Ich musste leider zugeben, ich konnte einfach nicht widerstehen und ließ Bella noch ein- oder zweimal über den kleinen Sprung springen, bevor ich sie am langen Zügel Trockenritt. Die Bewegung hatte ihr gut getan, sie war jetzt entspannt und locker. Inzwischen waren auch Will und der andere Junge wieder gekommen, der sich mir als Emilio vorstellte. Emilio war ein richtiger Gute-Laune-Mensch und ich konnte mir sogar vorstellen, dass Megan ihn mögen müsste. Sein Pferd Anyway, ein Brauner mit schiefer Blesse, passte perfekt zu ihm. Zusammen ritten wir nun auf dem Platz unsere Runden und unterhielten uns über Gott und die Welt. So hatte ich mir mein Leben hier vorgestellt! Umgeben von neuen Freunden zusammen reiten und trainieren, an den Wochenenden zusammen zum Tunier oder auf Lehrgänge fahren. Eine Last fiel mir von den Schultern und ich fühlte mich wohl. Nach ein paar Runden kam Frau Lodrig mit einem weiteren Jungen, der auf einem Rappen saß, welcher an allen Beinen weiße Socken hatte. Der Junge war blass und schaute die meiste Zeit nach unten auf sein Pferd Xenon. Er hieß Noah und war ein Jahr jünger als Will und Emilio, aber immer noch ein Jahr älter als ich. Ich winkte ihnen nochmal kurz zu und ritt dann vom Platz, die Sonne stand schon tief am Himmel und die Luft kühlte etwas ab. Die Vögel zwitscherten und in der Ferne hörte ich einen Hund bellen, den ich in den nächsten Tagen unbedingt mal ausfindig machen wollte. "Amber richtig?", unterbrach Frau Lodrig meine Gedanken und ich zuckte innerlich zusammen. Hatte ich was falsch gemacht? Hatte sie meine Sprünge gesehen? Aber es war doch immer noch meine Entscheidung was ich mit meinem Pferd tat. Ich wendete Bella nochmal und ritt ein paar Schritte auf die kleine Frau zu, deren Augen kritisch erst mich und dann mein Pferd musterten. Meine Schultern verspannten sich unter ihrem Blick. "Du hast eine schöne, ruhige Hand und ein Gefühl für dein Pferd, dass gefällt mir", sagte sie ruhig. Oh, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich wollte schon danke sagen und mit dem Lob in der Tasche schnell zum Stall reiten, aber sie war noch nicht fertig. "Aber an deiner Haltung, deinem Sitz und deiner Einwirkung aufs Pferd müssen wir noch hart arbeiten.", setzte sie noch hinterher und nickte nachdrücklich. "Du kennst dein Pferd und es kennt deine Reitweise, aber du holst nicht alles aus ihm raus. Bei deinen verlängerten Trabschritten auf der Diagonalen habe ich die ganze Zeit auf eine Verlängerung gewartet. Dabei war dein Pferd komplett bei dir und hat nur auf dich gewartet, du musst energischer werden, sie ist ja brav. Wenn ich dich auf eins meiner Schulpferde setze, werden die nicht wissen was du willst. Du willst doch unterschiedliche Pferde gut präsentieren können oder?" Ich nickte stumm und schluckte, dass war schonmal eine Ansage gewesen und sie war noch nicht fertig. "Dann mach dich da oben nicht so klein, Bein dran, setz dich tief in den Sattel und packt dein Pferd auch mal an.", rief Frau Lodrig jetzt voll im Rausch ihrer Beobachtungen. "Ich werde mein bestes geben", sagte ich eifrig und nickte. Sie hatte recht, dass wusste ich. Sie nickte zufrieden und entließ mich dann. Gedankenverloren ritt ich zum Stall und sattelte ab. Eigentlich konnte ich von Glück reden, ich hatte meine Beurteilung schon heute bekommen und konnte es somit morgen besser machen. Im Kopf ging ich immer wieder durch, was Frau Lodrig zu mir gesagt hatte, auch als ich später mit Kasmir, Will und Emilio zu Abend aß.
Irgendwann hörte ich aber auch auf zu grübeln und stieß mit meinen neuen Freunden auf unseren ersten Tag an. Wir blieben noch lange sitzen erzählten von zu Hause, Tunieren und anderen Sachen, bis uns Rosi auf unsere Zimmer scheuchte, da wir morgen schon früh aufstehen mussten. Meine erste Stunde hatte ich morgen früh bei Frau Lodrig, zusammen mit Noah und Will. Ich wusste nicht ob es das Kribbeln in meinem Bauch Vorfreude war oder Nervosität, vermutlich beides. Kasmir und ich blieben noch etwas wach und quatschen bis wir irgendwann erschöpft einschliefen. In meinen Träumen sprang ich mit Bella über hohe Hindernisse und flog mit ihr über den Geländeplatz, der Wind peitschte mir ins Gesicht und ich wusste bald nicht mehr ob es ein Traum war oder ob ich wirklich auf Bella saß. Meinen Traum lebte ich jetzt, aber zurücklehnen konnte ich mich nicht, denn morgen würde der Tag kommen der mein Leben fürimmer verändern sollte.
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Black Shadow - Gefunden
AbenteuerDer Wind peitschte mir in die Augen und der Regen durchnässte meine Kleidung, aber das spührte ich alles kaum. Denn in diesem Moment gab es nur mich und dieses unberechenbare schwarze Pferd, das mich aus wilden Augen anstarrte... Ich habe es geschaf...