Es war nun schon Nachmittag, als ich mich auf Bellas Rücken schwang. Meine Scheckstute blieb artig stehen und wartete geduldig bis ich mich sortiert hatte. Nachdem sie auch eine anstrengende Woche hinter sich hatte, hatten Kasmir und ich bei der letzten Springstunde verabredet zusammen auszureiten. Ich klopfte Bella den gemusterten Hals. "Sei mir bitte nicht böse, dass wir das Tunier nicht zusammen reiten,ja?", sagte ich nun zu ihr. Kurz überkam mich ein Hauch von wehmut, zu gerne hätte ich meinen Eltern beim Tunier gezeigt wie sich Bella entwickelt hatte. Sogar auf die Dressur hatte ich mich gefreut. Doch es ging gerade nicht darum mit Bella Ruhm zu erhalten, es gab gerade wirklich wichtigeres. Ich konnte mich immernoch freuen, denn schließlich würde ich mit Bella am Wochendende zum Sichtungstunier für die hessischen Meisterschaften fahren. Allein das war eine große Ehre für mich. Mittlerweile war auch die Sonne wieder aufgekommen, ich winkte kurz Will, Lis und Noah die nun Springtraining hatten. Will saß heute wieder auf Prinz und klopfte seinem Wallach den braunen Hals. Endlich kam auch Kasmir mit ihrer Schimmelstute Apple Pie aus dem Stall. "Tut mir leid, ich habe die Gamaschen nicht gefunden", sagte sie zerknirscht und stieg dann auf.
Wir ritten im Schritt zur Geländestrecke. Als wir am Springplatz vorbei kamen, waren die anderen schon am traben und galoppieren. Marko, der Reitlehrer, stand in der Mitte und rief ihnen immer wieder etwas zu. Alles schien so friedlich wie immer, als wäre das Drama von vorhin schon wieder Schnee von gestern. Alles ging seine gewohnten Routinen. Doch es war nicht alles gut, im Gegenteil. Angst plagte mich. Konnte ich das schaffen? In einem Monat? "Du wirkst gerade nicht wie jemand, der ein Pferd retten will", meinte Kasmir nun, die mich eine Zeit lang von der Seite beobachtet hatte. Sofort verstezte mich das wieder in die Wirklichkeit. Links konnte ich den Weg erkennen, den wir in unserer ersten Woche mit Ed galoppiert waren. Es schien für mich schon ewig her zu sein, aber das war nur Einbildung. "Ich glaube ich muss das jetzt erstmal alles realisieren", gestand ich meiner Freundin und ließ Bella die Zügel lang. Sie war die Ruhe selbst. "Kann ich verstehen", sagte Kasmir nun, sie hatte die Zügel ihrer Stute lieber aufgenommen, "Aber vergiss nicht unter Druck klappt gar nichts" Ich nickte, "Es ist gerade alles ziemlich viel auf einmal, ich glaube ich muss erstmal zur Ruhe kommen" Kasmir nickte ebenfalls, ich wusste sie verstand mich. Ich hatte nun das Tunier mit Shadow, worauf ich mich voll und ganz konzentrieren musste, aber auch das Sichtungstunier machte mir Druck und dann gab es noch Molly, der ich ebenfalls mein Wort gegebn hatte Bella zu reiten. "Du packst das", machte Kasmir mir Mut, "Und wir alle helfen dir" Ich lächelte nun doch etwas, womit hatte ich nur so tolle Freunde verdient? "Schade, dass du nicht mit zum Sichtungsspringen kommst", sagte ich traurig, es wäre toll gewesen Kasmir dabei zu wissen. Doch die winkte nur ab. "Nächstes Jahr dann", sagte sie, aber ich konnte trotzdem die Enttäuschung in ihren Augen sehen, "Ich bin im Moment einfach froh, dass das Springen und auch das Gelände so gut klappt" Ich nickte zustimmend, "Ihr habt wirklich schon große Fortschritte gemacht und werdet beim Tunier im September bestimmt ordentlich abliefern" Kasmir strahlte mich an. Die Vögel zwitscherten über uns, als wir in den Wald ritten. Wir gurteten nochmal noch und trabeten dann an. Ich ritt mit Bella ersteinmal vorneweg, da der Weg ziemlich eng war. Als er dann aber breiter wurde, kam Kasmir mit Apple Pie neben mich und ich musste Bella ganz schön antreiben um mit zu halten. Wie von selbst galoppierten die beiden Pferde am großen Tor an, wo ich damals mit Will nach Shadow gesucht hatte. Ohne hektig und ganz in Ruhe ritten wir nebeneinander den breiten Weg entlang. Rechts von uns standen vereinzelnt ein paar Geländesprünge, wobei manche schon gut zugewachsen waren. Der Wind sang mir in den Ohren. Nur der dumpfe Hufschlag und das Rauschen der Blätter war zu hören. "Das ist einfach gigantisch!", rief Kasmir mir nun zu und lachte übers ganze Gesicht. Ich konnte nur mit einstimmen, auch wenn wir nicht durch den Wald heitzten war es einfach wunderbar. "Was meinst du wie lang dieser Weg ist?", fragte ich nun Kasmir. Wir waren immer weiter gerade aus geritten, ein paar mal hätten wir noch links abbiegen können, aber das war uns gar nicht in den Sinn gekommen. "Ich weiß nicht", gestand Kasmir und schaute in die Ferne, "Aber der Weg geht auf jeden Fall noch ein ganzes Stück weiter" Wir beschlossen dem Weg einfach weiter zufolgen und ritten unbeirrt weiter. Verlaufen konnten wir uns ja nicht, da wir uns immernoch auf dem Land der Akademie befanden. Wir galoppierten kleinere Hügel hoch und runter und kamen sogar an einer Waldlichtung vorbei. Doch wir ritten immer weiter und folgten dem Weg. Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, als wir unsere Pferde durchparierten. Wir hatten den Endzaun erreicht. "Hier ist es voll cool", meinte Kasmir nun, dem konnte ich nur zustimmen. Am Rand des Weges standen ein paar Bänke und eine große Holzkiste mit Wasser für die Pferde. "Schau mal wir können sogar hier links weiter", sagte ich nun und deutete auf einen kleinen Pfad der am Zaun entlang führte. "Sicher, dass das ein Weg ist?", fragte Kasmir, als wir näher ritten. Ich zuckte die Achseln, doch meine Neugierde war geweckt. Also ritten wir nun hintereinander den kleinen Pfad entlang. Es war ein Wiesenweg, der nach kurzer Zeit immer steiler bergauf führte. "Ich weiß ja nicht", hörte ich Kasmir hinter mir sagen, doch ich sah schon, dass weiter oben der Weg breiter wurde und aus dem Wald heraus führte. "Wir sind gleich oben", rief ich über meine Schulter und ritt unbeirrt weiter. "Mit dir gehe ich so schnell nicht mehr...", hörte ich Kasmir noch sagen, doch dann verstummte sie. Wir waren ganz oben angekommen und hatten nun eine atemberaubende Aussicht auf das ganze Gelände der Akademie. "Wow", staunte Kasmir und dem hatte ich nichts mehr hinzuzufügen. Unter uns erstreckte sich der Wald durch den wir gerade geritten waren, in der Ferne sah man Hügel und Wälder. Die Akademie lag im Tal, sie wirkte von hier immer noch riesig. Wir konnten die Reitplätze sehen, auf denen noch geritten wurde, die Ställe, das Haupthaus und die Koppeln. Es hatte sich wirklich gelohnt hierher gekommen zu sein! "Wir müssen hier auf jeden Fall auch noch mit den Jungs herkommen", sagte Kasmir nun und kam aus dem staunen gar nicht mehr heraus. "Absolut", bestätigte ich, "Die Strecke ist auch ideal um lange zu galoppieren" Wir blieben noch für eine Weile an diesem Platz, er strahlte eine gewisse Ruhe aus, die wir beide in den letzten Tagen vermisst hatten. Ich hatte das Gefühl endlich mit etwas Abstand auf die Dinge sehen zu können und schöpfte neuen Mut. Die nächsten Wochen würden hart werden, aber sie sollten sich lohnen. Da war ich mir ganz sicher.
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Black Shadow - Gefunden
AdventureDer Wind peitschte mir in die Augen und der Regen durchnässte meine Kleidung, aber das spührte ich alles kaum. Denn in diesem Moment gab es nur mich und dieses unberechenbare schwarze Pferd, das mich aus wilden Augen anstarrte... Ich habe es geschaf...