Ich atmete die frische Luft ein, als ich an diesem morgen den Hof betrat. Als wir gestern Abend nach Hause gekommen waren, hatten meine Freunde schon auf mich gewartet und mir ausführlich gratuliert. Wir hatten anschließend noch lange im Gemeinschaftsraum zusammen gesessen und auf mich und Megan angestoßen. Zwischendruch hatte ich dann auch noch mit meinen Eltern telefoniert, die aus dem Staunen über meinen Ritt gar nicht mehr heraus gekommen waren. Kein Wunder, dass ich jetzt noch ein bisschen müde war, als ich nun den Stalltrackt der Reitlehrer betrat. Wie von selbst trugen mich meine Beine zu Black Shadows Box. Der junge Wallach schaute aus seinem großen Fenster und beobachtete die anderen Pferde, die gerade auf die Koppel gebracht wurden. Als er mich jedoch bemerkte war das Fenster nicht mehr ganz so interessant und er kam gehorsam zu mir. Ich strich ihm über seine weiße Blesse, "Na, hast du Lust auf einen Ausritt?"
Will wartete schon mit Prinz im Hof, als ich nun endlich mit Shadow aus dem Stall kam. Da wir gestern auf dem Tunier gewesen waren, würden die Pferde heute einen entspannten Tag haben. Nächsten Sonntag würde dann auch Molly wieder Reitunterricht in der Akademie bekommen. Es wäre das erste mal, dass sie mit Bella teilnehmen würde. "Und alles gut bei euch?", fragte Will, als ich nun aufstieg. Shadow hatte es mal wieder eilig und blieb natürlich nicht stehen, aber das kannte ich mittlerweile nur zu gut von ihm. Er war nicht mehr so faul wie früher, sondern hatte eher ins andere Extrem gewechselt. Zusammen ritten wir nun richtung Wald. Der schwarze Wallach war mal wieder sehr gut drauf und machte riesen Bögen um alles, was irgendwie gruselig sein könnte. Als vor uns plötzlich ein Vogel aus dem hohen Gras flog riss er den Kopf hoch und machte einen Sprung zur Seite. "Den sticht ja der Übermut", meinte Will, als wir den Wald erreicht hatten. "Ja die ersten Minuten sind nicht ganz so gemütlich", gab ich zu und versuchte Shadow so gut es ging vorne zu beschäftigen. "Wenn du magst können wir traben", schlug Will nun vor, "Hier geht es leicht bergauf, dann verliert er vielleicht seine Power" Ich musste lachen, "Von mir aus gerne, aber ich glaube nicht, dass ihm das groß anstrengen wird" Ich nahm die Zügel etwas mehr auf, was Shadow erstmal zum Anlass nahm dagegen zu ziehen, doch ich ging darauf gar nicht ein und trabte an. Sofort war mein Pferd begeistert und trabte zügig los. Will brauchte einen Moment, bis er Prinz wieder neben mir hatte. Sein brauner Wallach trabte ruhig und gleichmäßig, am halb langen Zügel, den breiten Weg entlang. Shadow dagegen musste ich ordentlich aufnehmen, da er sonst wie eine Rakete losgezischt wäre. Er kaute eifrig am Gebiss, seine Ohren waren gespitzt, doch was links und rechts von ihm passierte interessierte ihn gerade nicht. "Man könnte meinen er ist nicht ausgelastet", meinte Will nun, als er eine Weile Shadow beobachtet hatte. "Ja, aber er wird schon ruhiger", antwortete ich, "Ich glaube es macht ihm wirklich spaß hier draußen" Auch ich genoß es in diesem Augenblick hier mit Will auszureiten, es war mal etwas anderes wie Training und ich glaubte, es war genau das was Shadow und ich mal brauchten. "Meinst du wir könnten auch galoppieren?", fragte ich Will, als mich nun neuer Mut packte. Der lachte nur und nahm die Zügel auf, "Von mir aus gerne, mein Pferd ist ja brav. Ich hoffe nur, dass deins nicht komplett ausrastet" Das war durchaus möglich, bei seinem letzten Ausritt war Mali immerhin so schwer gestürzt, dass sie sich die Hand gebrochen hatte. "Okay, dann lass mich zuerst angaloppieren", sagte ich nun. Wie als hätte Shadow verstanden was jetzt kommen würde, wollte er sofort den Kopf hochreißen und losrennen. Ich gab ihm jedoch eine nachdrückliche Parade, was ihn kurz ärgerte, ihn dann aber wieder auf den Boden holte. "Viel Glück dabei", meinte Will nun und ließ Prinz ein Stück zurück fallen. Ich merkte eine gewisse Nervosität in mir, mein Pferd war ordentlich geladen. Doch ich schob den Gedanken beiseite und setzte mich tief in den Sattel. Kaum hatte ich mein eines Bein zurückgelegt machte Shadow plötzlich aus dem Nichts einen Satz in die Luft. Ich war froh, dass ich mich vorher in seine Mähne gekrallt hatte und mich recht gut im Sattel halten konnte. Doch viel Zeit zum Nachdenken blieb mir nicht, denn mein Pferd wollte galoppieren. Im schnellen Tempo jagte er los, die Bäume zogen nur so an uns vorbei. Meine Finger krampften sich um die Zügel, ich wollte nicht das er mir durchging. Ich stand aufrecht in den Bügeln und gab dem Wallach ordentliche Paraden, auf dir er zu meinem erstaunen sofort reagierte und sich einfangen ließ. Jetzt war Will auch wieder neben uns, doch ich hatte Shadow soweit zu gezogen, dass wir nun eher seitwärts galoppierten. "Verrückte Idee", meinte Will nun, der mein Pferd mit Belustigung musterte, "Was würde passieren, wenn du ihn einfach mal laufen lässt? Hier auf dem Weg kann ja nichts passieren" "Ich hab nur Sorge, dass er mit mir durchgeht", gestand ich mit zusammen gebissenen Zähnen, den Shadow begann sein altes Spiel und bohrte gegen die Zügel. "Hab einfach mal Spaß", hallten die Worte meines Vaters durch meinen Kopf und erst jetzt merkte ich, wie verkrampft und verunsichert ich schon wieder war. Ich atmete tief durch, einfach nicht zu lange denken, sondern einfach mal machen. "Na dann lauf", sagte ich nur und gab mit beiden Zügeln nach. Shadow drehte kurz die Ohren zu mir, als wäre er sich jetzt nicht mehr so sicher, doch ich gab ihm einen Impuls mit den Beinen. Da erwachte er wieder unter mir. Von jetzt auf gleich verdreifachte er seine Geschwindigkeit und raste wie ein wilder los. Ich hielt mich in seiner Mähne fest und beugte mich tief über seinen Hals. Die Welt raste an mir vorbei und Shadow wurde immer schneller und schneller. Ich sah über die Schulter zurück, Will und Prinz wurden immer kleiner. Mit gespitzen Ohren donnerte Shadow den Weg entllang. Erde flog und Vögel flogen aufeschreckt zur Seite, doch das alles störte den Wallach gerade gar nicht. Ich wusste nicht warum, aber auf einmal fiel jegliche Anspannung von mir. Adrenalin rauschte durch mich durch und gab mir neuen Mut. Ich fing an zu lachen, denn es machte mir auf einmal großen Spaß. Ich trieb Shadow noch einmal an und der Wallach beschlunigte nochmal. Was ein Gefühl! Am liebsten hätte ich laut gerufen, doch ich hielt mich zurück. Nach ein paar Minuten wurde sein Galopp langsamer und kontrollierter. Seine überschüssige Energie war verpufft und ich klopfte ihm den nassen Hals. Vor mir kam nun eine große Kurve in Sicht. Ich beschloss ihn diese noch galoppieren zu lassen und dann auf Will zu warten, dass wir dann den Weg links herum zurück reiten konnten. Shadow galoppierte gleichmäßig in meine Hand hinein und war komplett bei mir, als ich ich ihn nun zurücknham, damit er nicht durch die Kurve raste. Plötzlich tauchte vor uns ein Baumstamm auf, der wohl beim letzten Wind auf den Weg gestürzt war. Erschrocken riss ich die Zügel zurück, um Shadow zum Halten zu bringen, doch mein Pferd hatte selbst aufgepasst. Ich wusste gar nicht wie mir geschar, als er nun mit gespitzten Ohren den Baumstamm anzog und mit einem großen Satz hinüber sprang, dass es mich fast aus dem Sattel riss. Auf der anderen Seite angekommen schlug er übermütig mit dem Kopf und schlug nach hinten aus. Ich war dagegen froh, als ich ihn nun endlich durchparrierte. Mein Herz hämmerte gegen die Brust und mein Atmen ging fast so schnell, wie der meines Pferdes. War er gerade wirklich mit mir darüber gesprungen? Ich konnte es nicht glauben und wusste nicht ob ich lachen oder weinen sollte. Vor jeder Bodenstange hatte er mit mir parken wollen, verbissen und verklemmt hatte er jeden Sprung gemieden, den ich energisch angeritten war. Und jetzt? Jetzt war er diesem Baumstamm einfach so gesprungen, einfach aus purer Freude und Lust. Alle hatten recht gehabt, ihn zu zwingen hatte gar nichts gebracht. Zu oft hatte ich ihn verbissen zu den Sprüngen gedrückt und versucht ihn irgendwie darüber zu bekommen, was jetzt im nachhinein einfach für ihn der völlig falsche Ansatz gewesen war. Hier hatte er wirklich von sich aus springen wollen. Vermutlich sogar müssen, so plötzlich wie der Baumstamm auf dem Weg aufgetaucht war. Es war ganz selbstverständlich gewesen und ganz ohne Druck. Ich umarmte mein Pferd von oben, dass war seine Rettung. Jetzt wusste ich, wie ich ihn im Pacours reiten musste.
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Black Shadow - Gefunden
AdventureDer Wind peitschte mir in die Augen und der Regen durchnässte meine Kleidung, aber das spührte ich alles kaum. Denn in diesem Moment gab es nur mich und dieses unberechenbare schwarze Pferd, das mich aus wilden Augen anstarrte... Ich habe es geschaf...