Kapitel 29

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Bekanntlich war aller Anfang schwer, aber Black Shadow zu reiten, war wohl mit das Schwerste, was ich je getan hatte. Immerwieder hob sich der Wallach raus oder bohrte gegen den Zügel. Ein paar mal war er sogar einfach stehen geblieben und hatte auf meinen Schenkeldruck gar nicht mehr reagieren wollen. Obwohl es noch von den Temperaturen angenehm war, wurde mir schon warm. Doch ich blieb eisern und ritt Shadow immer weiter und weiter. Mali und Ed standen in der Mitte des Platzes, jegliche Farbe war aus Malis Gesicht gewichen und ich konnte nur ahnen, wie gern sie jetzt lieber selbst auf ihrem Pferd gesessen hätte. Eds Miene war dagegen mal wieder undurchdringlich, immer wieder rief er mir Anweisungen zu, die ich versuchte so gut wie möglich umzusetzen. Ich hatte schon jegliches Zeitgefühl verloren, wie lang ritt ich schon? "So genug mit Schritt gehen", rief Ed mir nun zu, "Trab ihn mal an und wenn er trabt schick ihn einfach nur vorwärts" Ich nickte und biss angestrengt die Zähne zusammen, hoffentlich würde ich ihn überhaupt zum traben bekommen. Ich gab kräftigeren Schenkeldruck und außen leichte Paraden. Doch anscheinen hatte ich zu viel Druck gemacht, denn Shadow machte erschrocken einen Satz nach vorne, dass ich mit den Oberkörper auf seinen Hals sackte. "Vorsichtiger!", rief Ed mir zu, "Richte dich auf und treib ihn weiter" Leichter gesagt, als getan. Der Wallach konnte wohl nichts damit anfangen, dass ich auf seinem Hals gelandet war. Wie ein Traber lief er los, dass es mich ordentlich durchschüttelte. Dabei riss er den Kopf hoch, dass es mich mit Schwung wieder in den Sattel beförderte. Ich fiel dem jungen Pferd ziemlich unsanft in den Rücken, was er sofort mit einem Austreten nach hinten quitierte. Schnell versuchte ich in seinen Rythmus zu kommen, doch Shadow machte es mir nicht leicht. Er schüttelte heftig den Kopf, wodurch ich automatisch die Zügel kürzer fasste. Ein großer Fehler! Der Wallach kam noch höher mit seinem Genick. "Gib ihm mehr Raum!", rief Ed mir zu und ich erkannte beim vorbeireiten nur ihre erschrockenen Gesichter. Ein Schauer lief mir über den Rücken und meine Finger verkrampften sich um dir Zügel, so dass ich nicht mehr locker lassen konnte. Mit den Beinen versuchte ich den Wallach von unten nachzutreiben, doch er verstand nicht was ich wollte. "Hände vor Amber", drang Eds Stimme zu mir. Doch in diesem Moment war es Shadow zu viel geworden. Er schüttelte so heftig den Kopd, dass er mir den linken Zügel aus der Hand riss. Dann fing er an unter mir zu bocken. Da Bella nie bockte, war ich darauf nicht vorbereitet gewesen. Panisch versuchte ich den Zügel zu fassen und klammerte mich mit den Beinen fest. Doch das hatte alles keinen Sinn mehr, Shadow schlug einen Harken und ich flog im hohen Bogen in den Sand.

"Amber alles in Ordnung?", rief Mali entsetzt und lief auf mich zu. Ihr Gesicht war so weiß, wie die Umzäumung des Reitplatzes. Noch etwas benommen rappelte ich mich auf. Ich war noch nicht allzu oft vom Pferd gefallen und es war mir irgendwie ein bisschen peinlich. "Alles gut", erwiderte ich und klopfte mir den Sand ab. Das Adrenalin rauschte so durch meinen ganzen Körper, dass ich wohl erst später merken würde, ob mir etwas wehtat. Ed hatte in der Zwischenzeit Shadow wieder eingefangen und kam nun zu mir und Mali. "Vielleicht sollten wir das lassen", sagte Mali nun, "Es muss ja nicht sein, dass sich Amber auch noch was bricht" Ich starrte sie aus großen Augen an. Ich sollte jetzt Aufgeben? Das kam nicht in Frage! "Mir geht es gut Mali", versicherte ich ihr, "Wirklich! Und wie heißt es doch immer, wenn man vom Pferd fällt, soll man gleich wieder aufsteigen" Damit wankte ich an ihr vorbei und ging auf Black Shadow zu, der mir aus dunklen Augen entgegen sah. Ich blieb kurz vor ihm stehen, der schwarze Wallache schnaufte mir kurz entgegen, als würde er sich wundern, warum niemand mehr auf ihm saß. Mit einem mal hatte ich keine Angst mehr. Was sollte jetzt noch passieren? Runtergefallen war ich ja schon. Entschlossen nahm ich die Zügel aus Eds Hand, warf sie Shadow über den Hals und schwang mich in den Sattel. "Weißt du was das Problem war?" fragte Ed nun und grinste mich an, als ich wieder nach dem rechten Steigbügel angelte. "Du hast ihn vorne festgehalten und unten getrieben, er wusste gar nicht wohin", sagte er nun. "Ich hab ihm beim Antraben auch zu viel Druck gemacht", ergänzte ich und nickte. "Versuch dich beim Antraben tief in den Sattel zu setzen", riet mir Mali, "Er hat ordentlich Schwung, wenn man das nicht gewöhnt ist, haut es einen aus dem Sattel" Ich nickte, auf ein neues!

Diesmal war meine Hilfe zum Trab weicher gewesen. Shadow hatte zwar trotzdem einen Schub nach vorne gehabt, doch ich hatte mich darauf eingestellt und war fest im Sattel geblieben. Nun trabten wir auf dem Zirkel um Mali und Ed herum. Am Anfang war es schwierig den Wallach irgendwie vorwärts zu reiten, doch nun ging er geschmeidich und bohrte nur noch mit halber Kraft gegen den Zügel. Ich versuchte alles umzusetzten, was mir Ed und Mali von unten zuriefen. Auch achtete ich jetzt penibel darauf Shadow nicht rückwärts zu reiten. "Willst du mal galoppieren?", fragte Ed mich, als der Wallach endlich anfing mal ein kleines Stück nachzugeben. Ich nickte nur, mein neu gewonnener Mut rauschte nur so durch mich hindurch und gab mir Kraft. Als ich das erste mal aufgestiegen war, war ich viel zu verklemmt gewesen und hatte den Wallach nur gestört. Zur Bande hin setzte ich mich tief in den Sattel. Der Wallach hatte ordentlich Schwung und legte die Ohren an, als ich ihn etwas unbeholfen aussitzen wollte. Ich fackelte also gar nicht lange und ließ ihn angaloppieren. Shadow machte einen großen Satz nach vorne, doch ich blieb schwer im Sattel sitzen und versuchte nicht reflexartig die Hände nach hinten zu ziehen. Er schlug einmal übermütig nach hinten aus, dann galoppierte er friedlich um meine Reitlehrer herum. Sein Galopp war traumhaft, obwohl er nicht durchs Genick ging und ich mir sicher war, dass er vermutlich noch nicht mal durchsprang hatte er eine schöne, schwungvolle bergauf Galloppade und war angenehm zu sitzen. "Sehr gut Amber", rief Mali glücklich und sah uns mit strahlenden Augen nach, "Lass ihn galoppieren" Ein Strahlen schlich sich auf mein Gesicht. Was ein Traumpferd! Bellas Gallopp wirkte dagegen wie der eines Ponys. So musste sich Megan fühlen, wenn sie Golden Flashlight ritt. Nach ein parr Runden ließ ich den Wallach wieder in den Trab fallen und ließ ihm die Zügel länger. Sofort streckte er sich in die Tiefe und hörte auf gegen meine Hände zu bohren. Ich klopfte ihm den Hals und ließ ihn dann Schritt gehen. Ed und Mali tauschten zufriedene Blicke aus und ich ritt nach ein paar Runden auf sie zu. Mali klopfte ihr Pferd begeistert und jegliche Anspannung war aus ihrem Gesicht gewichen. "Das war für den Anfang wirklich gut Amber", sagte sie zufrieden damit, dass ihr Pferd gelaufen war. Ich strahlte und klopfte auch Shadows Hals, der Wallach genoss die Zuwendung. "Ja für den Anfang war es gut", brummte Ed und ergriff Shadows Zügel, damit ich absteigen konnte, "Aber es kommt noch eine Menge Arbeit auf uns zu" "Ich bin bereit", sagte ich und schwang mich glücklich aus dem Sattel. Meine Beine zitterten leicht, als ich im Sand landete. "Am Anfang bist du zu verklemmt geritten, deswegen hast du ihn unsicher gemacht", erklärte mir Ed, als wir den Weg Richtung Stall einschlugen, "Du hast vorne gehalten und unten gebollert. Damit hast du ihn unter Druck gesetzt. Auch wenn es sich im Moment nicht so auf ihm anfühlt, du musst ihn ganz fein reiten, durch seine Vorgeschichte ist er ziemlich sensibel" Ich nickte und hörte Ed aufmerksam zu. Als wir den Hof betraten war schon etwas Betrieb, Reitschüler liefen mit ihren gesattelten Pferden umher und warteten auf ihre Reitlehrer oder Freunde. Die Sonne war mittlerweile schon mehr hervor gekommen, sodass die Bäume große Schatten auf den Hof warfen. "Ist es schon so spät?", fragte ich überrascht und schaute mich um. Mali schnappte sich Shadows Zügel, da Ed nun zu seinen Reitschülern musste, ich hatte auch bald schon Unterricht. "Ich mach Shadow fertig", sagte Mali und schubste mich leicht Richtung Haus, "Beeil dich lieber, wenn du noch vor deinem Unterricht Frühstücken möchtest" Dankbar lächelte ich ihr zu und lief mit schnellen Schritten zum Haus. Viel Zeit blieb mir nicht, aber das war mir egal. Das war es mir wert gewesen.

Black Shadow - GefundenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt