Ein lautes Piepen riss mich aus dem Schlaf. Erschrocken schnappte ich nach Luft. "Amber", hörte ich Kasmir murmeln, "Mach deinen verdammten Wecker aus" Erst jetzt realisierte ich, dass es mein Wecker war, von dem dieser abscheuliche Lärm ausging. "Entschuldige", sagte ich zerknirscht und stellte ihn ab. Kasmir setzte sich auf, ihr dunkler Bob war ganz verstruppelt. "Warum stellst du dir den Wecker auf halb acht, wenn wir heute ausschlafen können?", fragte sie mich jetzt beleidigt. Ich rieb mir die Augen und gähnte. "Ich habe heute morgen Unterricht bei Ed mit Shadow", murmelte ich schläfrig. Eigentlich waren weder Kasmir, noch ich Langschläfer, aber die letzten Wochen waren lang und anstrengend gewesen. Heute wäre eigentlich ein Tag gewesen, wo wir hätten lange schlafen können, doch Ed hatte mir da einen Strich durch die Rechnung gemacht. "Ich muss mich etwas ranhalten, Ed wartet nicht gerne", murmelte ich und kletterte noch etwas benommen aus dem Bett. Auch Kasmir erhob sich und wankte zu unserem großen Fenster. Mit einem Ruck zog sie die Gardienen beiseite. Die Morgensonne fiel warm in unser Zimmer. Wir hatten unser Fenster über Nacht offen gelassen, da es tagsüber so warm wurde, dass sich die Räume ziemlich aufheizten. "Schau mal unsere Pferde!", rief Kasmir nun begeistert. Schnell trat ich neben sie ans Fenster, von dem man die großen grünen Koppeln sehen konnte. Gerade wurden Prinz und Anyway von einem Pfleger auf die Koppel gebracht, auf der schon Apple Pie und Bella standen. Es war ein schöner Anblick, den vier Pferden zuzusehen, wie sie über die Koppel trabten und sich dann zum Grasen zusammenstellten. "Toll und jetzt?", fragte Kasmir genervt und ließ sich rückwärts auf ihr Bett fallen, "Jetzt bin ich hellwach und kann bestimmt nicht mehr schlafen" Ich stellte mich nun mit dem Rücken zum Fenster. Vogelzwitschern drang zu uns und man konnte die Pferde wiehern hören. "Komm doch mit zum Training", sagte ich nun. Kasmir schien einen Moment zu überlegen. "Na gut", antwortete sie dann, "Warum eigentlich nicht"
Zwanzig Minuten später verließen wir unser Zimmer und schlenderten gut gelaunt zum Stall, doch leider liefen draußen auf dem Hof genau Megan in die Arme, die gerade mit Golden Flashlight den Stall verließ. "Passt doch auf, wo ihr hintrampelt", fuhr sie uns an, als wir fast zusammen geprallt wären. "Pass du doch selbst auf", zischte Kasmir böse, die sich bei mir eingeharkt hatte, "Warum reitest du auch heute so früh? Später ist doch noch Unterricht" Megan verdrehte die Augen und schwang sich elegant in den Sattel. "Ich reite heute nicht mit", sagte sie sehr selbstzufrieden, "Ich treffe mich heute mit meinem Vater, wir schauen uns ein zweites Pferd für mich an." "Aha", machte Kasmir wenig begeistert. Doch Megan ließ sich nicht beirren und stichelte weiter, "Ja ganz recht, zwei Pferde sind schon praktischer. Dann kann ich mehr Unterricht nehmen und so mehr lernen" "Dann viel Erfolg", sagte ich knapp und zog Kasmir weiter zum Stall. Wir hörten Megan noch irgendwas hinter uns her rufen, doch wir konnten es nicht mehr verstehen.
"Er ist echt viel ruhiger geworden", sagte Kasmir begeistert, als ich kurze Zeit später im Hof auf Shadow aufstieg. Der junge Wallach stand wie ein Denkmal und schaute sich neugierig um. "Und er ist so verdammt hübsch, wahnsinn!", sagte Kasmir bewundernd. Das stimmte, Shadow hatte sehr schnell wieder Muskelatur aufgebaut und Mali pflegte ihn gut. Er sah nicht mehr wie das verwahrloste Pferd aus, dass er noch vor einem Monat gewesen war. "Lass dich von der Schönheit nicht täuschen", hörten wir nun Ed, der auf uns zu kam, "Er ist und bleibt ein ganz schöner Dickkopf" Shadow drehte sofort die Ohren, als er Eds Stimme hörte. "Hat er dich gerade angegrummelt?", fragte ich Ed belustigt und klopfte Shadow den pechschwarzen Hals. Ed lachte darauf nur und winkte uns, ihm zu folgen. Es war wirklich verrückt, fremden gegenüber konnte Sahdow aufbrausend und aggressiv sein. Er ließ sich von unbekannten weder gerne Streicheln, noch führen. Ich wusste noch wie lang es gedauert hatte bis ihn einer der Stallarbeiter auf die Koppel bringen konnte. Doch wenn er ersteinmal Vertrauen zu einer Person gefasst hatte, würde man nicht glauben, dass es das gleiche Pferd war. "Oh nein, Megan ist noch auf dem Dressurviereck", jammerte ich, als ich Golden Flashlight auf dem schönen Dressurviereck ausmachte. "Dann gehen wir eben auf den Springplatz, der ist frei", sagte Ed nun und ging weiter. Kasmir und ich folgtem ihm. "Hoffentlich benimmt er sich, wir waren bis jetzt nur im Dressurviereck", überlegte ich und nahm die Zügel schonmal etwas auf. "Das werden wir gleich sehen", sagte Ed und Kasmir warf mir einen besorgten Blick zu. Der Springplatz war frisch gezogen und die Hindernisse waren schon zu einem neuen Pacours aufgebaut worden. "So dann rauf mit dir", sagte Ed und öffnte das Gatter. Kasmir stellte sich an die Umzäumung. Shadows Ohren gingen mit einem mal gespitzt nach oben. Sein Blick huschte über den Platz und fixierte kurz einige Sprünge. Ich gab ihm Schenkeldruck, doch er parkte mitten im Eingang. "Auf Shadow, komm", sagte ich freundlich zu dem Pferd und gab deutlicheren Schenkeldruck, doch Shadow stemmte emsig seine Beine in den Boden. "Nicht schlimm", sagte Ed ruhig und betratt den Platz, "Einfach ruhig bleiben" Leichter gesagt, als getan. Denn Shadows Verhalten war mir gerade gar nicht geheuer. Mit viel Mühe schaffte ich es nun, den nervösen Wallach auf den Platz zu reiten. Doch dort ging das Schauspil erst richtig los. Er war komplett spanning und riss immer wieder den Kopf hoch, dazu zuckelte er mir immer an und machte riesen Bögen um die Sprünge. Schon nach ein paar Runden lief mir der Schweis den Rücken herunter. Ed tat sein Möglichstes, um mir Mut zu machen, doch um so mehr sich Shadow aufregte, desto unentspannter wurde ich selbst. "Trab ihn einfach mal an und lass ihn etwas laufen", sagte Ed nun, als ich es geschafft hatte am Gatter anzuhalten und nachzugurten. Ich nickte nur. "Alles gut?", fragte Kasmir besorgt. "Ich weiß nicht", antwortete ich, "Er ist heute so seltsam" Doch mir blieb keine Zeit mehr zum Reden, denn Shadow war schon wieder einfach losgelaufen, etwas was er die letzten Wochen nicht mehr gemacht hatte. Ich nahm die Zügel nun auf und setzte mich tief in den Sattel. Shadow tänzelte unter mir und drückte gegen das Gebiss. Doch ich kratzte meinen letzten Mut zusammen und trabte ihn an, aber Shadow hatte heute wohl andere Pläne.

DU LIEST GERADE
Black Shadow - Gefunden
AdventureDer Wind peitschte mir in die Augen und der Regen durchnässte meine Kleidung, aber das spührte ich alles kaum. Denn in diesem Moment gab es nur mich und dieses unberechenbare schwarze Pferd, das mich aus wilden Augen anstarrte... Ich habe es geschaf...