Nervosität kehrte zurück.

Levi grinste „Nervös Snowwhite?" 

Ich schüttelte den Kopf.

Sein Grinsen wurde breiter, als er sich an mir vorbeidrängelte und die Tür zum Klassenzimmer öffnete „Na dann aber los." Mit einer Handbewegung scheuchte er mich an ihm vorbei in den Raum.

SnowwhiteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt