Teil 51

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Dienstagmorgen klingelte mein Wecker dreimal, bis ich endlich aufstand.

 Müde und mit leichten Kopfschmerzen ging ich erst einmal unter die Dusche, um etwas wacher zu werden.

 Nachdem Levi und die andere Jungs mich gestern nach Hause gefahren hatten, war ich unheimlich müde gewesen, aber ich hatte nach meiner Mom sehen und die Wohnung etwas aufräumen müssen. Meiner Mom schien es gut zu gehen. Sie hatte mein Fehlen kaum bemerkt und sich auch nicht allzu viele Sorgen um mich gemacht. Ich wusste ich nicht, ob ich darüber beunruhigt oder erleichtert sein sollte.

 Manchmal fragte ich mich, wie es weitergehen würde, wenn ich in etwas mehr als einem Jahr ans College ging. Was wäre dann mit meiner Mom? Ich war mir nicht sicher, ob ich sie einfach zurücklassen konnte, aber andererseits hatte ich mir geschworen das ich später einmal von der Last freikommen würde, ständig auf meine Mutter aufzupassen.

 Dann dachte ich daran, dass ich noch nicht mit Levi gesprochen hatte. Nicht über den Kuss und auch nicht darüber, dass er bei mir zuhause gewesen war.

 Stöhnend und mit einem darauffolgenden Gähnen verschob ich diese Gedanken auf einen späteren Augenblick. Jetzt war es noch deutlich zu früh, für diesen Mist.

 Ich machte mir ein Frühstück und schnappte mir meine Schultasche, ehe ich mich auf den Weg nach unten machte.

 Als die Türe hinter mir ins Schloss fiel und ich in die kalte Winterluft trat, hupte ein Auto.
Gerade wollte ich augenverdrehend Richtung Haltestelle gehen – in Gegenden wie diesen wurde man nicht selten von einem Typen angehupt und in diesen Fällen war es besser, wenn man einfach weiterging – aber dann fiel mir das Auto auf.

 Es stand auf der gegenüberliegenden Straßenseite und wieß einige Schrammen und Beulen auf.
Ich erkannte es wieder und war einen Moment lang so überrascht, dass ich nicht gleich reagierte, als Levi das Fenster auf der Beifahrerseite runterließ und sich zu mir rüber beugte.

 „Steigst du ein oder glotzt du nur?" zog er mich grinsend auf und schließlich löste ich mich aus meiner Starre.

 Zögerlich ging ich auf das Auto zu und öffnete die Beifahrertür. „Was machst du hier?" fragte ich etwas verunsichert, ließ mich aber auf dem Sitz nieder. Meine Tasche stellte ich im Fußraum zwischen meinen Beinen ab.

 Er hob die Schultern und rollte bereits aus der Parklücke. „Dich abholen."

 „Aber woher wusstest du, wann ich gehe?"

 „Wusste ich nicht."

 „Also hast du die ganze Zeit gewartet?"

 Er nickte und lächelte mir zu „War nicht lange, ich bin erst vor etwa acht Minuten hier angekommen."

 Meine Mundwinkel hoben sich und meine Wangen wurden rot. Verlegen und auch geschmeichelt wandte ich den Blick ab.

 Levi sagte nichts mehr und drehte die Musik etwas lauter. Nachdem ich einige Minuten etwas angespannt dagesessen hatte, entspannte ich mich langsam etwas und begann schließlich sogar leise mitzusingen.

***

Einige sahen neugierig in unsere Richtung, als ich aus Levis Auto stieg. Ich war mir jedoch nicht sicher, ob es daran lag, dass ich mit ihm zusammen gekommen war, oder weil ich jetzt diejenige war, die in der Schule zusammengeschlagen wurde.

 Ich bemühte mich mit Kräften, sie einfach zu ignorieren, aber leider gelang es mir nur teilweise.
In der Mittagspause, hatte ich vorgehabt mich in der Toilette zu verstecken, um den Blicken nur für eine halbe Stunde zu entkommen. Aber auf dem Weg dorthin begegnete ich Milo und Clea.
Sie stolperten gerade aus einem Klassenraum rechts von mir und kicherten verhalten. Als sie mich sahen, erstarrten beide und ihre Gesichter wurden ernst. Ich war mir nicht sicher, ob sie einfach nur überrascht waren, oder vielleicht genervt, mich zu sehen.

 Clea überwand ihren Schock schnell und umarmte mich. „Wie geht es dir?" fragte sie immer wieder und Milo schien sich brennend dafür zu interessieren, was passiert war.

 Wir machten uns auf den Weg in die Cafeteria wo ich mich zwischen den beiden hinsetzte.

 Ich erzählte ihnen alles. Von der Belästigung bis zum Krankenhaus und dabei ließ ich auch Levi nicht aus.

 Milos Gesicht verdunkelte sich nur unmerklich, während Clea eher begeistert schien.

 Ich hatte nicht wirklich das Gefühl, dass einer von beiden verstand, worum es eigentlich ging.
Clea wollte nur sehen, was alle anderen sahen. Eine Sensation, etwas Spannendes in Brokenhills. Und Milo klammerte sich mehr an seine Kritik an Levi.

 Als ich mir an die hundert Mal angehört hatte, wie Milo die ganze Zeit sagte, was Levi getan hatte wäre selbstverständlich gewesen, hielt ich es nicht mehr aus.

 Ich sprang auf und drehte mich um. Mitten in der Cafeteria, wo ich mich in Begleitung der beiden schließlich doch hingetraut hatte.

 „Hör auf damit." Sagte ich. Etwas zu laut, denn ein paar Schüler an den Nebentischen drehten ihre Köpfe in unsere Richtung.

 Milo zog die Brauen zusammen und runzelte die Stirn. „Womit?

 „Damit, die ganze Zeit Levi schlecht zu machen." Entgegnete ich.

 „Aber du kannst ihn doch auch nicht ausstehen, dachte ich."

 Ich stöhnte. „Der Unterschied ist aber, dass ich mich nicht nur an die Fehler von anderen halte."
Mit funkelnden Augen beobachtete ich wie Clea sich aufrechter hinsetzte. Ob ihr Gesicht Neugierde oder Besorgnis wiederspiegelte konnte ich nicht genau sagen.

 „Was Levi getan hat, war also selbstverständlich? Dann sag ich dir mal was. Du bist mein bester Freund." Ich sah zu Clea „Und du meine beste Freundin. Aber trotzdem habt ihr euch nicht einmal gemeldet geschweige denn seid ihr ins Krankenhaus gekommen. Levi war jeden Tag da. Und Thalia übrigens auch."

 Milo öffnete den Mund und wollte etwas sagen, aber ich hatte mich jetzt so in Rage geredet, dass ich nur schwer stoppen konnte. Dass es um mich herum jetzt verdächtig leise geworden war, realisierte ich gar nicht.

 „Apropos Thalia. Ich verstehe es nicht Milo. Du gehst mit ihr aus und ihr seid eigentlich mehr oder weniger ein Paar, aber offiziell machst du es nicht und gleichzeitig habe ich immer wieder das Gefühl, dass du mit mir flirtest. Was soll das? Es ist doch klar, dass ich Gefühle für dich hatte.
Macht es dir Spaß, so mit meinen Gefühlen zu spielen?" Und als das raus war, realisierte ich erst, was gerade geschah.

 Erstens war da die Tatsache, dass ich mich wehrte und meine Meinung sagte. Ich hatte außerdem gestanden, dass ich Gefühle für Milo hatte und gleichzeitig war mir die Vergangenheitsform aufgefallen, die ich dabei verwendet hatte. Mir war bis jetzt noch nicht wirklich klar gewesen, wie sehr sich meine Gefühle für Milo verändert hatten, aber jetzt wo ich es ausgesprochen hatte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich stand nicht mehr auf Milo.
Vielleicht hatte ich es nie getan, denn wenn ich meine Gefühle für ihn mit denen verglich die ich mittlerweile für jemand anderen entwickelt hatte, da schienen sie irgendwie wertlos, unwichtig.

 Clea schnappte nach Luft und legte eine Hand auf Milos Unterarm. Milo selbst starrte mich mit geöffnetem Mund an und um mich herum hörte ich Geflüster.

 Knallrot im Gesicht, wandte ich den Blick von meinen Freunden ab und mein Blick glitt über die Schüler ringsum.

 Ein Kreis hatte sich um unseren Tisch gebildet. Ich entdeckte Thalia unter den Leuten und neben ihr standen Sawyer, Oliver und Levi. Alle vier sahen gleichermaßen erstaunt aus. In Thalias Gesicht fand ich auch eine Spur Entsetzens.

 Jetzt stiegen mir Tränen in die Augen. Warum passierte mir so etwas immer? Peinlich berührt machte ich einen Schritt auf Thal zu, aber sie trat zurück und drehte sich dann um und lief davon. Sawyer folgte ihr.

Mit hängenden Schultern stand ich da und versuchte nicht zu weinen. Schließlich hielt ich es nicht mehr aus und machte auf dem Absatz kehrt. Die Schüler wichen mir aus, als ich aus der Cafeteria stürmte.


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Hi Leute!
Sorry... hab ja gesagt das erste Kapitel kommt um halb 9 aber es ist leider etwas sehr wichtiges dazwischen gekommen....
Dafür jetzt zwei und in einer halben Stunde nochmal 2 und danach dann wirklich jede halbe Stunde....

SnowwhiteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt