Kapitel 57

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Menschen drehten sich mit erstaunenten Blicken zu mir herum, als ich nun zum Dressurviereck ritt. Ich hörte murmeln, kleinere Kinder zeigten auf mein Pferd und zogen ihren Eltern am Ärmel. Mali lief neben mir her und fing die Blicke und das Gemurmel auf. Sie schüttelte nur den Kopf, als ich nun auf den Einlass zum Dressurviereck wartete. Lis ritt gerade noch mit Dusty, obwohl es nur eine A-Dressur war starteten wir hier alle alleine. "Du hast die richtige Entscheidung getroffen", sagte Mali nun bitter und sah zu den Zuschauern, wo schon einige merkwürdige Blicke zu uns rüberwarfen, "Manchmal muss man auch an sich denken, zeig es dieser eingefahrenen Meute" Lis war gerade zum Grüßen wieder aufmarschiert und bekam nun großen Applaus. Strahlend ritt sie mir nun entgegen. "Viel Glück Amber", sagte sie nun und sah mich freundlich an, sie hatte für ihren Ritt eine 7,3 bekommen. Ich atmete tief durch, dann ritt ich los. sofort drang erstauntes Gemurmel zu mir, als ich den Platz betrat, aber das war ich gewöhnt und marschierte ebenfalls auf. "Und nun begrüßen wir die Startnummer 24 Amber Kessler mit Arabella." Ein Glöckchen ertönte und eine Frau begann meine Prüfung vorzutragen. Ich atmete noch einmal tief durch und fasste die Zügel nach. "So Bella", raunte ich, "Das ist dein großer Auftritt" Vor zwei Tagen hatte ich für die Dressur nicht Shadow eingetragen, sondern Bella. Ich war die Vorurteile leid, egal wo ich war jeder hatte uns immer kritisch beäugt und uns keine Dressur zugetraut. Doch Bella hatte nun schon mehr als einmal bewiesen, dass sie ein gleichwertiges Sportpferd war, so wie alle anderen auch. Lange hatte ich danach noch mit Ed und Mali gesprochen, denn eigentlich war meine Aufgabe für dieses Tunier gewesen Shadow zu präsentieren. Doch sie hatten zu meinem erstaunen schnell eingesehen, wie wichtig mir die Dressur mit Bella war. "Du hast so viel für mich getan", hatte Mali gesagt, "und so wenig an dich dabei gedacht, da wäre es unmöglich von mir dir das jetzt auszureden" "Seh ich genauso", hatte Ed bitter geantwortet, "Und wenn dieser blöde Schnösel Herr Lennig dich mit Shadow auch in der Dressur sehen will, dann kannste die ja nochmal reiten" Damit war für die beiden das Thema erledigt gewesen. Ich wusste noch ganz genau, wie ich Kasmir den ganzen Abend und den nächsten Tag in den Ohren gelegen hatte, ob ich denn die richtige Entscheidung getroffen hätte. Immer kamen wir Zweifel auf, da der Plan ein anderer gewesen war. "Hör auf dein Herz", hatte Kasmir mir damals gesagt, "Sonst bereust du es am Ende sowieso"

"Durch die ganze Bahn wechseln und dabei die Tritte verlängern", erklang die Stimme der Ansagerin durch die Lautsprecher. Bella war hellwach und wölbte ihren Hals. Ich hörte wie sie eifrig am Gebiss kaute und nur so darauf zu warten schien meine Anweisungen zu befolgen. Mit Leichtigkeit wendete ich sie ab und ließ sie ihre Tritte verlängern. Natürlich wusste ich, dass bei ihr noch nicht so viel kam, wie bei anderen Pferden. Doch ich spürte, wie sehr meine Stute für mich kämpfte und alles aus sich rausholte. Als wir ans galoppieren kamen hielt ich sie fleißig unter mir. Ich war komplett bei diesem Ritt, die Zuschauer nahm ich gar nicht mehr war. Ich schob Bella für den versammelten Galopp schön zusammen. Meine Stute ließ auch das ohne zu meckern über sich ergehen. Als wir nun ganze Bahn gehen und starken Galopp zeigen sollten stahl sich ein Grinsen auf mein Gesicht. Starken Galopp konnten sie gerne haben und damit ließ ich meine Scheckstute galoppieren. Zu schnell war die Prüfung vorbei und ich bog im Trab auf die Mittellinie ab. Mein Herz begann wieder heftig zu klopfen, gleich hatten wir es geschafft! Mit zitternden Händen parrierte ich Bella durch zum halten. "Grüßen und am langen Zügel die Bahn verlassen", las die Sprecherin vor. Ich grüßte die Richter, für einen Moment war es so still um uns, dass ich nur noch Bella atmen hörte. Eine Gänsehaut lief mir den Rücken herunter. Dann gab es auch für mich großen Beifall. Erleichterung raste durch meinen Körpern und hemmte mein Zittern. Wir hatten es geschafft. Stolz klopfte ich meiner Stute den Hals, sie hatte alles gegeben. "Für diesen Ritt erhält das Paar die Wertnote 7,0", hallte es durch die Lautsprecher. Ich riss die Augen auf, dass war unmöglich. Ich, Amber Kessler, hatte soeben mit meiner Scheckstute, die auf jedem Dressurtunier nie besser als 6,6 gewesen war, gerade eine 7,0 bekommen? Eine 7,0?! Ich hörte den lauten Beifall und genoss diesen Moment in vollen Zügen. Meine Eltern und meine Schwester waren sogar für mich aufgestanden und winkten mir begeister zu. "Das war einfach unglaublich!", rief Mali, als ich nun vom Platz ritt. Freudig sprang ich vom Pferd und umarmte sie. "Das ist einfach unmöglich", jubelte ich. "Damit hast du mal allen einen Denkzettel gegeben", warf Mali ein und drückte mich fest an sich. "Jetzt bist du ja doch mit Bella gestartet", rief Lotta freudig und umarmte mein Pferd. Auch meine Eltern kamen nun dazu und beglückwünschten mich. "Also ich fand, dass dein Ritt sogar noch besser gewesen war", meinte mein Vater nun stolz und klopfte meinem Pferd die Gruppe. "Ach Papa", sagte ich lachend, "Der Plan war ja ein ganz anderer" "Allerdings", unterbrach uns nun eine Stimme. Ich drehte mich um, der Schrecken fuhr mir in alle Glieder. Herr Lenning stand nun breitbeinig vor uns und musterte mich und mein Pferd. "Das ist ja wohl eindeutig nicht das Pferd, was ich heute sehen wollte", sagte er nun streng, "Junge Dame wir hatten eine Abmachung" Mir wurde plötzlich kalt, obwohl die Sonne warm vom Himmel schien. "Das weiß ich", sagte ich und meine Stimme zitterte, "Aber es ist das gleiche Problem. Diesem Pferd hat auch niemand zugetraut eine Dressur zu gehen, ständig musste ich mir irgendwelche Kommentare anhören. Ich konnte gar nicht anders, als mit Bella die Dressur zu reiten. Auch sie hatte eine zweite Change verdient" Herr Lenning musterte mich noch immer kritisch, im schien das einerlei zu sein. "Ich muss hier aber das andere Pferd bewerten", sagte er nun und kratzte sich am Kopf. "Sie kann ja nochmal mit dem anderen Pferd reiten", brummte Ed, der wie aus dem Nichts nun auch neben mir stand. Herr Lenning schaute zwischen uns hin und her, sein Gesichtsausdruck sagte mir schon, dass er diesen ganzen Tunierkram mehr als langweilig fand. Frustriert atmete er aus und machte sich eine Notiz auf seinem Klemmbrett. "Dressur gut gelaufen, Pferd hat keine Anstalten gemacht andere oder seine Reiterin zu verletzen", sagte er nun, "Ausnahmsweise" Damit drehte er sich um und ging. Wir blickten ihm nur ungläubig nach, dann musste Ed lachen. Er lachte so laut, dass er uns alle ansteckte. "Und da denkt man, dass nur im Sport gelogen und betrogen wird bis sich die Balken biegen", brachte er mühsam hervor und klopfte mir die Schulter. Ich legte den Kopf in den Nacken, eigentlich war ich gefühlsmäßig schon fertig für diesen Tag, doch die eigentlichen Prüfungen standen noch bevor. "Los Amber", japste Mali, "Wir bringen dein Pferd weg und holen Problempferd Nummer 2. Wir haben nicht sehr viel Zeit bis zum Springen" Damit schob sie mich weiter. In Gedanken betete ich dafür, dass Shadow brav sein würde. Es stand viel auf dem Spiel und ich wusste wie wankelmütig der pechschwarze Wallach sein konnte.

Black Shadow - GefundenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt