Kapitel 21

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"Wie begrüßen nun die Nummer 52 Amber Kessler mit Arabella, sie reitet für die Reitakademie Buchenhein" Applaus erklang und ich ritt auf den großen Platz. Argwöhnische Gesichter konfrontierten mich, aber ich nahm sie gar nicht war. Ich kannte die Reaktionen auf Bellas außergewöhnliche Farbe auf Tunieren und sie ließen mich mittlerweile kalt. Ich ritt vor die Richter und grüßte. Ein Glöckchen klingelte, der Start war frei. Mit einem mal war es ruhiger, nur mein Adrenalin rauschte laut durch meinen Körper. Ich atmete noch mal tief durch, fasste die Zügel kürzer und galoppierte Bella an. Mit einem mal war die Nervosität verschwunden und hatte einem wilden Ehrgeiz platz gemacht. Bella galoppierte geschmeidig auf den ersten Sprung zu, wir kamen gut hin und flogen mit einem großen Satz darüber hinweg. Über dem Sprung hatte ich schon zu der gebogenen Distanz geschaut, die es als nächstes zu überwinden galt. Bella hatte begriffen was ich wollte und wir kamen recht gut über den ersten Sprung. Eins.. zwei... drei... vier... fünf... Zählte ich leise im Kopf mit und schon lag der Oxer hinter uns. Ich hielt Bella zum nächsten Sprung etwas zurück, da danach die enge Wendung mit dem Steilsprung kommen würde. Bella reagierte auf meine Hilfe ohne zu zögern, sie vertraute mir blind. Mit einem halben Galloppsprung zu viel kamen wir nun an den nächsten Sprung. Insstinktiv machte ich die Beine zu und trat den linken Steigbügel aus. Bella streckte sich unter mir, es würde knapp werden. Meine Strategie war nicht ganz aufgegangen. Bella setzte früh zum nächsten Sprung an, dass ich für einen kleinen Bruchteil hinter der Bewegung war. Ich hörte wie ihre Hufe gegen die Stange dotzten. Aber mir blieb keine Zeit zum nachdenken. Ich richtete mich wieder auf und ritt links herum zur letzten Distanz. Sie war weit gebaut und ich musste mich entscheiden ob ich sie mit einem Galloppsprung mehr oder weniger reiten wollte. Im Bruchteil einer Sekunde entschied ich mich für alles oder nichts und drückte die Beine zu. Bella wusste was ich vorhatte. Mit gespitzen Ohren zog sie den Sprung an und drückte ab. Es war die richtige Entscheidung gewesen. Die Distanz die beim abgehen noch so groß gewirkt hatte durchquerten wir nun flüssig und ohne Probleme. Dann hatten wir es geschafft. Applaus erklang und ich klopfte Bella freudig den Hals. "Das waren null Fehler in einer Zeit von 46,3 Sekunden, damit erhält die Startnummer 52 die Wertnote 6,8" Ich drehte mich verwirrt im Sattel um. Ich war null gegangen? Tatsächlich! Die Stange des fiesen Steilsprungs war liegen geblieben. "Das hast du super gemacht Bella", lobte ich mein Pferd freudig, als wir vom Platz ritten. Will lächelte mir dort entgegen, er hatte Prinz schnell zum Hänger gebracht um dann noch meinen und Emilios Ritt zu sehen. "Richtig gut Amber", freute er sich jetzt. Ich schwang mich von Bellas Rücken und lockerte ihren Gurt, woraufhin sie zudrieden schnaubte. "Danke, wir hatten bei dem Steilsprung echt Glück!", entgegnete ich immer noch außer Atem, "Den hätten wir fast mitgenommen. Ich hab mich total verschätzt. Zum Glück hat Bella aufgepasst, auch wenn es dann nicht so elegant aussah" Ich lachte erleichtert. Ich war zufrieden und stolz auf mein Pferd. "Wie war es bei Kasmir?", fragte mich Will nun neugierig und hielt Bella kurz fest, damit ich meinen Helm ausziehen konnte. "Sie hatte einen Fehler bei dem Steilsprung nach der engen Wendung und dann leider durch den Abzug nur eine 6,5 gehabt. Aber damit war sie auch zufrieden" Will lächelte erleichtert, "Dann fehlt nur noch Emilio" Wie aufs Stichwort kam er da auch schon angeritten, neben ihm lief Kasmir her, die Apple Pie wohl auch gerade weggebracht hatte. "Viel Erfolg", riefen wir ihm noch zu als er nun den Platz betrat. Ich beschloss mit Bella noch kurz zu warten, ich wollte auch noch seinen Ritt sehen. Etwas grinsen musste ich ja, als der Ansager Anyway als "Anyway have a nice day" vorstellte. Dieser Name passte so gut zu diesem Pferd, dass jetzt mit großen Spüngen über die Hindernisse flog. Insgesamt waren sie mit 44,2 Sekunden etwas schneller gewesen, als ich und Bella und somit näher an die optimale Zeit gekommen. Sie wurden dann für ihren sauberen Ritt mit einer 6,9 belohnt, was ich ganz schön streng fand. Aber Emilio winkte nur ab und meinte das es gerachtfertig sei, da er manchmal zu dicht gewesen wäre. Wir warteten nun bei den Hängern auf die Ergebnisse. Ich hatte Bella wieder ihr Halfter angezogen und ließ sie etwas grasen. Will bürstete Prinz Fell und Emilio klopfte den Sand von seinen Gamaschen. Plötzlich kam Kasmir wie ein Pfeil um die Hänger geschossen, dass wir sie erschrocken anblickten. "Ihr seit platziert Leute!", rief sie begeistert und fiel mir um den Hals. Emilio jubelte und klatschte Will begeistert ab. "Was ist mir dir?", fragte ich nachdem ich mich aus ihrer Umarmung befreit hatte und wieder Luft schnappen konnte. "Knapp leider nicht mehr", gab sie nun zerknirscht zu. Das tat mir furchtbar leid, aber Kasmir schien das nicht im geringsten zu stören. "Jetzt schau nicht so Amber", rief sie scherzhaft und legte mir den Arm um die Schultern, "Apple Pie war heute super! Hätte ich sie zum Steilsprung hin nicht so glotzen lassen, wäre der Fehler nicht passiert. Und jetzt kommt ihr müsst zur Siegerehrung!"

