Kapitel 44

496 35 1
                                    

Insgesamt waren Kasmir und ich 2 Stunden unterwegs gewesen. Wir hatten uns auf dem Rückweg viel Zeit gelassen und einfach die Zeit zusammen mit unseren Pferden genossen. Auch das Thema Eltern war mal wieder aufgekommen. Es war für uns beide komisch gewesen so lange von zu Hause weg zu sein, aber da wir hier so viel Action hatten war auch nie viel Zeit für Heimweh gewesen. Dennoch freuten wir uns schon ungemein darauf unsere Eltern im September zum Tunier wieder zu sehen. Als wir auf den Hof ritten war auch die letzte Trainingsstunde für heute zu Ende gegangen, demnach herrschte auf dem Hof ziemlicher Betrieb. Wir verschwanden also ziemlich zügig mit unseren Pferden im Stalltrackt. Ich bürstete Bellas Fell glatt und überprüfte nocheinmal ihre Tränke und den Futtertrog, doch es schien alles in Ordnung zu sein. Kasmir war schonmal vor gegangen, da sie ihre Reitstunde für morgen noch umverlegen wollte, daher war ich die letzte im Stall. Ich ging nochmal an allen Boxen vorbei und schaute ob  alles in Ordnung war, bevor ich unseren Stalltrackt verließ. Auf dem Weg zum Haupthaus kam mir dann Ed mit Nala, unserem Hofhund entgegen. Ed würde die Hündin nun zu ihrer Hundehütte vor den Stall bringen, damit sie dort aufpasste. "Unser Training morgen früh mit Shadow steht noch?", fragte ich Ed, als Nala mich begeistert begrüßte. Ed nickte zustimmend und wartete geduldig, bis Nala fertig war meine Hände abzulecken. "Ich dachte wir probieren das morgen nochmal mit den Sprüngen, die Dressur klappt ja eigentlich soweit ganz gut", sagte er nur und versuchte meine Reaktion einzuordnen. Ein leichtes zittern machte sich in meinen Händen breit. Ich war bis jetzt fast nur Bella gesprungen und mit ihr war es einfach unkompliziert, sie versuchte nie vor dem Sprung auszubrechen und wollte immer irgendwie rüber kommen. "Hoffentlich klappt es", sagte ich also und schüttelte kurz meine Hände aus, diese Art von Nervosität vor dem Reiten war neu für mich, ich war eigentlich immer jemand gewesen, der sich zu jeder Tages- und Nachtzeit auf jedes Pferd gesetzt hätte und losgeritten wäre. Doch merkte nun, dass ich dennoch etwas Respekt hatte. War ich mit dem Tunier doch eine Nummer zu groß gegangen? "Mach dir keinen Stress", meinte Ed nun und tätschelte Nalas Kopf, als die Hündin wieder zu ihm kam, "Aber zieh vorsichtshalber deinen Protektor an, sonst macht uns Frau Lodrig einen Kopf kürzer" Ich nickte nur, ab morgen würde es ernst werden, wir hatten keine Zeit zu verlieren.

Pünktlich am nächsten morgen um halb acht schwang ich mich im Hof auf Shadows Rücken. Der Wallach war mal wieder gut drauf und scharrte ungeduldig mit seinem Vorderhuf. "Hee! Benimm dich", lachte ich und versuchte das junge Pferd davon abzuhalten, "Du machst sonst deinem Ruf alle Ehre" Ich musste noch kurz warten, ehe Ed und Mali endlich auch kamen. Zusammen gingen wir nun runter zum Springplatz. Ed hatte mich angewisen schon auf dem Weg dahin die Zügel aufzunehmen und Shadow zu beschäftigen, nun kam jedoch das Eingangstor in Sicht. Es stand noch der gleiche Pacours, den die anderen gestern gesprungen waren. Er war auf A-Höhe gebaut und hatte ein paar fiese Wendungen. "Bleib jetzt ganz ruhig und reite ihn einfach auf den Platz, als ob gar nichts wäre", sagte Ed nun zu mir und öffnete das Tor. Ich atmete nocheinmal kräftig aus und gab Shadow dann Schenkeldruck, doch als dieser merkte, dass er wieder auf den Platz sollte war für ihn Endstation. Aber dieses mal war ich darauf vorbereitet und blieb mit den Beinen dran, damit er nicht umdrehen konnte. "Versuch es mit deiner Stimme", riet mir Mali, die schon auf dem Platz war und die Sprünge kleiner stellte und auch ein paar Bodenstangen verteilte. "Alles gut Shadow", beruhigte ich das Pferd und forderte ihn wieder auf den Platz zu betreten. Der Wallach schlug hektisch mit seinem Kopf, doch es gelang mir dann ihn auf den Platz zubekommen. Mit großen Augen beobachtete er, während ich ihn warm ritt, was Ed und Mali mit den Sprüngen machten. Doch diesmal ließ ich mich von ihm nicht einschüchtern und ritt ihn einfach weiter, auch versuchte ich ihn mit jeder Runde näher an die Sprünge heranzubekommen. Noch einiger Zeit gurtete ich dann auch nach und trabte an. Heute reagierte Shadow sofort auf meine Hilfe, jedoch hatte er so viel Energie das er mir eher unterm Hintern wegrennen wollte, als sich in die Tiefe zu strecken. Obwohl er keinen Hafer bekam oder etwas anderes was ihm zu viel Energie geben würde, war der Wallach immer hochmotiviert und würde man ihn lassen, würde er die ersten Runden einfach nur über den Platz rasen. Aber selbst daran hatte ich mich mittlerweile gewöhnt und reagierte gelassener. Nach ein paar Runden hatte ich Shadow wieder gut eingefangen und er seinen ersten Dampf abgelassen, nun trabte er artig über den Platz. Als ich dann den Galopp dazunahm konnte er es sich jedoch nicht verkneifen auf meine Galopphilfe hin einmal nach hinten auszutreten, aber auch das kannte ich mittlerweile nur zu gut von ihm. "Fürs Tunier bekommt er ein rotes Band in den Schweif", meinte Ed nun, als ich auf dem Mittelzirkel um sie herum galoppierte, "Dann hat er Platz und einen Grund weniger sich irgendwie aufzuregen" Nachdem ich Shadow ein paar Runden galoppiert hatte sollte ich nun über ein paar Trabstangen kommen. Shadow trabte eifrig an den Zügel heran und wölbte seinen Hals. Durch das viele Reiten in den letzten Wochen, war er wirklich rittig geworden und bohrte nicht mehr so oft gegen die Zügel, sondern ließ streckenweise seinen Hals schön fallen. Im ruhigen Tempo steuerte ich nun die Stangen an, doch schon auf dem Weg dahin merkte ich wie er sich verspannte. Er wurde immer langsamer bis wir dann schließlich vor den Stangen standen. Ed  musterte uns, "Das war aber nicht die Aufgabe" "Er wird richtig spannig, wenn er auf die Stangen zukommt", sagte ich und lenkte Shadow im Schritt daran vorbei. "Positiv ist aber, dass ihr auf jeden Fall bis zu den Stangen gekommen seit", versuchte Mali mir Mut zu machen. "Bleib einfach ruhig und reite ihn immer weiter", sagte Ed nun und nickte mir zu, es nocheinmal zu versuchen. Ich trabte erneut an und lenkte Shadow auf die Stangen zu. Sofort begann er wieder das gleiche Spiel, hob sich heraus und wurde langsamer. "Bleib dran mit dem Bein", rief Ed mir zu und ich drückte die Waden gegen Shadows Bauch. Wie aufs Stichwort fing der Wallach an mit dem Kopf zu schlagen und wurde noch langsamer. Mit Mühe und Not gelang es mir ihn weiter zu den Stangen zu treiben. Ich presste die Zähne zusammen, so sehr musste ich ihn vorwärts treiben. Shadow atmete hörbar aus und seine Ohren standen spitz in die Höhe. Doch ich ließ nicht locker und trieb emsig weiter. Nun waren die Stangen genau vor uns. Shadow wollte zur Seite ausbrechen, doch ich hielt mit den Zügeln dagegen. Der junge Wallach schüttelte den Kopf und sprang auf einmal durch die Trabstangen, als wären es In-Outs. "Brav", lobte ich ihn trotzdem, da wir uns zumindest irgendwie darüber geschleppt hatten. "Das wird Arbeit", hörte ich Mali sagen und mein Mut sank noch tiefer. "Komm schon Shadow", sagte ich zu dem schwarzen Pferd, "Wir haben nur einen Monat" Weiter als die Trabstangen kamen wir heute nicht mehr, denn mit jedem mal, wo ich die Stangen anritt musste ich mehr Druck aufbauen, um Shadow noch irgendwie darüber zu bekommen. Zum Teil lief er mir auch über den Stangen über die Schulter weg. Nach einer halben Stunde taten mir schon meine Arme und Schultern weh, so sehr hatte Shadow wieder angefangen gegen die Zügel zu drücken. Mit jeder Runde, durch die es gefühlt immer schlimmer wurde, sank mein Mut noch tiefer. Worauf hatte ich mich nur eingelassen?

Black Shadow - GefundenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt