Mein Tag heute war einfach zu stressig, es war mittlerweile Nachmittag und ich war dabei Bella in Rekordzeit abzusatteln. Ich hatte Will versprochen dabei zu sein, wenn er das erste mal Dancer ritt. Meine Scheckstute stand wie ein Denkmal vor ihrer Box und es störte sie nicht im geringsten, dass ich hektisch um sie herum lief und ihre Sachen wegräumte. Kasmir stand mit ihrer Schimmelstute nur wenige Meter entfernt von uns und war mindestens genauso gestresst. "Lustig, vor ein paar Tagen haben wir uns noch beklagt, dass wir so wenig zu tun haben und jetzt kommen wir fast nicht hinterher", lachte Kasmir und wuchtete ihren Springsattel auf Apple Pies Boxentür, um den Schoner darüber zu werfen. "Ja, der Tag ist ganz schön zugepackt", erwiderte ich und bürstete nochmal über Bellas Gamaschen. "Wäre es nicht mega, wenn Will auch mit Dancer aufs Tunier dürfte", schwärmte Kasmir, "Er reitet so gut und Dancer ist ein total erfahrenes Pferd, mit dem kann er locker mit L einsteigen" Da musste ich Kasmir zustimmen. Der 13 jährige Schimmelwallach war ein sehr routiniertes Springpferd. Pen hatte mir erzählt, dass sie ihn früher auch oft geritten wäre. Damals wäre er schon immer sehr vorsichtig am Sprung gewesen und hätte nie unarten unter seinem Reiter vollzogen. Für mich war es am Anfang komisch gewesen hier Schulpferde zu sehen. Alle Schulpferde die ich von früher kannte, waren quasi halbtote, lahme Rentnerpferde gewesen, die mir immer leid getan hatten. Mit ihnen hatte man noch nicht mal mehr normal reiten können, da jeden Tag um die drei Kinder auf ihnen rumgerutscht waren und es die Reitlehrer nicht interessiert hatte, ob die Kinder den Pferden in den Rücken plumpsten oder grob an den Zügeln rissen. Bei den Schulpferden hier war es was ganz anderes. Sie wurden überwiegend von den Reitlehrern oder den älteren Schülern geritten, manche nahm sogar Ed mit aufs Tunier. Sie wurden von allen umsorgt, bekamen Pausen und die Reitlehrer waren sehr empfindlich, wenn ein Reitschüler sie ritt. Diese Art der Haltung gefiel mir schon viel besser, nur leider waren für Außenstehende Reitstunden auf diesen Pferden ziemlich teuer. Daher konnte auch Pens kleine Reitschülerin Molly, für deren Eltern die Reitstunden hier schon zu teuer waren, es sich erst recht nicht leisten ihrer Tochter eine Reitstunde plus einem Schulpferd zu finanzieren. Es drehte sich mal wieder alles um Geld und das hasste ich irgendwie.
Nachdem Kasmir und ich unsere Pferde auf die Koppel gebracht hatten, liefen wir auf direktem Weg zum Springplatz. Will war schon am traben, da wir doch ein bisschen spät waren. Frau Lodrig stand in der Mitte und beobachtete das Geschehen. So ernst hatte ich sie beim Unterricht geben noch nie gesehen, aber Pen hatte mir erzählt, dass Dancer einer ihrer Lieblinge war. Also war es sozusagen eine Ehre für Will, dass er den schneeweißen Wallach reiten durfte. Sie gaben auch keine schlechte Figur zusammen ab, Dancer lief fleißig auf dem Zirkel und bog seinen schönen Hals. Wir stellten uns mit ein bisschen Abstand zu Megan und Lis, die ebenfalls gekommen waren, um Will zu zuschauen. "So jetzt galoppierst du ihn mal an und kommst dann hier vorne über das Kreuz, Will", rief Frau Lodrig über den Platz. "Hab ich was verpasst?", rief auf einmal Pen hinter uns und drängelte sich zu uns an den Zaun. "Musst du nicht Unterricht geben?", fragte Kasmir belustigt, aber Pen winkte nur ab. "Ich musste leider ein geschäftliches Telefonat annehmen und die Stunde deshalb früher beenden", sagte sie ganz aufgeregt und sah zu Dancer, der mittlerweile mit großen Galoppsprüngen über den Platz galoppierte. Kasmir und ich grinsten uns an, das war typisch Pen. Mit Dancer hatte sie damals einige ihrer Reitabzeichen gemacht und der große Schimmel war ihr ans Herz gewachsen. Will galoppierte nun im flüssigen Tempo auf das kleine Kreuz zu. Eigentlich hatte ich erwartet das der Wallach so einen kleinen Sprung gar nicht mehr ernst nehmen würde, da er wenn er wollte auch über die Umrandung des Platzes und noch höher springen konnte. Doch der Wallach war komplett auf seine Aufgabe konzentriet und gab sich große Mühe. "Sehr gut so Will", hörten wir Frau Lodrig sagen und ließ die beiden noch über ein paar kleine Steilsprünge springen. Alles klappte ohne Fehler. Zufrieden klopfte Will dem Wallach den Hals. Frau Lodrig kam in großen Schritten auf ihn zu und redete kurz auf ihn ein, worauf Will nur nickte und die Zügel wieder aufnahm. "Über was die wohl reden?", fragte ich, mal wieder geplagt von meiner großen Neugierde. "Bestimmt ob er gleich in einem M- oder S-Springen starten soll", flüsterte Kasmir ehrfürchtig, worauf ich lachen musste und sie in die Seite stieß. "Dafür müssten sie erstmal höher als A-Höhe springen", unterbrach ich die Euphorie meiner Freundin. "Also Dancer könntest du gleich mitnehmen zu so einem Tunier", sagte Pen mit leuchtenen Augen, "Der schafft das ohne sich groß anzustrengen" Ich blickte von Kasmir zu Pen und da sollte noch einmal jemand sagen, dass ich Pferdeverrückt wäre. Wie aufs Stichwort drehte sich Frau Lodrig nun zu mir und Kasmir um. "Amber, Kasmir? Könntet ihr mir kurz helfen die Sprünge höher zu stellen?", fragte Frau Lodrig uns nun. Kasmir grinste mich frech an, als wir nun den Platz betraten. "Na, was hab ich gesagt", grinste sie zufrieden, als wir die Sprünger höher stellten. Sie waren jetzt zum Teil auf L-Höhe, so hoch war vermutlich noch keiner von uns so wirklich gesprungen. Eilig verließen wir wieder den Platz, als Will den Schimmel angaloppierte. Der Wallach zog mit gespitzten Ohren den ersten Sprung an, Wills Blick war hochkonzentriert. Mit einem gewaltigen Satz flogen sie darüber hinweg, doch Will hatte den nächsten Sprung schon ins Auge gefasst, eine Kombination mit zwei Galoppsprüngen. Wie durch Zauberhand steuerte Dancer ohne große Einwirkung von Will das Hinderniss an. Zack! Schon lag die Kombination hinter ihnen. Als nächstes folgten eine schräge Distanz und eine Tripplebarre. Alles kein Problem für die beiden, mit einem breiten Grinsen im Gesicht, klopfte Will seinem Pferd den Hals, als sie alle Sprünge überwunden hatten. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich den Atem angehalten hatte, wären Will geritten war, so aufregend war es für mich gewesen. Doch jetzt grinste er mir breit zu und regte seinen Daumen nach oben, ich lächelte zurück. "Also jetzt darf er ihn bestimmt öfter reiten", rief Kasmir mit leuchtenen Augen, doch ich hörte ihr nicht richtig zu, denn links neben mir konnte ich die gedämpften Stimmen von Megan und Lis wahrnehmen. "Wenn Will nun so ein tolles Pferd reitet, wird es glaube ich schwer für mich und Dusty da mitzuhalten", sagte Lis gerade respektvoll. Ich hörte Megan nur schnauben, "Will hat es auch verdient, aber das Amber jetzt Shadow reitet passt mir gar nicht in den Kram" Ich schluckte und mein Herz begann heftig gegen meine Brust zu klopfen. "Was ist so schlimm daran?", hörte ich Lis fragen. "Ich habe mich mal über Shadow schlau gemacht, das ist ein super, top Pferd mit einer wahnsinnig guten Abstammung! Wenn der wieder richtig läuft, gewinnst du mit dem alle Tuniere", erzählte Megan flüsternd. Ich musste mich anstrengen die beiden noch zu verstehen. "Ja, aber es ist doch immer noch Malis Pferd und nicht Ambers", meinte Lis nun vorsichtig, um Megan zu beruhigen. "Noch", sagte diese jetzt und ich hörte ein lächeln in ihrer Stimme. "Wie meinst du das?", fragte Lis nun verunsichert. "Ich habe doch gesagt, dass ich ein zweites Pferd suche. Jeder hat einen Preis, auch Mali hat einen", sagte Megan nun zufrieden. Ich ballte die Hände zu Fäusten. "Und wenn Mali ihn nicht verkaufen will", fragte Lis nun unsicher. Ich hörte Megan kurz lachen. "Keine Sorge", sagte sie nun zu Lis, "Ich habe noch ein Ass im Ärmel, wenn ich dieses Pferd nicht bekomme, dann keiner!"
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Black Shadow - Gefunden
AdventureDer Wind peitschte mir in die Augen und der Regen durchnässte meine Kleidung, aber das spührte ich alles kaum. Denn in diesem Moment gab es nur mich und dieses unberechenbare schwarze Pferd, das mich aus wilden Augen anstarrte... Ich habe es geschaf...