Teil 19

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„Und eima hatisch so ein Typ, der war so dicht, daser in den Pool gefalln is." Kicherte Thalia neben mir und ich prustete los, wobei ich einen Teil des Flascheninhalts verschüttete die ich in der Hand hielt.

Wir hockten beide zusammen in der Badewanne, jeweils eine Flasche Alkohol in der Hand und die Füße über den Rand baumelnd.

Mittlerweile war es schon halb eins und wir hatten uns bereits seit fast drei Stunden hier verkrochen. 

Nachdem Thalia mir den Splitter gezogen und wir uns eine Weile unterhalten hatten, war uns aufgefallen, dass niemand nach uns suchte und uns vermisste, also hatten wir Alkohol besorgt und uns in einem der oberen Badezimmer eingeschlossen. Schon ein paarmal hatte jemand geklopft, aber wir hatten es ignoriert und nach einer Zeit waren wir beide so voll, dass wir das Klopfen gar nicht mehr mitbekamen.

Milo hatte Thalia vor etwa einer Stunde geschrieben und gefragt, wo sie war, aber Thalia hatte gar nicht geantwortet und seitdem war auch nichts mehr gekommen. Insgeheim fragte ich mich, warum Milo sich nicht interessierte, wo Thalia war, aber ich sagte nichts.

Allerdings schien Thalia sich dasselbe zu fragen, denn sie nuschelte jetzt: „Isch frag mich, was Milo mach und wieso er mich nich such." 

Ich hob die Schultern und nahm einen ordentlichen Schluck aus der Flasche. „Wir könn ihn ja suchn." Schlug ich vor und wollte mich aufrichten, aber ich verlor das Gleichgewicht und landete mit dem Oberkörper über Thalia. Diese fing laut an zu lachen, während ich mir den Kopf rieb weil mir ganz schwindelig zumute war. Langsam rappelte ich mich auf und schaffte es, mich wieder neben sie zu setzten. Dann fing ich auch an zu lachen. „besser nich aufstehn."

Thalia kicherte mit und legte mir einen Arm um die Schultern. „Du bis ech cooler als ich dache."

„Du bis auch okeee." Entgegnete ich und lehnte meinen Kopf gegen ihre Schulter. „Eigenlich denkich, wir wärn gute Freunde."

Thalia hob feierlich ihre Flasche und rief laut: „Auf die Freunschaf!!!"

Ich lachte und hob meine eigene Flasche. Wir stießen sie gegeneinander und tranken sie dann an einem Stück aus.

***

Tatsächlich fand Milo uns erst eine Stunde später. Der Kumpel, dessen Party das hier war, hatte ihm den Ersatzschlüssel zum Bad gegeben, sodass Milo uns nebeneinander schlafend inmitten der zahlreichen Flaschen gefunden hatte.

Um ehrlich zu sein erinnerte ich mich nur schwach daran, wie wir ins Auto gelangt waren. Ich glaube Milo hatte Thalia getragen und mich der andere Typ.

Es hatte sich echt gut angefühlt so in den Armen des Typen zu liegen und getragen zu werden wie eine Prinzessin und ich weiß noch dass ich ihm, vor mich hin nuschelnd erklärt hatte, wie gerne ich einen Freund hätte der das mit mir täte. Was die Antwort darauf gewesen war hatte ich nicht mehr mitbekommen, weil ich da bereits wieder eingeschlafen war, aber vermutlich war der Typ froh gewesen mich danach losgeworden zu sein.

Milo hatte uns zu sich nach Hause gefahren und sowohl Thalia als auch mich in dem große Bett im Gästezimmer untergebracht. Ich erinnerte mich, dass wir gezwungen worden waren, je zwei Aspirin und eine große Menge Wasser zu uns zu nehmen. Danach war jede Erinnerung bis zum Morgen weg.

Ich wachte als Erste auf und bemerkte, dass ein Arm um meinen Oberkörper lag. Nur ganz leicht, aber dennoch wurde ich im ersten Moment panisch.

Allerdings stellte sich rasch heraus, dass es nicht der Arm irgendeines Kerls war, sondern bloß der von Thalia.

Langsam richtete ich mich auf und stöhnte. Mein Schädel brummte und ich wollte am liebsten wieder zurück in die Kissen fallen und weiterschlafen, aber ich wusste, dass es wichtig war, zuerst etwas zu essen.

Erst als ich mich umsah, realisierte ich, dass ich bei Milo zuhause war.

Ich hatte ein T-Shirt von ihm an und meine Hose lag auf einem Stuhl. Ebenso die von Thalia. 

Ich fragte mich, ob Milo uns umgezogen hatte oder ob Clea das womöglich gemacht hatte. War sie überhaupt mit uns nach Hause gefahren?

Bei beiden wäre mir ein wenig unwohl geworden. Es war dumm, aber wenn ich daran dachte, dass Clea mich halb nackt gesehen hatte (BH und Unterhose hatte ich ja immerhin noch an) fragte ich mich automatisch, ob sie sich gefragt hatte, wie man so eine Figur haben konnte, wie ich. Ich war nicht dünn und hatte eher ein wenig zu viel auf den Rippen als zu wenig. Ich war zwar auch nicht dick, aber hatte eben doch deutliche Kurzen und wenn ich saß, sah man immer eine Speckrolle. Eigentlich mochte ich meine Figur, aber ich wusste, wie schnell Clea urteilte und neben ihr fand ich immer etwas an mir auszusetzten.

Ich verdrängte meine Komplexe und sah zu Thalia. Sie schlief noch tief und fest und hatte ihren Arm jetzt um die Decke geschlungen, die ich freigegeben hatte. Sie schien wohl einer der Menschen zu sein, die nachts mit etwas kuscheln mussten. Ein schwaches Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus und ich schwang mich aus dem Bett. 

Zu Schwungvoll, wie sich herausstellte, denn ein scharfer Schmerz zuckte durch meinen Kopf und meine Glieder.

Milo stand in der Küche als ich gerade runterkam. Ein ungewohntes Bild, weil man dort sonst nur das Personal sah. Aber es kam nicht selten vor, dass Milo das Personal nach Hause schickte, wenn seine Eltern nicht da waren, nicht zuletzt, um Partys schmeißen zu können.

Ich war nicht in der Stimmung mich zu unterhalten und setzte mich nur schweigend an den Tisch. Milo nahm das Schweigen hin und wir aßen in stillem Einvernehmen das Frühstück, dass er für uns zubereitet hatte. Es dauerte auch nur zwanzig Minuten bis Thalia dazustieß und ebenfalls ein wenig frühstückte. 

Danach bot Milo uns an, uns nach Hause zu fahren und wir stimmten beide zu. 

Er sprach nicht viel, worüber ich ihm echt dankbar war. Er hätte das Recht gehabt sauer oder genervt zu sein wegen gestern Abend, aber er erwähnte unser Verhalten in keinem Punkt.

Dennoch hatte ich als ich aus dem Auto stieg, das Gefühl, dass Milo Redebedarf hatte.


SnowwhiteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt