Mittlerweile waren Kasmir und ich zum Mittagessen gegangen, die Sonne stand schon hoch am Himmel und keine Wolke war zu sehen. Wir saßen in dem gemütlichen Gemeinschaftsraum mit den anderen aus unserem Jahr und belegten unsere Brote. "Also das neue Pferd", sagte Emilio in diesem Moment, "Das ist doch komplett verrückt. Was will Mali denn mit so einem?" "Ich weiß nicht", erwiederte Kasmir mit vollem Mund, "Aber so wie ich es verstanden habe, wäre er wohl beim Probereiten komplett lieb gewesen und hast du ihn dir mal angeschaut? Er ist so schön!" "Es ist kein Einzelfall, dass man Pferde beim verkaufen ruihg stellt", meinte Will, der wie immer versuchte logisch an die Sache ranzugehen. "Wir wurden auch schon von einem Händler reingelegt, er hat uns damals ein wirklich tolles Pferd verkauft. Dachten wir. Eine Woche später hat sich gezeigt, dass es total lahm war. Beim Probereiten war er vermutlich so mit Schmerzmitteln zugepumpt, dass er keine Schmerzen gehabt hatte. Und was lernt man daraus? Immer eine Ankaufsuntersuchung machen und nicht blind den Händlern vertrauen." Das stimmte wohl, im Pferdesport gab es eindeutig zu viele Dinge, die einfach nur falsch liefen. Oft wurde nicht zum Wohl des Pferdes gehandelt, es ging um Geld und Erfolg. "Was ist jetzt mit dem Pferd?", fragte ich Will neugierig, "Habt ihr es dem Verkäufer zurück gebracht?" "Damit er die nächsten reinlegen kann?", Will lachte, "Nein, er steht immernoch bei uns. Meine Mutter ist der Meinung, dass er schlimmes mitgemacht haben muss und hat sich vom ersten Tag an rührend um ihn gekümmert. Seit dem sind die beiden unzertrennlich und er folgt ihr auf Schritt und Tritt. Die Lahmheit ist mittlerweile so gut wie weg, er geht zwar keine Tuniere mehr, aber meine Mum geht mit ihm gemütlich ins Gelände." Kasmir blickte in die Runde, sie war anscheinend genauso gerührt wie ich. "Das ist schön", rief sie nun, "Wie können Menschen nur so herzlos sein? Kaum funktioniert das Pferd nicht wird es abgeschoben und in die nächsten Hände gegeben. Mali wird das schon hinbekommen." "Das ist alles eine Sache des Geldes", warf nun Megan, die mit Lis am Nachbartisch saß, ein, "Wenn man genug Geld hat, kann man ja so einen Gaul behalten, aber im Sport wird es einen nicht weiterbringen. Daher sehe ich persönlich nicht den Sinn so ein Tier zu behalten. Man kann es doch auch einfach auf eine Wiese stellen und fertig" Schon brach eine hitzige Diskusion aus, dass man sich doch trotzdem um das Tier kümmern müsste und es nicht einfach abschieben konnte. Ich hielt mich raus, denn ich musste Megan leider in einer Sache zustimmen. Ja, es ging zum Teil einfach um das Geld. Meine Familie hatte zwar einen großen Bauernhof mit vielen Nutztieren, aber ich war mir nicht sicher, dass meine Eltern mir erlaubt hätten ein krankes Pferd zu behalten. Nicht weil sie böse Menschen waren oder fanden, dass das Tier keinen Wert hatte. Nein, es wäre vermutlich durch die ganzen Tierarztkosten und das zusätzliche Futter einfach zu teuer gewesen. Mittlerweile hatte sich die Situation am Tisch wieder etwas entspannt und jeder aß schweigend sein Essen.
Zwei Stunden später saß ich wieder auf Arabellas Rücken und wartete auf die anderen. Es war warm, aber ein frischer Wind wehte durch die Baumkronen. Aus den Ställen hörte man noch immer das wiehern von Malis Pferd. Ed war auch schon da und ritt ungeduldig auf und ab. Fox, sein dunkler Fuchs, schien sehr gelassen zu sein. Endlich kamen auch Noah und Emilio, die mit mir zusammen die Geländestrecke erkunden sollten. "Na endlich", giftete Ed sie an, "Gab's Probleme? Wusstet ihr nicht mehr wir ihr eure Pferde satteln müsst? Kleiner Tipp, der Dressursattel bleibt im Schrank." "Entschuldigung", entgegnete Emilio unbeeindruckt und schien sich darüber zu amüsieren, "Ich wusste nicht ob ich zu diesem feierlichen Anlass mein Pferd nicht doch einflechten sollte." Ich biss mir auf die Lippe, ich würde mich nicht über Ed lustig machen, vorallem nicht vor versammelter Mannschaft. "Hättest dir lieber ein anderes Hemd anziehen sollen, anstatt Gedanken an das Aussehen deines Pferdes zu verschwenden", erwiederte Ed trocken und musterte dabei Emilios quietsch-gelbes Shirt. Ich lachte kurz auf, beherrschte mich aber schnell wieder, als Ed zu mir rüber blickte. Seinen Blick konnte ich nicht deuten, doch er schüttelte nur kurz den Kopf und ritt dann im flotten Schritt los. Wir kamen am Platz vorbei, wo ich heute morgen und gestern schon geritten war. Frau Lodrig gab dort gerade einer älteren Gruppe Springstunde. Viel Zeit zum zuschauen blieb mir nicht, da Ed ein schnelles Tempo vorgab. Wir ritten an den Koppeln vorbei und kamen dann auf einen gut ausgelegten Wiesenweg. "So meine Damen und Herren, Ohren zu mir", rief Ed nun, parrierte sein Pferd vor uns durch und klatschte in die Hände. "Vor uns befindet sich nun unser Gelände. Ein Teil davon gehört noch zur Anlage aber wenn ihr den Weg rechts einschlagt gelangt ihr an ein Tor, Wodurch ihr das Gelände der Akademie verlassen könnt. Positiv ist, man kann dort auch gut trainieren, da es dort sehr hügelig ist. Schlecht ist, man muss aufpassen, dass man keine Spaziergänger oder rücksichtlose Jogger umreitet. Wir reiten nur die kleine Strecke ab und an den sprüngen vorbei. Noch Fragen?" Wir schüttelten den Kopf. Bella kaute schon eifrig am Gebiss, sie liebte das Gelände. Aber nie wäre ihr in den Sinn gekommen einfach loszurennen. Sie scharrte nur leicht mit dem Huf blieb aber still stehen. "Gut, dann würde ich sagen: Abteilung im Galopp marsch!" "Galopp?", fragte Emilio erstaunt, "Unsere Pferde sind doch heute morgen schon viel gelaufen" "Die werden sich freuen, dass sie mal ausgelastet werden.", erwiederte Ed genervt, "Aber kannst natürlich auch im Schritt hinter uns her reiten, aber ich will eigentlich schnell wieder zum Hof und endlich Feierabend machen." Darauf erwiederte Emilio nichts mehr. "Ich glaube, dann wäre also alles geklärt.", meinte Ed nun, sehr zufrieden mit sich. "Also immer links halten, Leichtersitz und Abteilung Galopp." Damit drehte er sein Pferd, ließ es aus dem Stand angaloppieren und rauschte den linken Weg entlang. "Der ist doch verrückt!", rief Emilio. "Ach, Anyway steckt das weg", rief ich lachend, "Komm schon Emilio, es gibt doch nichts schöneres." Damit ließ ich auch Bella angaloppieren und schlug den linken Weg ein.
Bellas dumpfer Hufschlag trommelte auf dem Boden. Mein Pferd war nicht nur schnell, sondern hatte auch durch die vielen Ausritte zu Hause eine super Kondition. Der Wind fegte mir durch das Gesicht und es roch nach frisch gemähten Gras. Schon bald hatten wir Ed wieder eingeholt, der mittlerweile ruhiger gallopierte. "Zumindest ein Buschreiter in der Runde", rief Ed mir zu. Ich grinste. "Mal sehen, was dein Sonntagspferd so kann", rief er nun herausfordernd. Bevor ich irgendwie reagieren konnte, gab er seinem Pferd einen Impuls mit den Beinen und den Kopf frei. Wie ein Blitz raste Fox los, den langen geraden Weg entlang, dass mir nur noch Erdklumpen entgegen flogen. Ich keuchte, glaubte er wirklich uns abhängen zu können? "Und ab die Post!", rief ich Bella zu. Auf meine Hilfe erwachte mein Pferd unter mir zum Leben. Mit gespitzen Ohren jagte es den breiten Weg entlang. Ich beugte mich tief über ihren Hals, die Wiesen und Geländesprünge zogen an mir vorbei. Da vorne entdeckte ich Ed. Adrenalin rauschte durch meine Adern, ich hätte am liebsten laut gerufen. Bella beschleunigte noch einmal, bis wir auf gleicher Höhe waren wie Ed und neben ihm den Weg entlang jagten. "Der erste Reiter wird nicht überholt!", rief er mir breit grinsend zu. "Angst zu verlieren?", rief ich zurück und er lachte kurz. Allmählich wurde unser Galopp ruhiger, bis wir schließen trabten und dann in einen gemütlichen Schritt fielen. Bella schnaubte, sie war klitsch nass geschwitzt. In der Ferne sah ich die Anlage, um mich herum war das Summen der Insekten zu hörenund ich fühlte mich zum ersten Mal richtig zu Hause. "Endlich mal jemand dabei, der das Prinzip verstanden hat", meinte Ed nun zufrieden. Ich grinste in mich hinein und alle meine Zweifel waren für einen Moment vergessen, dass konnte wirklich eine lustige Zeit werden.
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Black Shadow - Gefunden
AdventureDer Wind peitschte mir in die Augen und der Regen durchnässte meine Kleidung, aber das spührte ich alles kaum. Denn in diesem Moment gab es nur mich und dieses unberechenbare schwarze Pferd, das mich aus wilden Augen anstarrte... Ich habe es geschaf...