Später saßen wir alle zusammen im Tunierzelt und feierten bei Cola und Bratwurst. Wir lachten und schmiedeten schon Pläne für die nächsten Tuniere, nebenbei sahen wir beim L-Springen zu. Ich war mit Bella siebte geworden, was mich sehr gefreut hatte, Emilio war fünfter geworden und Will hatte mit einem anderen Mädchen zusammen den dritten Platz belegt. Ein rundum erfolgreicher Tag. Kasmir stieß mich in die Seite, "Das nächste mal machen wir die Jungs fertig, dann gehören die oberen Plätze uns" Ich lachte und nickte zustimmend. "Ich finde auch, wir sollten das nächste mal ein Geländetunier melden", rief ich und errechnete mir da schon meine Chancen. Wir saßen noch bis zum Mittag zusammen und packten alle erlebten Tunergeschichten aus, die wir kannten. Angefangen bei unseren größten Siegen bis hin zu den lustigsten Stürzen. Die grauen Wolken standen schon tief, als wir vom Tunier zur Akademie fuhren. Als wir auf den Hof einbogen herrschte dort ziemlich viel Betrieb. Im Radio hatten sie schon gesagt, dass ein Gewitter auf uns zu kam. Ein kühler Wind fegte schon über den Hof und wehte Stroh umher. Die meisten waren damit beschäftigt alles sturmfest zu machen. Es würde ein ordentliches Sommergewitter geben, dessen ausmaß ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht erahnen konnte.

Black Shadow - GefundenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt