Teil 12

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Am Montag in der Schule verhielt sich Milo tatsächlich wieder relativ normal. Er achtete zwar immer noch darauf mich nicht zu lange anzusehen, aber er redete und alberte mit mir herum wie immer.

Nach meinen ersten beiden Stunden lehnte er an meinem Spind und tippte auf seinem Handy herum. Ich lächelte automatisch, als ich ihn dort auf mich warten sah und legte meine Hände von hinten über seine Augen.

„Wer bin ich?" fragte ich mit gespielt tiefer Stimme, was mir ziemlich gut gelang, weil sie ohnehin ein wenig rau klang. Ich hatte mir wohl doch eine ernstere Erkältung geholt. 

Milo ließ sein Handy sinken und steckte es in seine Hosentasche ehe er tat, als würde er überlegen „Hmmm..." sagte er nachdenklich. Und dann, so schnell, dass ich es kaum wahrnahm, schoss seine Hand nach hinten und er zwickte mir in die Seite. Genau in die Stelle, von der er wusste, dass ich dort am kitzeligsten war.

Kreischend machte ich einen Satz rückwärts und stolperte dabei prompt in jemanden rein, der scheinbar automatisch einen Arm um mich legte, um mich zu stützen. Eine warme Hand legte sich auf meinen Bauch und ich schnappte erschrocken nach Luft.

Milo drehte sich im gleichen Moment um und wollte grinsend etwas sagen, als sein Blick zu der Person hinter mir glitt und sich sein Gesicht verfinsterte.

„Nicht zu stürmisch Snowwhite." Raunte eine dunkle Stimme direkt an meinem Ohr und ich schauderte. 

Levis Wange streifte meine Schläfe und ich sog scharf die Luft ein, was seinen Körper erbeben ließ, vor leichtem Lachen.

Einen Moment lang rührt ich mich nicht, dann realisierte ich Milos grimmiges Gesicht und legte meine Hand auf Levis Arm, um ihn beiseite zu schieben. Er ließ es widerstandslos zu, allerdings ließ ich den Arm nicht sofort los, als ich mich zu ihm umdrehte. Stattdessen blieb mein Blick an dem kleinen und eher unauffälligen Tattoo an seinem Handgelenk hängen. In schnörkeliger Schrift stand da ein Name geschrieben, aber aus meiner Sicht stand er auf dem Kopf, weshalb ich ihn nicht lesen konnte. 

Langsam ließ ich seinen Arm los und hob meinen Blick zu seinem markanten Gesicht. Levi überragte mich, obwohl ich nicht besonders klein war. Ich musste den Kopf in den Nacken legen, um ihn richtig ansehen zu können und das schelmische Funkeln in seinen braunen Augen brachte aus irgendeinem Grund meine Haut zum Kribbeln.

„Ich... hi." Keuchte ich immer noch überfordert von der Situation.

„Hi." Er zwinkerte mir amüsiert zu und meine Wangen wurden Rot. 

Irgendetwas schien heute nicht mit meinem Hormonspiegel zu funktionieren.

Ich wartete, dass er weitersprach, aber das tat er nicht, weshalb ich ihm einen fragenden Blick schenkte „Sorry, brauchst du irgendetwas Levi?" 

Etwas flackerte in seinen Augen auf und er legte den Kopf nachdenklich zur Seite. „Eigentlich wollte ich dich am Freitag nach Hause fahren." Fing er an „Es hat in Strömen geregnet, bist du nicht krank geworden?"

Irritiert starrte ich ihn an. Er wollte Smalltalk führen?

Meine Reaktion kam ein wenig verspätet „Doch." Sagte ich plump.

Levi grinste und zog eine Augenbraue hoch. „Was, doch?"

„Doch, ich habe mich erkältete, aber das ist nicht schlimm. Du warst mit Riley beschäftigt." Meine Worte schienen eine gewisse Schärfe zu besitzen, die ich nicht beabsichtigt hatte.

„Ist das ihr Name? Sie war nett. Ihr seid befreundet, oder?"

Ich nickte langsam „Ja." Meine Antwort kam gedehnt, weil ich versuchte Levis Absichten zu 
erkennen.

„Arbeitest du auch im Diner? Ich habe dich glaube ich schonmal da gesehen."

Jetzt war ich wirklich baff. Er wusste, dass ich im Diner arbeitete? Er hatte mich gesehen? So ein Unsinn. Vor meiner peinlichen Aktion mit dem Anmachspruch hatte er doch noch nicht mal gewusst, dass es mich gibt.

Plötzlich legte sich ein Arm um meine Hüfte und ich spürte eine starke Brust in meinem Rücken. Milos Geruch stieg mir in die Nase.

„Was willst du von ihr Randall?" fragte er Levi mit grollender Stimme.

Levis Blick zuckte nur ganz kurz zu Milo, ehe er mit dem Anflug eines überheblichen Lächelns wieder mich ansah. 

„Eigentlich wollte ich nur wissen, warum du alles, was ich aufgeschrieben habe, aus der Präsentation gekürzt hast." 

Ich versteifte mich. Am Sonntag hatte ich tatsächlich alles überarbeitet, was Levi geschrieben hatte. Überraschenderweise hatte er doch mehr getan als gedacht, allerding waren seine Notizen so unübersichtlich gewesen, dass ich schließlich das meiste rausgenommen und durch meine eigenen ersetzt hatte. Ehrlich gesagt hatte ich nicht erwartet, dass er sich die fertige Präsentation, die ich ihm geschickt hatte, noch einmal anschauen würde.

„Es war einfach sehr unübersichtlich was du geschrieben hast." Gestand ich und trat unsicher von einem Fuß auf den anderen.

Levi hob eine Braue und der altbekannte Spott funkelte in seinen Augen. Er neigte den Kopf vor, sodass sein Gesicht weiter im Schatten lag und dunkle Strähnen in sein Gesicht fielen. Er wirkte beinahe bedrohlich.

Er schnaubte „Warum hast du das alles denn nicht von Anfang an alleine gemacht? Die Arbeit hätte ich mir auch sparen können." 

Ich hob die Schultern „Ich- sorry."

Levi lächelte überheblich. 

„Nicht schlimm, sag mir beim Nächsten Mal nur direkt Bescheid, dann halte ich mir den Abend nicht frei." Seine Stimme klang gleichgültig. Levis Blick zuckte nochmal zu Milos Gesicht und anschließend zu seiner Hand an meiner Hüfte ehe er spöttisch nickte und auf dem Absatz kehrt machte.

In dem Moment, kam Clea den Gang entlang und sie lächelte Levi kurz zu „Hi Levi." Flötete sie gut gelaunt, aber dieser grummelte nur und ignorierte sie ansonsten. 

Wow, der hatte ja schlimmeres PMS als ich...

Verwirrt blieb ich mit Milo zurück, zu dem ich jetzt aufsah. Er erwiderte den Blick und hob die Schultern, den Kiefer immer noch angespannt.

„Was ist dem denn für eine Laus über die Leber gelaufen?" fragte Clea immer noch gut gelaunt, als sie vor uns zum Stehen kam.

Ich schüttelte nur den Kopf „Jungs halt." Murmelte ich.

Clea nickte zustimmend und sah mich und Milo nachdenklich an, während er seine Hand von mir löste und beiläufig einen Schritt zur Seite trat.

„Was wollte der denn überhaupt von euch?" fragte Clea beiläufig.

„Brooke muss ein Philosophieprojekt mit ihm machen." Antwortete Milo für mich.

Meine beste Freundin nickte „Ah okay... Kommt ihr mit in die Cafeteria, ich brauche dringend einen Kaffee."

„Bin dabei!" rief ich begeistert aus und folgte ihr und Milo, die ein paar Schritte vorausgingen. Sie unterhielten sich lachen und ich beobachtet Milos Profil, während er sein Gesicht Clea zugewandt hatte. Sein Blick hatte etwas Weiches und Entspanntes an sich, immer wenn er sie ansah. Ich weiß nicht, ob er mich auch so ansah, aber irgendwie weckten dieser Blick eine Sehnsucht in mir, die ich nicht so richtig deuten konnte. 

Ich hatte Clea und Milo lieb und sie waren meine Freunde, aber das Gefühl, nicht ganz dazuzugehören war irgendwie immer da. Die beiden hatten eine Freundschaft auf einer Ebene, die ich nicht verstand. Vielleicht lag es an mir. Daran, dass ich immer alles ernster sah als sie beiden, oder es lag einfach an der Tatsache, dass sie sich schon länger kannten.

SnowwhiteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt