Keuchend rannte ich hinter Kasmir her zu den Koppeln. Adrenalin rauschte durch meinen Körper und ließ mich trotz meiner engen Stiefel schneller rennen. Warum wollte man Black Shadow abholen? Was war der Grund dafür? Gefühltsmäßig war der Weg zu den Koppeln länger als sonst, sogar am Himmel hingen plötzlich dicke Wolken, als würden diese wissen was passierte. "Warum wollen sie Shadow holen?", rief ich meiner Freundin zu, die neben mir rannte. "Ich weiß es nicht, aber es sieht echt übel aus", bekam ich nur als Antwort. Angst machte sich in mir breit, Shadow hatte nichts falsch gemacht. Endlich erreichten wir die Koppeln und konnten aufhören zu rennen. Mit schnellen Schritten näherten wir uns einer Gruppe Menschen, ein Pferdetransporter stand mitten auf dem Koppelweg und sogar ein Polizeiwagen war da. Mein Herz raste in meiner Brust, dass alles war so surreal. Mit zitternen Schritten steuerte ich die Menschenmenge an, in der ich Ed, Frau Lodrig, Rosi und Mali erblickte, die sich mit dem Polizisten und einem anderen Mann unterhielten. Shadow stand alleine auf seiner Koppel und beobachtete mit gespitzten Ohren das Geschehen. "Sie dürfen ihn mir nicht wegnehmen!", hörten wir Mali gerade rufen, als wir bei der Gruppe zum stehen kamen. "Was ist hier los?", platzte es aus mir heraus. Mein Atem ging noch schnell und unregelmäßig, mit großen Augen starrte ich die anderen an. Rosi war den Tränen nahe und Ed machte ein so finsteres Gesicht, dass der immer dunkler werdene Himmel dagegen schon freundlich wirkte. Ein Wind kam auf und ließ das umstehende hohe Gras wehen. "Und wer ist das jetzt?", fragte der Polizist schlecht gelaunt und starrte mich an. Erst jetzt schien Mali mich zu bemerken. "Das ist Amber", sagte sie zornig, "Das Mädchen, dass dieses Pferd die letzten Wochen geritten hat" Nun musterte mich der Polizist mit neuem Interesse, auch der andere Mann schaute mich nun an. "Sie sind Amber Kessler?", vergewisserte sich der Polizist erneut bei mir. "Ja, dass bin ich", erwiderte ich, "Was ist hier los? Warum ist ein Pferdetransporter hier?" Nun kam der andere Mann auf mich zu, er war hochgewachsen und ähnelte von seinem Aussehen her Ed ein bisschen, nur strahlte dieser Mann eine Härte aus, die mir eine Gänsehaut machte. "Ich bin Herr Lenniger", stellte sich der Mann mir vor, "Ich habe eine anonyme Nachricht erhalten, dass sich hier ein aggressives Pferd aufhält" Ich konnte den Mann nur anstarren. Aggressives Pferd. Seine Worte hallten wie ein Echo durch mich durch. "Herr Lenniger wurde vom Tierschutz geschickt", hörte ich Ed neben mir sagen, "Er ist Leiter eines Trainingszentrum, dass sich auf gefährlich eingestufte Pferde spezialisiert hat" Kurz hörte sich die Welt für mich auf zu drehen, eine Stille trat auf, nur Shadow hörte man wiehern. "Shadow ist als gefährlich eingestuft", hörte ich Mali mit bebender Stimme flüstern. Ich musste einen Kloß runterschlucken. "Aber Shadow ist überhaupt nicht gefährlich!", hörte ich Kasmir neben mir aufbrausen. "Junge Dame, bitte mischen sie sich nicht ein", sagte nun der Polizist streng, "Es liegen Beweise vor, die das Gegenteil behaupten. Das Pferd wird heute noch mitgenommen" Ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen, was bildeten sich diese Leute nur ein! "Wegen einer anonymen Nachricht können sie noch lange kein Pferd als gefährlich einstufen und einfach mitnehmen!", protestierte nun Kasmir und ballte die Hände zu Fäusten. Schnell legte Rosi hier eine Hand auf die Schulter, vermutlich um sie im Notfall festhalten zu können, wenn sie dem Polizisten an die Kehle springen sollte. "Es gibt vielsagende Videos und eine Anzeige wegen Körperverletzung!", keifte der Polizist nun zurück und schaute Kasmir finster an. "Nun vergreifen sie sich mal nicht im Ton!", donnerte Ed zurück, der Mali einen Arm um die Schulter gelegt hatte. Malis Augen waren geröttet und sie ziterte heftig, aber mir ging es genauso. "Was sind das denn für Videos?", fragte ich nun, "Kann ich die mal sehen?" Der Polizist sah arrogant zu mir hinunter, "Tut mir leid, dass geht leider nicht" "Und warum nicht?", harkte ich nach. Der Polizist schien noch genervter, als er antwortete, "Datenschutz" Ich lachte auf, auch wenn die Angelegenheit alles andere als lustig war. "Wegen Datenschutz?", fragte ich den Polizisten der mich böse anfunkelte, "Ich werde ja wohl Videos sehen dürfen, in denen ich zu sehen bin! Oder reitet dort jemand anderes dieses Pferd?" Der Polizist rang mit sich, "Nein, es sind nur sie und die junge Frau darauf zu sehen" Ed war nun doch neben mich getreten, er schien regelrecht zu vibrieren vor Wut. "Dann her mit dem Kram", stieß er hervor. Unbeholfen kramte der Polizist in seiner Westentasche nach seinem Handy, als plötzlich noch zwei weitere Männer vom Tierschutz auftauchten. "Der Transporter wäre bereit", sagte der kleinere von beiden. "Moment noch", antwortete Herr Lenniger. Endlose Sekunden verstrichen, bis der Polizist endlich sein Handy hervor geholt hatte und es uns vor die Nase hielt. Zu sechst quetschten wir uns nun vor den kleinen Bildschirm. Es waren einige wacklige Handyaufnahmen, die mich die letzten Wochen nochmal durchleben ließen. "Es ist alles drauf", hörte ich Mali hinter mir flüstern. Ich schluckte, dass war leider nicht gelogen. Mit angehaltenem Atem beobachtete ich wie Shadow Mali auf der Geländestrecke abwurf, wie er unter ihr auf dem Dressurplatz tobte und wie er sich nicht von dem Pfleger auf die Koppel hatte führen lassen wollen. Doch damit war es nicht genug, denn als nächstes kam mein Abschnitt. Jeder meiner Stürze von Shadow war dokumentiert worden, vorallem der letzte sah auf dem Video brutaler aus, als ich es in Erinnerung hatte. Endlich steckte der Polizist sein Handy wieder weg und sah zufrieden in die Runde. Keiner von uns sagte ein Wort, ein dicker Stein schien mir im Magen zu liegen, doch ich wollte noch nicht aufgeben. "Aber die Videos sind doch gar nicht mehr richtig aktuell", versuchte ich einen lahmen Versuch. "Genau!", stimmte Kasmir sofort ein, "Außerdem fällt jeder mal vom Pferd" Herr Lenning sah uns nur kopfschüttelnd an, "Natürlich können Unfälle passieren, aber das was wir hier sehen ist grobfahrlässig auch von Seiten der Akademie. Wie konnten sie diesem minderjährigen Mädchen erlauben dieses Pferd zu reiten?" Ich blickte auf. "Das war meine freie Entscheidung!", platzte ich heraus. "Grobfahrlässig", widerholte der Polizist nur tadelnt, dass ich mich am liebsten auf ihn gestürzt hätte. So ein aufgeblasener Idiot! "Shadow ist vielleicht schwierig, aber nur weil er misshandelt wurde", warf nun Mali ein. Doch der Polizist winkte ab, "Sie sind doch mit ihrem Arm schon die Konsequenzen am tragen, machen sie es doch nicht noch schlimmer" Wut kochte in mir auf, dieser Polizist war echt das Letzte. "Außerdem", redete dieser nun weiter, "Gibt es auch noch die Anzeige gegen dieses Pferd vom 3. März" Ed verschränkte die Arme vor der Brust, "Am dritten März war dieses Pferd noch gar nicht in Malis Besitz" Doch der Polizist zuckte nur die Achseln, als wäre ihm das einerlei. "Ich würde vorschlagen wir beruihgen uns nun erstmal alle", sagte Frau Lodrig nun streng, "Fakt ist, dass das Pferd in den letzten Wochen sehr große Fortschritte gemacht hat. Es hat eine schlimme Vorgeschichte und Mali, Ed und Amber arbeiten mit ihm täglich. Ich sehe keinen Grund darin dieses Pferd mitzunehmen, es wird hier bestens behandelt" Mit flackerten Blick schaute ich zu Herr Lenniger. Kasmir hatte ihre Finger in meinen Oberarm gekrallt, doch das merkte ich kaum. "Tut mir wirlich leid", sagte Herr Lenniger nun etwas freundlicher, "Aber dieses Pferd braucht spezielle Hilfe die es hier nicht bekommen kann. Wir müssen es zu ihrer Sicherheit mitnehmen, es sei denn sie können beweisen, dass es sich hier um ein Missverständniss handelt und das hier das falsche Pferd ist"
Der Wind wehte nun heftiger, mein Atmen ging schnell und flach. Das durfte nicht passieren, sie durften Shadow nicht mitnehmen! Wie in trance nahm ich war, wie nun Herr Lenninger und seine beiden Kollegen auf die Koppel gingen um Shadow zu holen. Mali war hinter ihnen her gelaufen und stand nun zitternd am Zaun, Tränen rannen ihr die Wangen herunter. Frau Lodrig und Rosi gingen auf sie zu, um in diesem schweren Moment für sie da zu sein. Ed stand noch wie angewurzelt neben mir, die Stirn in tiefe Falten gelegt. Ich schaute flehend zu ihm hoch, doch er schüttelte nur den Kopf: Wir konnten nichts unternehmen. Wer hatte der Polizei nur diese Videos geschickt? Mit klopfenden Herzen ging ich nun auch zum Koppelzaun, dicht gefolgt von Kasmir und Ed. Die Männer waren schon auf der Koppel und gingen nun langsam auf Shadow zu. Doch auch von hier aus konnte ich sehen, dass Shadow mit der Situation nicht einverstanden war. Fremde konnte er einfach nicht ausstehen. Als die Männer nur noch wenige Meter von ihm entfernt waren, legte der Wallach die Ohren an und begann mit dem Vorderhuf zu scharren. "Damit bestätigt er es auch noch", brummte Ed neben mir. Der Wind ließ Shadows Mähne wehen und bereitete mir eine Gänsehaut. Doch die Männer ließen sich nicht beirren und gingen weiter auf den Wallach zu, der mittlerweile drohte nach ihnen zu schnappen. "Das ist gar nicht gut", raunte ich und da passierte es auch schon. Herr Lenniger war nur noch wenige Schritte von Shadow entfernt gewesen, als dieser sich auf dem Absatz umdrehte und über die Koppel davonjagte. Mit wilden Boxsprüngen raste er umher, worbei die drei Männer reichlich unprofessionel hinter ihm herstolperten. Nun hatte sie ihn oben in einer Ecke eingekesselt, doch Shadow gab noch nicht auf. Mit hoch erhobenem Schweif jagte er an den Männern vorbei, blieb dann kurz stehen, bockte und rannte weiter zum anderen Ende der Koppel. Herr Lenniger keifte seine Kollegen an und fuchtelte wild mit seinen Händen umher. Sofort setzten sich diese in Bewegung. Doch plötzlich wieherte Shadow schrill und trabte auf uns zu. Schwer prustend blieb er vor uns stehen. Mit großen Augen starrte er uns an, als würde er die Welt nicht mehr verstehen. Schon waren die Männer da und hatten ihm den Strick angelegt. Nun versuchten sie ihn aus der Koppel zu führen, doch Shadow stemmte seine Beine emsig in den Boden und riss den Kopf hoch. "Hören sie doch auf!", rief nun Mali entsetzt, "Sie sehen doch, dass er Angst hat!" "Das ist nun wirklich Tierquälerei!", kommentierte Kasmir bissig. Doch die Männer ignorierten uns und zogen Shadow erbarmungslos weiter. "Bitte hören sie auf!", rief nun auch Frau Lodrig, ihre Augen waren groß und rund, alle Farbe war ihr aus dem Gesicht gewichen, "Es muss doch noch eine andere Lösung geben" Der Polizist sah sie nur unverwandt an, "Haben sie denn eine?" Ed brummte, doch es klang eher wie ein knurren, was den Polizisten aber nicht im geringsten störte. Der Wind war stärker geworden, der Himmel dunkler. Panisch überlegte ich, was ich noch tun konnte. Wie konnte ich beweisen, dass Shadow umgänglich war. Mein Hirn ratterte, ich hatte nicht mehr viel Zeit. Gleich wäre Shadow weg, für immer, wenn... "STOPP!", rief nun jemand laut. Es war so plötzlich gekommen, dass alle innehielten, selbst Shadow hörte sich auf zu wehren. "Ich kann ihnen allen beweisen, dass Black Shadow nicht gefährlich ist", hörte ich die Stimme weitersprechen. Erschrocken stellte ich fest, dass ich es war die sprach. Alle Augen ruhten auf mir. In manchen sah ich Hoffnung, ein Flehen, aber dann wieder Ärgernis. Ein Augenrollen. "Und wie willst du das anstellen?", fragte der Polizist mich nun spitz. "Ich starte mit Shadow bei unserem Vielseitigkeitstunier, dort können sie sich dann selbst davon überzeugen, dass er ungefährlich ist" Was hatte ich gerade getan?
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Black Shadow - Gefunden
AdventureDer Wind peitschte mir in die Augen und der Regen durchnässte meine Kleidung, aber das spührte ich alles kaum. Denn in diesem Moment gab es nur mich und dieses unberechenbare schwarze Pferd, das mich aus wilden Augen anstarrte... Ich habe es geschaf...