Kapitel 46

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Mit klopfenden Herzen führte ich Bella die steile Rampe des Transporters herunter. Es war noch früh am morgen, ein Nebelschleier lag auf der Wiese, wo Marko den großen Transporter der Akademie geparkt hatte. Neugierig blickte sich meine Stute um, ein paar Vögel waren zu hören und es trudelten immer mehr Autos mit Pferdeanhängern ein. Ein krippeln zog sich über meine Arme, normalerweise war ich nicht mehr wirklich aufgeregt wenn wir zum Tunier fuhren, doch heute war das anders. Wir waren heute morgen um sechs Uhr losgefahren, um rechtzeitig am Sichtungstunier für die hessischen Meisterschaften anzukommen. Die letzten Wochen hatten wir hart gearbeitet, jedoch war mir ein bisschen der Wind aus den Segeln genommen worden, da es mit Shadow nicht so gut gelaufen war. "Mach mal Platz da", riss mich Megans Stimme aus meinen Gedanken, sie führte gerade ihre Stute Golden Flashlight die Rampe herunter. Eigentlich hatte sie sich nach einem Zweitpferd umgeschaut gehabt, doch auch das letzte Pferd, dass sie sich angesehen hatte war wohl laut ihrer Aussage ein Reinfall gewesen. Innerlich nervte es mich, dass ausgerechnet Megan heute dabei war, ich würde sie einen ganzen Tag ertragen müssen. Aber nicht nur Megan und ich hatten uns für die Sichtungsspringen qualifiziert, auch Will und Noah waren mit dabei. Ich führte Bella nun an die lange Seite des Transporters und band sie dort fest, Wills und Noahs Pferde standen auch schon dort und die Jungs waren damit beschäftigt ihnen die Transportgamaschen abzunehmen. "Das ist echt groß hier", staunte Will und blickte zu der großen Arene in der wir gleich reiten würden. "Ich hoffe einfach nur, dass sich einige von uns qualifizieren werden", antwortete ich und nahm meiner Stute die Fliegendecke ab. "Macht euch keinen Stress und habt einfach Spaß", meinte nun Marko der uns bei der Arbeit beobachtete, "Wenn es heute nicht klappt, können wir noch zu zwei weiteren Sichtungsspringen fahren" "Da wird auch jemand noch zwei Anläufe brauchen, wenn es reicht", brummte Megan vor sich hin und schaute böse zu mir hinüber. Ich verdrehte nur die Augen, sollte sie doch reden. Um sich für die Meisterschaften zu qualifizieren brauchte man eine Wertnote von 7,2 oder besser. Die Richter waren ziemlich geizig mit ihren Noten und der Pacour für heute würde anspruchsvoll sein. "So ich habe unsere Starterliste", Mali kam über die Wiese auf uns zu, sie war vorne am Eingang schon ausgestiegen und hatte abgeharkt, "Der Pacours ist in einer halben Stunde auch frei zum abgehen" Mit dem A-Stilspringen waren wir die niedrigste Leistungsklasse die heute startete. Außer Mali und Marko war noch Rosi mitgekommen und versuchte uns so gut es ging zu helfen, aber eigentlich brachte sie uns nur regelmäßig etwas zu essen oder putzte nochmal über die Trensen der Pferde, die wir gestern noch eingeflochten hatten.

Die Arena war atemberaubend, ich konnte mich nicht erinnern je auf so einem Platz geritten zu sein. Der Springplatz in der Mitte war größer wie unserer in der Akademnie, um ihn herum war eine lange Tribüne, die sich um den Platz legte. Doch zu meinem Glück würden beim A-Springen noch nicht so viele Menschen zuschauen. Dennoch wurden die Ritte heute sogar im Fernsehen übertragen und ich wusste, dass meine Familie und meine Freunde in der Akademie mir auf jeden Fall zusehen und die Daumen drücken würden. Zusammen mit Marko betraten wir nun den großen Platz um den Pacours abzugehen. Ich fühlte mich winzig, als ich Marko zu den einzelnen Sprüngen folgte und mir anhörte was er zu sagen hatte. Ich war eine Starterin aus der Mitte, daher konnte ich mir noch ein paar Reiter vor mir ansehen. Megan war eine der letzten und Will und Noah eine der ersten. Schwierig würde die schräge Distanz werden, die wir gerade abliefen. Sie führte nämlich zu einem gewaltigen Oxer, der einen sehr farbenfrohen Unterbau hatte. Aber auch sonst schien der Pacours sehr anspruchsvoll und ich war froh, dass wir ihn nur auf A-Höhe springen würden. "Nehmt eure Pferde vor dem Oxer nicht zu sehr auf, sondern reitet einfach weiter", sagte Marko nun und sah in die Runde, bis sein Blick an mir hängen blieb, "Das gilt vorallem für dich Amber du hattest ja letztens im Training bei Ed noch ein paar Schwierigkeiten. Schau, dass du Bella nicht alleine lässt" Ich nickte und meine Wangen färbten sich rot, als Megan hämisch kicherte.

Es war total spannend den anderen Reitern zu zuschauen, wie sie den Pacours sprangen. Mali hatte mir angeboten Bella fertig zu machen, dass ich noch etwas zusehen konnte. Sie musste mittlerweile keinen Gips mehr tragen, sondern nur noch eine Schiene, worüber sie sehr froh war, da sie sich nun wieder freier bewegen konnte. Viele Reiter hatten Schwierigkeiten bei dem Oxer, was ihre Wertnote runterzog. Ein paar Pferde hatten ihn schon verweigert oder die Distanz kaputt gemacht, da die Reiter sie hatten reinschauen lassen. Noah war schon durch und hatte eine Wertnote von 7,0 bekommen. Damit gehörte er im Moment zu den besten, auch wenn er sich leider nicht qualifiziert hatte. Zu gerne hätte ich auch noch Wills Ritt gesehen, doch ich musste mich nun beeilen um Bella noch ordentlich aufwärmen.

Die Abreitehalle war brechend voll, überall wuselten Trainer oder Eltern umher und verstellten die Sprünge. Reiter ritten sich zum Teil in den Weg oder blockiertn die Banden. Bella kaute eifrig am Gebiss, sie war einen so großen Trubel nicht gewohnt und nicht ganz so durchlässig heute. Aber ich nahm es ihr nicht übel, denn ich hatte selbst angespannte Schultern. Marko hatte aus dem einen Sprung ein kleines Kreuz gebaut, über das ich nun ein paar mal sprang. Jedoch war es schwierig danach ordentlich weiter zu galoppieren, da überall andere Reiter waren. "Das ist hier echt ein bisschen blöd organisiert", meinte Marko, als er aus dem Kreuz einen kleinen Steilsprung baute, "Zum Teil reiten hier Leute schon seit einer halben Stunde ab, aber sind noch keinen einzigen Sprung gesprungen" "Naja, dass müssen wir jetzt wohl so hinnehmen", antwortete ich und klopfte Bella den Hals. Marko nickte mir aufmunternd zu und ich galoppierte Bella wieder an. "Sprung frei!", rief ich erneut, nachdem ich schon ein zwei mal den Steilsprung gekommen war und steuerte den diesen nun wieder an. Doch plötzlich ritt mir ein Mädchen mit einem dunklen Fuchs mitten in den Weg. Ich musste Bella eine harte Parade geben, sonst hätten wir die beiden über den Haufen geritten. "Hee!", rief das Mädchen nun empört, "Pass doch auf, wo du hinreitest" Ich konnte sie nur anstarren. "Sie hat laut und deutlich 'Sprung frei' gerufen", mischte sich nun Marko ein und musterte das Mädchen. "Wie kommen Sie dazu mein Kind so anzufahren", mischte sich auf einmal eine dickere Frau ein, die am Sprung nebenan stand. "Ich müsste nichts sagen, wenn ihr Kind aufpassen würde", bekam sie nur als Antwort. Zischend drehte sie sich um und wies ihr Kind an über den Sprung zu kommen. "Na aber sowas", Marko schüttelte nur den Kopf. "Die Eltern sind meist schlimmer, als die Trainer", sagte ich trocken und nahm die Zügel wieder auf. "Amber Kessler, bitte begib dich zum Start", rief der Mann am Eingang. Ich blickte zu Marko, gern wäre ich den Sprung nochmal gesprungen. "Ist schon okay", sagte Marko nur, "Ich bin mir eh nicht sicher, ob du dich hier drinnen noch mehr hättest aufwärmen können, bei den Jungs war es vorher genau das gleiche" Damit ritt ich aus der Halle, wo schon Rosi auf mich wartete, um mit mir zur Arena zu gehen. "Na, alles gut bei dir?", fragte sie mich und klopfte Bella den Hals. Ich nickte, obwohl mir vor Aufregung schon ganz unwohl war.

Black Shadow - GefundenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt