Ich war früh dran, was schon an ein Wunder grenzte. Bis zur Springstunde mit Bella waren es noch 2 Stunden, vielleicht würde ich in der Zeit meine dreckigen Schabracken zur Reinigung bringen. Im Flur des Haupthauses stand eine große Holzkiste, in der wir alle dreckigen Schabracken oder andere Decken sammelten. Alle zwei Wochen wurden diese dann abgeholt und gereinigt. Ich fand das eigentlich ganz praktisch, ich hatte meine Mutter noch zu gut im Ohr, wie sie sich darüber geärgert hatte, dass Bellas Decken unsere Waschmaschine verschmutzten. Ich schnappte mir also meine Dressur- und meine aktuelle Springschabracke und lief Richtung Haupthaus. Die Sonne stand hoch am Himmel, keine Wolke war zu sehen. Ich liebte den Sommer einfach, alles machte mehr Spaß. Ich zog die frische Luft ein. Es roch nach Pferden, Stroh und einfach nach Sommer.
Nachdem ich meine Schabracken in die Kiste gebracht und frische aus meinem Zimmer geholt hatte, lief ich wieder zurück auf den Hof. Will war gerade auf Dancer aufgestiegen und auch Emilio saß schon auf Anyway. Die zwei hatten nun Springtraining. Da ich im Moment eh nichts zu tun hatte, konnte ich auch den beiden zuschauen. Ich liebte es ja insgeheim anderen beim Reiten zu zuschauen. Es war so spannend wie sie mit ihren Pferden umgingen, was sie ritten und einfach alles. Außerdem fand ich, dass man auch schon vom Zuschauen eine Menge lernen konnte. "Ich komme mit euch runter!", rief ich den Jungs zu und eilte auf sie zu. Will lächelte mir entgegen. "Cool, mach das", sagte er höfflich. "Dann kannst du noch was lernen", grinste Emilio breit und klopfte seinem Wallach den Hals. "Na hoffentlich", erwiderte ich und klopfte Dancer kurz auf die Kruppe, bevor ich mich zwischen ihnen durchquetschte. Mit mir im Schlepptau ritten die Jungs zum großen Springplatz. "Fühlt sich irgendwie schon ganz normal an", sagte Emilio plötzlich. "Was?", fragte Will, der ganz in Gedanken versunken schien. "Na zum Training zu reiten", antwortete Emilio, "Hier zu wohnen, mit euch zusammen zu sein" Ich nickte, er hatte recht. Mein Leben hatte sich innerhalb eines knappen Monats so extrem verändert, dass ich gar nicht wusste wie mir geschah. Vor zwei Monaten war ich noch zu Hause gewesen und vor Stolz fast geplatzt, als der Brief der Akademie gekommen war, dass ich kommen durfte. "Da hast du recht", bestätigte Will nun, "Ich habe auch schon das Gefühl, dass wir uns alle ewig kennen würden" "Es ist der Wahnsinn was in diesem Monat schon passiert ist", sagte ich nun, "Vor ein paar Monaten bin ich noch bei mir zu Hause in unserer dunklen Scheune geritten und heute habe ich richtiges Springtraining!" Eine Wärme zog sich durch meinen Körper, ich lebte hier gerade meinen Traum. "Nicht zu vergessen, dass du noch nebenbei ein wildes Pferd trainierst und am Wochenende zum Sichtungsspringen für die hessischen Meisterschaften fährst", ergänzte Will und lachte. Ich wurde etwas rot, jetzt war mir mein kleiner Erfolg doch etwas unangenehm.
Als wir den Platz erreicht hatten, setzte ich mich brav aufs Gatter und sah den anderen bei der Arbeit zu. Marko gab heute die Springstunde für die Jungs, was Emilio sehr in die Karten spielte. Marko hatte einfach das Talent und das Gefühl sich in seine Reiter hineinzuversetzen. Bei ihm hatte niemand Angst oder ein komisches Gefühl. "Hey!", sagte plötzlich jemand neben mir. Ich drehte den Kopf, Pen hatte sich zu mir ans Gatter gestellt. Ich wusste, dass sie noch nicht eine Springstunde von Will und Dancer verpasst hatte. Dancer war nämlich ihr kleiner Liebling. Als sie selbst noch Reitschülerin war, war sie ihn oft geritten. Er war ein toller Lehrmeister und sie liebte den schneeweißen Wallach wie ihr eigenes Pferd. Generell wurden alle Schulpferde hier toll behandelt, von allen verwöhnt und oft von den Lehrern geritten. "Na", sagte ich gut gelaunt, "Keine Sorge, sie haben noch nicht angefangen" "Gut", sagte Pen emotionslos und starrte auf den Springplatz, ohne einen festen Punkt zu fixieren. Ich musterte sich kritisch von der Seite, so kannte ich Pen gar nicht. Sie war sonst eher aufgeweckt und nicht so still. "Alles in Ordnung?", fragte ich vorsichtig, "Du wirkst so... bedrückt" Pen seufzte und sah mich dann an. "Es ist wegen Molly", platzte sie heraus. Ich sah sie verblüft an, "Was ist mit ihr?" Molly war eins der Mädchen, die einmal im Monat auf den Hof kamen und Reitunterricht bekamen. Sie hatten gute Chancen eines Tages selbst hier zu reiten. Jedoch hatten Mollys Eltern nicht das Geld die teuren Reitstunden hier zu bezahlen, daher hatte Pen dies bislang übernommen. Insgeheim hatte ich die Vermutung, dass Pen sich selbst in Molly sah, da sie früher auch nicht das nötige Geld gehabt hatte. Jedoch hatte sie es geschafft, sie hatte die Akademie erfolgreich abgeschlossen und war nun selbst zur Ausbildung hier. "Das Pony ihrer Tante hat einen großen Sehnenschaden", sagte Pen traurig, "Es wird ein gutes Jahr stehen müssen" Ich machte große Augen, ein Sehnenschaden war immer eine blöde Sache. Vorallem da er immerwieder kommen konnte. "Das ist ja blöd", sagte ich bestürzt. "Du sagst es", schaubte Pen. "Welches Pferd kann sie denn dann reiten?", fragte ich vorsichtig. "Gar keins, dass ist ja das Problem", jammerte Pen, "Ein Jahr lang kein reiten, kein Training. Ich habe ihren Eltern angeboten, dass ich ihnen hier ein Schulpferd bezahle, aber das wollen sie nicht. Auch wenn es nur für einmal im Monat ist. Und naja, ein eigenes Pferd ist keine Option und meine Pferde sind zwar brav, aber nicht anfängergeeingnet. Es ist zum verrückt werden Amber! Und Molly ist völlig fertig, sie wollte dieses Jahr noch ihr Reitabzeichen machen" Pen vergrub ihr Gesicht in den Händen und schaute nur kurz auf, als Will gerade mit Dancer über einen kleinen Oxer sprang. "Sie hat noch gar kein Reitabzeichen?", fragte ich verblüfft. "Nein", antwortete Pen, "Sie hat nur den Basispass, die ganze Familie hat dafür gespahrt" Mein Herz zog sich zusammen. Arme Molly, da hatte sie so viel getan und so viel Hilfe von Pen und ihrer Tante bekommen und dann das. Vielleicht war ein Grund warum ich mit Pen gut auskam und mit Molly mitfühlen konnte der, dass es mir früher ähnlich gegangen war. Meine Eltern hatten eigentlich auch nicht das Geld für den ganzen Pferdekram gehabt und trotzdem alles für mich gegeben, damit ich meinen Traum hier leben durfte. Plötzlich hatte ich eine Idee. "Ihr sucht also ein liebes Pferdchen?", fragte ich. Pen sah auf, "Ja, eins fürs Training und vielleicht auch fürs Reitabzeichen und kleine Tuniere. Weißt du was?" Ich grinste sie breit an. "Jetzt spuck es aus Amber", rief Pen aufgeregt, "Kennst du eins?" Ich lachte, "Ich kenne eins und hab eins" Pen machte große Augen. "Meinst du Bella?", fragte Pen mit großen Augen, "Aber du brauchst sie doch selber" "Sonntags nich zwingend", erwiderte ich. "Und was ist mit Reitabzeichen und Tunieren?", fragte Pen unsicher. Ich grinste, "Kein Problem. RA 5 ist kein Thema für Bella und wenn ich aufs Tunier fahre kann Molly ja mit und davor eine E-Dressur oder ein E-Springen gehen" Pen musterte mich durchdringend, "Und da bist du dir ganz sicher?" Ich nickte entschlossen, "Ganz sicher. Und jetzt ruf Molly an, nach der Springstunde kann sie vorbei kommen und Bella ein bisschen Probereiten. Mal sehen, wie sie zurecht kommen" Pen fiel mir so plötzlich um den Hals, dass ich fast vom Zaun gefallen wäre. "Danke Amber!", sagte sie gerührt, "Das ist einfach klasse von dir!"

DU LIEST GERADE
Black Shadow - Gefunden
AdventureDer Wind peitschte mir in die Augen und der Regen durchnässte meine Kleidung, aber das spührte ich alles kaum. Denn in diesem Moment gab es nur mich und dieses unberechenbare schwarze Pferd, das mich aus wilden Augen anstarrte... Ich habe es geschaf...